# taz.de -- Vorratsdatenspeicherung beschlossen: Alle sind verdächtig | |
> CDU/CSU und SPD führen die Massenspeicherung der Telefon- und | |
> Internetdaten wieder ein. Die Opposition hält das Vorhaben für | |
> rechtsstaatswidrig. | |
Bild: Alles im Blick? Wenigstens geht die Sonne angesichts der Vorratsdatenspei… | |
KARLSRUHE taz | Der Bundestag hat am Freitagvormittag die Wiedereinführung | |
der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beschlossen. 404 Abgeordnete von | |
CDU/CSU und SPD stimmten dafür, es gab 148 Gegenstimmen. Neben Linken und | |
Grünen stimmten auch 43 SPD-Abgeordnete gegen das Gesetz, 7 enthielten | |
sich. | |
Telefon- und Internetunternehmen müssen künftig die Verbindungsdaten aller | |
Kunden anlasslos zehn Wochen lang speichern – für den Fall, dass die | |
Polizei sie brauchen könnte. Standortdaten von Handys sollen nur vier | |
Wochen gespeichert werden. | |
Justizminister Heiko Maas (SPD) erklärte: „Im Vergleich zur früheren | |
Vorratsdatenspeicherung werden weniger Daten sehr viel kürzer gespeichert.“ | |
Im ersten Gesetz, das das Bundesverfassungsgericht 2010 gestoppt hatte, war | |
noch eine Speicherung von sechs Monaten vorgesehen. Ausgenommen sind bei | |
der Neuauflage des Gesetzes die E-Mail-Verbindungsdaten. Und der Katalog | |
der Straftaten, zu deren Aufklärung die Polizei die gespeicherten Daten | |
abfragen darf, wurde „halbiert“, so Maas. | |
Redner der Koalition betonten, dass nach wie vor nicht die Inhalte der | |
Kommunikation gespeichert werden, auch nicht die im Internet angesehenen | |
Webseiten. Zwar hatte die Süddeutsche Zeitung am Freitagmorgen enthüllt, | |
dass bei SMS aus technischen Gründen auch der Inhalt gespeichert werde, | |
doch das wurde in der Debatte mit keinem Wort erwähnt, auch nicht von der | |
Opposition. | |
## Kein Beleg für Sinn und Notwendigkeit | |
Für die Grünen kündigte Konstantin von Notz eine Verfassungsklage an. „Die | |
anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist ein rechtsdogmatischer Dammbruch par | |
excellence.“ Volker Ulrich (CDU) entgegnete, dass das | |
Bundesverfassungsgericht 2010 die Vorratsdatenspeicherung „nicht per se“ | |
abgelehnt habe. Renate Künast (Grüne) ging davon aus, dass wohl eher der | |
Europäische Gerichtshof das Gesetz zum Scheitern bringe. | |
Halina Wawzyniak (Linke) kritisierte, dass es nach wie vor keinen Beleg für | |
Sinn und Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung gebe. Dagegen versprach | |
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU): „Mit einer verbindlichen Speicherung | |
können deutlich mehr Straftaten aufgeklärt werden“, dies werde auch die | |
Evaluation ergeben, die drei Jahre nach Start der Vorratsdatenspeicherung | |
stattfinden soll. | |
Die Vertreter der Koalition argumentierten, dass Verbindungsdaten zumindest | |
„Ermittlungsansätze“ für weitere Ermittlungen brächten, mit ihnen könnt… | |
„Netzwerke und Strukturen“ erkannt werden, bei Taten im Netz seien die | |
Verbindungsdaten oft der einzige Anhaltspunkt. Johannes Fechner (SPD) | |
betonte, dass Handy-Standortdaten auch zur Entlastung eines Verdächtigen | |
dienen können, wenn er so beweisen kann, dass er gar nicht am Tatort war. | |
Die Verbindungsdaten sind auch heute bei den Providern meist schon | |
vorhanden, zu Abrechnungs- oder Wartungszwecken. Wawzyniak kritisierte die | |
Zwangsspeicherung dennoch: „Datenschutzfreundliche Unternehmen könnten nun | |
nicht einmal darauf verzichten.“ Die Union betonte, es dürfe nicht vom | |
Zufall abhängen, ob die Polizei Zugriff auf die Verbindungsdaten bekomme | |
oder nicht. | |
Christian Flisek verteidigte das Hin und Her der SPD bei der | |
Vorratsdatenspeicherung. „Die intensive Debatte ist keine Schwäche, sondern | |
eine Stärke der Sozialdemokratie.“ Das Gesetz zeichne sich durch eine | |
„ruhige, abwägende Tonlage“ aus, es trage eine „sozialdemokratische | |
Handschrift“. | |
16 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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