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# taz.de -- Entsorgung von Energieanlagen: Der Müll der Windmüller
> Der Abriss von Energieanlagen muss bereits beim Bau mitgedacht werden.
> Bei Windrädern ist das umfassend geregelt, bei Fabrikhallen nicht.
Bild: Irgendwann müssen sie abgerissen werden: Kraftwerke und Windräder.
FREIBURG taz | Natürlich hat ein altes Windrad wenig mit strahlendem
Atommüll gemein. Und doch muss man auch bei der Nutzung erneuerbarer
Energien den Rückbau der Anlagen frühzeitig regeln – und sicherstellen,
dass noch Geld da ist, wenn die Maschinen eines Tages altersbedingt außer
Betrieb genommen werden.
Während die Bundesregierung mit einem jüngst im Kabinett verabschiedeten
Gesetz vermeiden will, dass die Atomkonzerne die Kosten des Rückbaus
sozialisieren, gilt für den Abriss alter Rotoren bereits das Baugesetzbuch.
Die Windmüller haben danach „eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das
Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und
Bodenversiegelungen zu beseitigen“. Einige Bundesländer verlangen dafür bei
Projektbeginn eine Bürgschaft, etwa von einer Bank. Andere fordern, dass
Sicherheiten wie Geld oder festverzinsliche Wertpapiere hinterlegt werden,
oder, dass eine Grundschuld eingetragen wird.
Für die Höhe der Sicherheiten gibt es Richtwerte. In Brandenburg zum
Beispiel regelt eine Verwaltungsvorschrift, dass 10 Prozent der
Rohbausumme, und die wiederum wird mit 40 Prozent der Herstellungskosten
angesetzt, für den Rückbau kalkuliert werden müssen – am Ende also etwa
vier Prozent der Baukosten. In der Praxis könne man von etwa 30.000 Euro
pro Megawatt installierter Kraftwerksleistung ausgehen, heißt es beim
Bundesverband Windenergie.
Das ist – natürlich – deutlich preiswerter als der Rückbau von Atommeiler…
Bei AKWs können Stilllegung und Rückbau etwa die Größenordnung des Baus
kosten, dazu kommen noch die Ewigkeitskosten für die Endlagerung des
Atommülls. Zudem bringt der Abriss von Windkraftanlagen sogar noch etwas
ein, etwa durch den Verkauf von Stahl, Kupfer und anderen Metallen.
## Vieles ist noch ungeregelt
Auch was die Sicherheit der Gelder betrifft, steht die Windkraft besser da
als die Atomkraft: Ist die Finanzierung über eine Bankbürgschaft gesichert,
bleibt das Geld auch bei einer Insolvenz der Betreiberfirma verfügbar. Bei
der Insolvenz eines Atomkonzerns hingegen bleiben die Kosten an den
Steuerzahlern hängen, weil die praktizierte Konstruktion der Rückstellungen
nicht insolvenzsicher ist.
Am unkompliziertesten ist ein Rückbau bei Freiland-Photovoltaik. Vor Ort
muss man lediglich die Befestigungen aus dem Boden ziehen, Fundamente gibt
es hier in der Regel nicht. Daher fehlen auch gesetzliche Regelungen zum
Rückbau, lässt der Bundesverband Solarwirtschaft auf Anfrage wissen. Diese
seien auch nicht nötig, weil ohnehin der Materialwert der Anlage –
Stahlgestelle, Alurahmen, Kupferkabel – die Kosten des Rückbaus
überschreite.
Während das Thema also bei vielen Energieanlagen mitgedacht wird, bereitet
der Rückbau von anderen Nutzbauten vielerorts Kopfschmerzen. Das zeigen
Bauruinen von Gewerbeimmobilien. Für gewerbliche Neubauten gibt es nämlich
keine entsprechenden gesetzlichen Auflagen. Eine Firma, die eine
Fabrikhalle errichtet, muss bislang keine Sicherheit beibringen, damit der
Bau wieder entfernt werden kann, sollte die Firma eines Tages insolvent
sein und sich kein Nachnutzer finden.
Immerhin erleichtert eine Novelle des Baugesetzbuchs aus dem Jahr 2013 den
Abriss von Schrottimmobilien. Den können die Gemeinden nämlich seither
anordnen. Allerdings: Wenn der Privateigentümer zahlungsunfähig ist und der
Grundstückswert zur Finanzierung des Abrisses nicht ausreicht, bleiben die
Kosten doch wieder am Steuerzahler hängen – eine gewisse Parallele zum
Entsorgungsproblem der Atomwirtschaft.
27 Oct 2015
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Windräder
Erneuerbare Energien
Entsorgung
Solarenergie
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Energiewende
Windräder
Naturschutzgebiet
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