# taz.de -- Nicht schwuler, sondern kreativer: Poschardt peinlich homo-panisch | |
> In einem Trump-Kommentar forderte „Welt“-Chef Poschardt, Deutschland | |
> solle „schwuler“ werden. Nach einem Shitstorm änderte er es zu | |
> „kreativer“. | |
Bild: Eingeknickt? Vielleicht hilft Viagra! | |
BERLIN taz | „Soll er doch. Er kann uns mal“, hatte Ulf Poschardt | |
kämpferisch [1][über seinen Kommentar] zum Trump-Interview der Bild-Zeitung | |
geschrieben. Er lobt die Globalisierung, die Deutschland so viel Gutes tue, | |
mahnt Weltoffenheit aber auch wirtschaftliche Reformen an und endet in | |
einem Aufruf, den er selbst ([2][in gekürzter Form]) über die sozialen | |
Netzwerke der Welt verbreitete: „Unser Ehrgeiz sollte geweckt sein. Die | |
Verteilung globalen Wohlstands wird von den USA künftig aggressiv zu ihren | |
Gunsten entschieden werden – wenn wir uns nicht wehren und besser, mutiger, | |
fleißiger, innovativer, freier, offener, schwuler, multikultureller | |
werden.“ | |
Es folgte: Ein Shitstorm. Oder mehrere, und zwar von links und rechts. Die | |
einen fanden seinen Neoliberalismus unmöglich, seinen Aufruf zu mehr | |
Ehrgeiz in einer ambitionierten globalen deutschen Politik. Die anderen | |
kritisierten vor allem seine Aufrufe zu Weltoffenheit, besonders zu | |
„schwuler“ und „multikultureller“. Via Twitter [3][maulte Poschardt bal… | |
„wenn man wegen „schwul“ & „multikulturell“ die toitschen an der back… | |
und wegen „neoliberal“ die linke: es ist die selbe humorlosigkeit“. | |
Seine Lösung: „Kreativer“ ist ja fast das gleiche wie „schwuler“. Also | |
ersetzt Poschardt einfach das Wort. Klammheimlich, man muss es ja niemandem | |
auf die Nase binden. Im Text steht nun „kreativer“, im Facebook-Meme | |
„schwuler“. Gegen „kreativer“ kann ja nun wirklich niemand etwas haben. | |
Genervtes Augenrollen in der Homo-Presse. Das [4][Newsportal queer.de weist | |
darauf hin], dass man „schwuler“ wenigstens durch „toleranter“ oder | |
„vielfältiger“ hätte ersetzen sollen. So sei es „ein doppelt peinlicher | |
Griff in die Klischeekiste“. | |
Das stimmt. Auf den Schritt voran – gelebte Homosexualität gehört auch bei | |
Springer zum Alltag und mehr noch zum Ausdruck einer offenen, | |
fortschrittlichen Gesellschaft, yeah! – ein Schritt zurück, vielleicht | |
sogar zwei: Nicht nur, dass Poschardt und die Welt-Redaktion vor dem | |
Shitstorm der Homo-Hasser einknicken. Sie tun es auch nur hier, nicht bei | |
ihren anderen (von verschiedenen Seiten) beshitstormten Aussagen. | |
Homo-Freundlichkeit ist wieder mal Verhandlungsmasse, kann ausgeschaltet | |
werden, wenn der öffentliche Druck zu groß wird. Wenigstens sind Poschardt | |
und die Welt bei „multikulturell“ nicht eingeknickt. | |
Update 18.1.17: Ulf Poschardt hat [5][seinen Kommentar] erneut geändert, | |
„by popular demand“, also wegen der großen Nachfrage (schreibt er [6][auf | |
Facebook]): Aus „kreativer“ ist nun „schwuler, lesbischer“ geworden. Der | |
nächste Shitstorm kommt bestimmt. | |
17 Jan 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article161207751/Soll-er-doch-Er-kan… | |
[2] https://www.facebook.com/welt/photos/a.298879548114.181606.97515118114/1015… | |
[3] https://twitter.com/ulfposh/status/821011352470913025 | |
[4] http://www.queer.de/detail.php?article_id=28006 | |
[5] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article161207751/Soll-er-doch-Er-kan… | |
[6] https://www.facebook.com/ulf.poschardt/posts/1197850263664645 | |
## AUTOREN | |
Malte Göbel | |
## TAGS | |
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