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# taz.de -- Geflüchteter Linksradikaler: Hoffnung auf Asyl in Venezuela
> 20 Jahre lang war ein militanter Linker abgetaucht. Das BKA fand ihn in
> Venezuela. Doch das Land lehnt eine Auslieferung ab.
Bild: Ein Truppenoffizier steht am 28.10.1994 an der Tür der zerstörten Kanti…
BERLIN taz | Die venezolanischen Behörden liefern den wegen seiner
Beteiligung an linken militanten Aktionen verfolgten Bernhard Heidbreder
nicht nach Deutschland aus. Das beschloss jetzt der Oberste Gerichtshof des
Landes in Caracas. Über 20 Jahre nachdem der heute 54-Jährige flüchten
musste, kann er nun darauf hoffen, in dem lateinamerikanischen Land bleiben
zu können. Derzeit werde sein Asylantrag geprüft, informierte Heidbreders
Anwältin Silke Studzinsky.
Zielfahnder des Bundeskriminalamts (BKA) hatten den von Interpol gesuchten
Deutschen vergangenes Jahr in Venezuela aufgespürt. Sicherheitskräfte des
links regierten Landes nahmen ihn daraufhin am 11. Juli 2014 in der Stadt
Mérida fest. Dort hatte er die letzten Jahre gelebt und in einer Druckerei
gearbeitet.
Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft Heidbreder vor, als Mitglied der Gruppe
„Das K.O.M.I.T.E.E.“ an Anschlägen beteiligt gewesen zu sein. Im Oktober
1994 griff die Gruppe das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde an, um
gegen die deutsche Unterstützung der Türkei im Kampf gegen die Kurden zu
protestieren. Im April 1995 scheiterte ihr Versuch, das im Umbau
befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu sprengen.
„Die tragende Substanz des Hauptgebäudes sollte so weit zerstört werden,
dass aufgrund der statischen Schäden der gesamte Knast hätte abgerissen
werden müssen“, schrieb die Gruppe über den geplanten Anschlag, der sich
gegen die deutsche Asylpolitik richten sollte. Die Aktion ging schief, weil
ein Fahrzeug samt Bombe vorzeitig entdeckt wurde.
Heidbreder sowie Thomas W. und Peter K. tauchten daraufhin ab. Seither
fahndet das BKA nach ihnen. Zahlreiche Menschen aus deren Umfeld erhielten
über Jahre hinweg Vorladungen zur Vernehmung. Für den Fall der
Aussageverweigerung drohte ihnen Beugehaft. Auch Telefone von
Rechtsanwälten wurden abgehört. Dennoch kamen die Fahnder den Flüchtigen
fast zwei Jahrzehnte lang nicht auf die Spur. Nach Thomas W. und Peter K.
suchen sie weiterhin erfolglos.
Die obersten Richter Venezuelas lehnten am Dienstag den Auslieferungsantrag
ab, weil das Kriterium der beiderseitigen Strafbarkeit nicht erfüllt sei.
Der Vorwurf des Terrorismus habe zum Zeitpunkt der Tat in dem Land nicht
existiert, die anderen Straftaten – Brandstiftung und Vorbereitung eines
Sprengstoffdelikts – seien nach venezolanischem Recht verjährt.
## Tat noch nicht verjährt
Die jetzige Entscheidung fiel erst 15 Monate nach der Festnahme
Heidbreders. In der Zwischenzeit saß er im Gefängnis. „Es hat lange
gedauert, aber jetzt haben wir einen wichtigen Schritt erreicht“, sagte
Anwältin Studzinsky der taz. Nun muss die venezolanische Ausländerbehörde
über den Asylantrag Heidbreders entscheiden. Auch das könnte sich über
Jahre hinziehen, allerdings wird Heidbreder diese Zeit wohl nicht im
Gefängnis verbringen müssen.
Auf eine Verjährung der Taten könnten die Beschuldigten in absehbarer Zeit
nicht hoffen, erklärte ein BAW-Sprecher der taz. Da das Verfahren
zwischendurch unterbrochen worden sei, kann sich die Verjährungsfrist von
20 Jahren für einen Sprengstoffanschlag bis auf das Doppelte erhöhen.
Mehrere Bundestagsabgeordnete der Linkspartei sowie der Grüne
Hans-Christian Ströbele hatten sich gegen eine Auslieferung Heidbreders
ausgesprochen. Zudem setzte sich ein Unterstützungskomitee für ihn ein.
28 Oct 2015
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Anschlag
Venezuela
BKA
Auslieferung
Autonome
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Verjährung
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Junge Freiheit
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