| # taz.de -- Chronik zum Tod von Oury Jalloh: Neun Jahre Aufarbeitung | |
| > 2005 starb Jalloh im Dessauer Polizeirevier. Zwei Polizisten werden Jahre | |
| > später zunächst freigesprochen. Bis heute zieht sich die rechtliche | |
| > Klärung hin. | |
| Bild: 2008 wird der Tod von Oury Jalloh für den Prozess nachgestellt. | |
| BERLIN taz | Vor über neun Jahren starb Oury Jalloh im Poliziegewahrsam. | |
| Die rechtliche Aufarbeitung seines Todes dauert noch immer an. Eine Chronik | |
| von 2005 bis 2014. | |
| ## 7. Januar 2005 | |
| Der Sierra Leoner Oury Jalloh wird am frühen Morgen in der Innenstadt von | |
| Dessau in alkoholisiertem Zustand festgenommen. Zwei Frauen hatten sich auf | |
| der Straße von ihm belästigt gefühlt. Er wird in das Polizierevier gebracht | |
| und auf einer gefliesten Zelle an Händen und Füßen fixiert. Ein Brand | |
| bricht aus, doch der zuständige Schichtleiter stellt den Feueralarm zwei | |
| Mal ab, statt Jalloh zu retten. [1][Beim dritte Alarm ist es zu spät.] | |
| Jalloh verbrennt. Erst bei einer zweiten Begehung der Zelle nach drei Tagen | |
| werden Überreste eine verkohlten Feuerzeuges gefunden. | |
| ## April 2005 | |
| Die Leiche Jallohs wird im Auftrag der „Initiative in Gedenken an Oury | |
| Jalloh“ ein zweites Mal obduziert. Festgestellt wird beispielsweise ein | |
| gebrochenes Nasenbein. | |
| ## Mai 2005 | |
| Die Dessauer Staatsanwaltschaft [2][erhebt Anklage] gegen den seinerzeit | |
| zuständigen Dienstgruppenleiter des Reviers, Andreas S., wegen | |
| Körperverletzung mit Todesfolge, und gegen seinen Kollegen Hans-Ulrich M. | |
| wegen fahrlässiger Tötung. M. soll bei der Untersuchung Jallohs ein | |
| Feuerzeug übersehen haben. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft wäre | |
| eine Rettung möglich gewesen, wenn die Beamten rechtzeitig und richtig | |
| reagiert hätten. Die Ermittler schließen eine Einflussnahme von Dritten | |
| aus. Jalloh soll das Feuer selbst ausgelöst haben, um auf sich aufmerksam | |
| zu machen. | |
| ## Oktober 2005 | |
| Das Landgericht Dessau-Roßlau lehnt die Zulassung der Anklage ab und | |
| fordert Nachermittlungen und Gutachten. Erst im Januar 2007 wird die | |
| Anklage zugelassen und das Hauptverfahren gegen den heute 52 Jahre alten | |
| Andreas S. eröffnet. Nach Beschwerde der Staatanwaltschaft lässt das | |
| Oberlandesgericht in Naumburg im Monat darauf auch die Anklage gegen den | |
| zweiten Polizisten zu. | |
| ## 27. März 2007 | |
| Vor dem Landgericht [3][beginnt unter strengen Sicherheitsvorkehrungen der | |
| Prozess]. Zwei Rechtsanwälte vertreten Verwandte Jallohs als Nebenkläger. | |
| Es kommt zu [4][skurillen Höhepunkten]. | |
| ## 8. Dezember 2008 | |
| Das Landgericht Dessau-Roßlau spricht beide Polizisten aus Mangel an | |
| Beweisen frei. Die Polizeizeugen hatten sich vor Gericht immer wieder | |
| widersprochen und offensichtlich gelogen. Der Vorsitzende Richter Manfred | |
| Steinhoff war darüber derart erbost, dass er bei seiner Urteilsbegründung | |
| von einer „Schande für den Rechtsstaat" sprach. Er schloss mit den Worten: | |
| „Ich habe keinen Bock mehr, zu diesen Scheiß noch irgendetwas zu sagen.“ Im | |
| Gerichtssaal kommt es [5][nach dem Freispruch zu Tumulten] von zumeist | |
| afrikanischen Zuhörern. | |
| ## Dezember 2008 | |
| Nur wenige Tage nach dem Richterspruch legt die Nebenklage beim | |
| Bundesgerichtshof in Karlsruhe gegen das vollständige Urteil Revision ein, | |
| die Staatsanwaltschaft beantragt ebenfalls Revision, jedoch nur in Bezug | |
| auf den Freispruch für S. | |
| ## Januar 2010 | |
| [6][Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt das Dessauer Urteil auf] und leitet | |
| das Verfahren an das Landgericht Magdeburg zur Neuverhandlung. Unter | |
| anderem sehen die Bundesrichter die näheren Umstände von Jallohs Tod als | |
| nicht eindeutig geklärt sowie die Würdigung von Beweisen im | |
| erstinstanzlichen Urteil als lückenhaft an. Der Freispruch für Hans-Ulrich | |
| M. wird rechtskräftig. | |
| ## 12. Januar 2011 | |
| In Magdeburg beginnt die [7][Neuauflage des Prozesses] gegen Andreas S. | |
| ## 13. Dezember 2012 | |
| Der Polizist wird wegen fahrlässiger Tötung zu [8][einer Geldstrafe von | |
| 10.800 Euro verurteilt]. Kurz darauf legen Staatsanwaltschaft, Verteidigung | |
| und Nebenklagevertretung Revision ein. Zuständig dafür ist wieder der BGH, | |
| einen Termin für eine Entscheidung gibt es noch nicht. | |
| ## 11. November 2013 | |
| Die Gedenk-Initiative erstattet beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe | |
| Anzeige wegen Totschlags oder Mordes gegen unbekannte Polizeibeamte. Sie | |
| begründet dies damit, dass durch die Tat die innere Sicherheit der | |
| Bundesrepublik tangiert sei und als Tatverdächtige nur Beamte des Landes | |
| Sachsen-Anhalt infrage kommen. Dazu stellt sie einen Tag darauf in Berlin | |
| [9][das Gutachten eines irischen Brandsachverständigen vor]. Danach muss | |
| Brandbeschleuniger eingesetzt worden sein, um den verheerenden Brand in der | |
| Polizeizelle zu entfachen. | |
| 4 Apr 2014 | |
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