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# taz.de -- Neues Brandgutachten zu Oury Jalloh: Beharrlichkeit zahlt sich aus
> Die Staatsanwaltschaft Dessau will den Brand simulieren lassen, der 2005
> Oury Jalloh in einer Polizeizelle tötete. Zu verdanken ist das
> Aktivisten.
Bild: Präsentation des letzten Brandgutachtens im Oktober 2015
Wäre es nach der Justiz gegangen – nur eine Handvoll Menschen würden sich
heute noch an Oury Jalloh erinnern. Der Fall wäre, man kann das heute mit
Fug und Recht sagen, schnell zu den Akten gewandert, ohne dass geklärt
worden wäre, was passiert ist. Aber heute, elf Jahre später, beschäftigt
der mysteriöse Tod des sierra-leonischen Asylbewerbers im Polizeigewahrsam
noch immer Richter, Staatsanwälte und Gutachter.
Am 18. August soll nun das Geschehen in der Zelle 5 des Gewahrsamstrakts
des Dessauer Polizeireviers nachgestellt werden. Ein Schweizer
Sachverständiger soll den Brand simulieren, bei dem der 36-jährige Jalloh
im Januar 2005 starb. „Das machen wir, um Transparenz in dem jetzt
laufenden Verfahren zu schaffen“, sagt Olaf Braun, Sprecher der
Staatsanwaltschaft.
Festzuhalten ist vor allem eines: Beharrlichkeit zahlt sich aus. Die
Initiative Gedenken an Oury Jalloh hat nicht aufgegeben, nach der Wahrheit
zu suchen. Schon die schweren Verletzungen an Jallohs Leiche wären nie
bekannt geworden, wenn die AktivistInnen nicht das Obduktionsergebnis der
Staatsanwaltschaft in Zweifel gezogen. Sie veranlassten eine privat
bezahlte, zweite Obduktion, die Frakturen am Schädel nachwies. Und so ging
es weiter, durch zwei Verfahren und jahrelange Revisionsprozesse, als
Nebenkläger.
Doch diese Verfahren sollten immer nur klären, ob die wachhabenden
Polizisten zu langsam auf den Feueralarm reagierten. Dass Jalloh sich
selbst angezündet hatte, wurde stets vorausgesetzt. Genau das zweifeln die
AktivistInnen an.
## Keine Euphorie
Als irgendwann alle Möglichkeiten ausgeschöpft schienen, gaben sie nicht
auf: Sie sammelten Geld für ein Brandgutachten, das die Justiz selbst hätte
bestellen sollen. Erst dann, 2013, nach dem Abschluss zweier Verfahren, als
das Video von den Versuchen des privaten Brandgutachters der Presse ganz
offensichtlich vor Augen führte, dass die Selbstentzündungsthese
unplausibel ist, leitete die Staatsanwaltschaft ein neues
Ermittlungsverfahren ein: gegen einen „Unbekannten“, der Jalloh angezündet
haben könnte. Der nun geplante Brandversuch in zwei Wochen ist Teil des
Verfahrens.
Die Jahre der Auseinandersetzung haben die AktivistInnen misstrauisch
werden lassen. Zur Euphorie sehen sie deshalb keinen Anlass. Noch immer
untersuche die Staatsanwaltschaft, die Frage nach dem offenbar
manipulierten Feuerzeugrest nicht, klagen sie. Zur Brandsimulation wurde
die Nebenklage erst am vergangenen Montag geladen – viel zu kurzfristig, um
sich mit eigenen Gutachtern auf den Termin vorzubereiten, kritisiert die
Initiative. Zudem sei sie im Unklaren darüber gelassen worden, wie der
Brandversuch genau ablaufen soll. So argwöhnen sie, die
Transparenzoffensive der Staatsanwaltschaft diene nur dazu, das Verfahren
endgültig mit der Begründung „nicht mehr aufklärbar“ abzuschließen.
Sollten sie mit diesem Verdacht recht haben – sie würden die Justiz damit
sicher nicht durchkommen lassen.
3 Aug 2016
## AUTOREN
Christian Jakob
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Polizei
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