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# taz.de -- Feuertod von Oury Jalloh: Mord doch möglich
> Zehn Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh gibt es neue
> Zweifel an der Selbstmordthese. Ein Gutachten der Staatsanwaltschaft
> steht aus.
Bild: Viele Fragen, wenig Antworten: Gedenken an Oury Jalloh an seinem zehnten …
Berlin taz | Kürzlich stand der Fall noch Pate für den ARD- “Tatort“. Jet…
kehrt der Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer
Polizeizelle in die Realität zurück. Am Dienstag legte die Gedenkinitiative
an Jalloh neue Gutachten vor. Diese sollen die Mordthese – zehn Jahre nach
Jallohs Tod – stützen.
Der aus Sierra Leone stammende Jalloh war 2005 festgenommen worden, weil er
alkoholisiert Frauen belästigt haben soll. Nachdem er sich wehrte, wurde er
in einer Zelle an Händen und Füßen an eine Matratze gefesselt. Ermittler
kamen zu dem Ergebnis, dass Jalloh dort mit einem Feuerzeug, das von
Polizisten bei der Durchsuchung übersehen worden war, die Matratze
anzündete und verbrannte.
Daran nähren die Gutachten jedoch Zweifel. Die Initiative hatte mit Spenden
drei Experten beauftragt, nochmals alle Unterlagen zum Fall zu analysieren.
Der Londoner Brandsachverständige Iain Peck verwies darauf, dass das
gefundene Feuerzeug trotz des starken Feuers relativ unbeschädigt gewesen
sei und keine DNA von Jalloh enthalten habe. Daher sei dieses beim Brand
„eher nicht in der Zelle gewesen“. Wurde es also nachträglich dort
platziert?
Auch, so Peck, müsse die feuerfeste Matratze mehrere Zentimeter aufgetrennt
worden sein, um die Füllung zu entzünden. Für den gefesselten Jalloh sei
dies aber „sehr unwahrscheinlich“ möglich gewesen. Nach allen vorliegenden
Informationen sei es daher „wahrscheinlicher, dass eine dritte Person das
Feuer entzündet hat“. Also die Polizei?
Es sind keine klaren Antworten, aber viele Fragen, die die Gutachten
aufwerfen. Der kanadische Pathologe Alfredo Walker bemerkt, dass der enorme
Brandschaden so sonst nur bei Wohnungsbränden auftrete, wo Mobiliar sich
mit entzünde. Die Zelle aber sei bis auf die Matratze steril gewesen. Das
stützt ein Gutachten, das die Initiative bereits 2013 erstellen ließ: Darin
wurde mittels Brandversuchen festgestellt, dass die starke Verkohlung von
Jallohs Körper nur mit Brandbeschleuniger möglich gewesen sei.
Genau das schließt die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau am Dienstag erneut
aus. „Alle unsere Gutachten haben keine Hinweise auf Brandbeschleuniger
gefunden“, betont der ermittelnde Staatsanwalt Olaf Braun. Man werde die
neuen Gutachten aber „ergebnisoffen“ mit den bisherigen Ermittlungen
abgleichen. In mehreren Gerichtsprozessen wurde eine Fremdbeteiligung an
dem Tod Jallohs nicht nachgewiesen. Ein Dessauer Polizist wurde aber wegen
fahrlässiger Tötung verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau leitete bereits 2013 ein
Ermittlungsverfahren ein und beauftragte eigene Gutachter, um nochmal die
Todesursache Jallohs zu prüfen. Die Ergebnisse sollen bis Jahresende
vorliegen. Braun ließ seine Zweifel an der Mordthese aber bereits
durchscheinen: „Das würde einen riesengroßen Korpsgeist innerhalb der
Polizei bedeuten.“
Genau den hält die Gedenkinitiative für möglich. Für Sprecher Thomas
Ndindah ist die Selbstmordthese durch die neuen Gutachten „im Kern
widerlegt“. Sein Mitstreiter Moctar Bah, einst mit Jalloh befreundet,
glaubt dennoch nicht an schnelles Ende der Aufklärung. „Unsere Arbeit wird
noch lange weitergehen. Aber wir geben nicht auf.“
27 Oct 2015
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
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