# taz.de -- Springers „Welt“ im Umbruch: Allgemeine Verunsicherung | |
> Mit Abfindungsangeboten sollen bei der „Welt“ bis zu 50 Stellen abgebaut | |
> werden. Doch bisher sollen nur wenige Mitarbeiter darauf eingegangen | |
> sein. | |
Bild: „Welt“-Chefredakteur Stefan Aust, schwer beschäftigt mit Kündigungen | |
Die Stimmung ist mies bei der Welt. Daraus macht keiner, der dort arbeitet, | |
einen Hehl. Es sollen schon Tränen geflossen sein, nachdem jemand bei der | |
Chefredaktion war, um über die Zukunft bei Springers Blatt zu sprechen. | |
Lief wohl nicht so gut. | |
Bis Ende letzter Woche sollte mit jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin | |
solch ein Gespräch darüber geführt worden sein, wie es mit ihm oder ihr | |
weitergeht. Das hatten WeltN24-Chefredakteur Stefan Aust und | |
Geschäftsführerin Stephanie Caspar Anfang April [1][angekündigt]. Ein paar | |
Wochen zuvor hatte Aust seinen [2][Entwurf für eine neue Welt] vorgestellt. | |
Grob zusammengefasst: Premiuminhalte hinter eine Paywall, aus 14 Ressorts | |
sollen acht werden – und bis zu 50 Stellen sollen wegfallen. Deswegen die | |
vielen Gespräche. | |
Die empfanden viele MitarbeiterInnen als unangenehm. Manche kamen gar in | |
das zweifelhafte Vergnügen, ihre Einzelgespräche mit einem der Chefs in | |
einem verglasten Büro direkt neben dem Newsroom über sich ergehen lassen zu | |
müssen. Quasi vor großem Publikum. Man fragt sich, für wen das unangenehmer | |
war: für den, der drinnen hockte, oder für die, die draußen an ihren | |
Schreibtischen saßen und krampfhaft versuchten wegzugucken? | |
Draußen konnte sich jede und jeder zur Ablenkung immerhin derweil | |
ausrechnen, was er oder sie bei einem freiwilligen Abgang bekäme. Die dafür | |
benötigte Formel steht im Springer-Intranet. Aust und Caspar versuchen | |
nämlich, vielen den Abgang so schmackhaft wie möglich zu machen. Es soll 35 | |
Prozent mehr Abfindung geben, als einem nach bestimmten Parametern (Alter, | |
Betriebszugehörigkeit, Kinder etc.) eigentlich zustünde. Außerdem soll der | |
Arbeitsvertrag noch garantiert bis Ende 2016 laufen. Aber: Der Trennung | |
muss sowohl der Mitarbeiter als auch die Chefredaktion zustimmen. | |
## Zehn von 50 Stellen | |
Nur leider scheint das Angebot bisher nur mäßig anzukommen. Laut einer Mail | |
des Betriebsrats sollen bis Montag erst Aufhebungsverträge im Umfang von | |
zehn Vollzeitstellen unterschrieben worden sein. Bestätigen wollte der | |
Verlag die Zahl nicht. Man sei in einem „Prozess, der naturgemäß einige | |
Zeit in Anspruch nimmt“, sagte ein Sprecher. | |
Ab Ende dieser Woche wird deshalb – wie angekündigt – die zweite | |
Gesprächsrunde starten. Die Phase, in der die Chefredaktion aktiv auf | |
MitarbeiterInnen zugehen will: Wer will oder muss versetzt werden? Wer darf | |
oder soll gehen? Und wenn man geht, wie viel Abfindung ist dann drin? | |
Um all das zu klären, werden die Gespräche dann nicht nur mit einem der | |
Chefredakteure (neben Aust führen als Stellvertreter Ulf Poschardt, Arne | |
Teetz, Oliver Michalsky und Beat Balzli die Blätter, Websites und den | |
Fernsehsender), sondern auch in Anwesenheit der Personalabteilung geführt. | |
Man nehme sich die Zeit, „um alle Faktoren in Ruhe zu berücksichtigen und | |
den Dialog mit allen Beteiligten zu suchen, um Orientierung und Klarheit zu | |
schaffen“, teilte ein Springer-Sprecher mit. Da die Gespräche noch | |
andauerten, wollte man sich zu näheren Details nicht äußern. | |
Der Betriebsrat empfiehlt in seiner Mail vom Montag vorsorglich schon mal | |
allen, „dieses Gespräch nicht ohne Betriebsratsbegleitung zu bestreiten“. | |
Warum steht auch in der Mail: „aufgrund der Erkenntnisse aus den | |
Erstgesprächen“. | |
Mitte Mai soll Austs Entwurf der Welt in die Tat umgesetzt werden. Wenn | |
sich bis dahin nicht genügend – nennen wir sie mal – Freiwillige gefunden | |
haben, soll ein Sozialplan greifen und betriebsbedingt gekündigt werden. So | |
will es zumindest Springer. | |
25 Apr 2016 | |
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## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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