Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pressefreiheit gewährleistet: Keine Panik!
> Ein neues Gesetz stellt Datenhehlerei unter Strafe. Eine Gefahr für
> Journalisten und Blogger? Eher nicht.
Bild: Bei der Demonstration für das Internetportal Netzpolitik.org im August i…
Karlsruhe taz | Fast unbemerkt ging der neue Paragraf am Freitag durch den
Bundestag. Weil alle Aufmerksamkeit auf dem neuen Beschluss zur
Vorratsdatenspeicherung lag, fand die „Datenhehlerei“ wenig breite
Beachtung. In Fachkreisen sehen einige in der neuen Strafnorm eine Gefahr
für Journalisten, die mit Whistleblowern zusammenarbeiten. Doch die liegt
fern.
Die neue Strafnorm wird als Paragraf 202d ins Strafgesetzbuch eingefügt.
Datenhehlerei wird so definiert, dass der Täter sich oder anderen Daten
verschafft, die ein Vortäter aus einer Straftat erlangt hat. Erforderlich
ist noch der Wille, sich zu bereichern oder einem anderem zu schaden. Es
droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Der Deutsche Journalistenverband fand, damit werde „journalistische Arbeit
in die Nähe der Strafbarkeit gerückt“. Der Berliner Strafrichter Ulf
Buermeyer ging in einem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung noch weiter:
Journalisten machten sich jedenfalls dann strafbar, wenn sie Daten, die sie
von einem Whistleblower erhalten haben, zur Prüfung an einen Anwalt, einen
IT-Experten oder einen Redakteur weitergeben.
Die Intention des Gesetzes war allerdings eine andere. Der neue Paragraf
wurde im Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verankert,
als Symbol dafür, dass die zwangsgespeicherten Daten strafrechtlich
besonders gut geschützt sein werden. Dabei wurde eine Diskussion
aufgegriffen, die schon seit Jahren in der Justizministerkonferenz geführt
wird. Dort ging es um Strafbarkeitslücken beim Handel mit „gestohlenen“
Kreditkartendaten, eBay-PINs oder Software-Lizenzschlüsseln. Den Bezug auf
Whistleblower-Daten haben erst die Kritiker der Vorschrift hergestellt.
Nach Ansicht des Justizministeriums kann ein Whistleblower aber schon gar
kein Vortäter der Datenhehlerei sein. Denn dieser berichte ja über
Missstände aus seinem eigenen Arbeitsumfeld, habe also rechtmäßigen Zugang
zu den Daten, die er weitergibt.
## Schutzklausel für Redakteur, Justiziar, IT-Experte
Doch selbst wenn sich der Whistleblower die Daten, die er verbreitet, durch
eine Straftat verschafft hat (etwa einen Einbruch in den Schreibtisch des
Kollegen), so macht sich der Journalist, der die Daten entgegennimmt, nicht
strafbar. Das sieht das Gesetz eindeutig vor. „Handlungen, die
ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher
Pflichten dienen“, werden für straflos erklärt. Als Beispiel wurden
nachträglich ausdrücklich diejenigen erwähnt, die ein
Zeugnisverweigerungsrecht haben, weil sie an journalistischen Erzeugnissen
mitwirken. Die Schutzklausel erfasst dann zum Beispiel auch Personen, die
ein Journalist bei der Prüfung gestohlener Daten zu Rate ziehen würde: den
Redakteur, den Justiziar, den IT-Experten.
Die Linke Halina Wawzyniak hatte letzte Woche darauf hingewiesen, dass
Journalisten laut Gesetzesbegründung nur „in Vorbereitung einer konkreten
Veröffentlichung“ geschützt sein sollen. Dem hielt Justizminister Heiko
Maas (SPD) entgegen, es sei „nicht erforderlich, dass der Journalist schon
bei der Beschaffung der Daten eine konkrete Veröffentlichung vor Augen
hat“. Es reiche, „wenn die Handlungen der Recherche dienen und in eine
Veröffentlichung münden können“. Gesetzesbegründung und Ministerwort sind
gleich unverbindlich.
Der bloggende Anwalt Thomas Stadler sieht ebenfalls Probleme: „Ganz konkret
würde ich mich hier als Blogger strafbar machen, wenn ich geleakte
Informationen, die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat,
auch nur entgegennehme, geschweige denn veröffentliche.“ Maas behauptete
dagegen, dass nicht nur „hauptberufliche Journalisten“ von der
Straflosigkeitsklausel profitieren. Auch „freie Mitarbeiter,
nebenberufliche Journalisten und Blogger“ könnten sich „grundsätzlich
darauf berufen“.
Soweit also noch Unsicherheiten bestehen, rühren sie nicht aus der
Strafnorm der Datenhehlerei, sondern aus der umstrittenen Reichweite des
Zeugnisverweigerungsrechts für Medienmitarbeiter. Dabei ist es allerdings
kontraproduktiv, dieses Recht kleinzureden. Journalisten sollten darauf
bestehen, dass es möglichst weit reicht.
19 Oct 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Datenschutz
Schwerpunkt Überwachung
Vorratsdatenspeicherung
Schwerpunkt Pressefreiheit
Whistleblower
Schwerpunkt Überwachung
Vorratsdatenspeicherung
Vorratsdatenspeicherung
Schwerpunkt Überwachung
Polizei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Die Regierung weiß es besser
Der Bundestag beschließt die Vorratsdatenspeicherung. Schon wieder. Soll
man darüber weinen oder nur noch lachen?
Kommentare Vorratsdatenspeicherung: Von Anfang an verhunzt
Die Vorratsdatenspeicherung kommt. Die taz hat die Debatte über Monate
kommentiert. Eine Chronologie.
Vorratsdatenspeicherung beschlossen: Alle sind verdächtig
CDU/CSU und SPD führen die Massenspeicherung der Telefon- und Internetdaten
wieder ein. Die Opposition hält das Vorhaben für rechtsstaatswidrig.
Anlassloses Speichern von Daten: Altes Theater in neuer Verkleidung
Die Bundesregierung versucht wieder, die Vorratsdatenspeicherung
einzuführen. Warum müssen Gerichte für Datenschutz sorgen?
Kommentar Polizisten fotografieren: Der Staat muss transparent sein
Das Bundesverfassungsgericht erlaubt, dass Demo-Teilnehmer Polizisten
filmen. Das ist faktisch eine Bild-Vorratsdatenspeicherung der Polizei.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.