# taz.de -- Versuchter Anschlag vor 20 Jahren: In Venezuela Asyl beantragt | |
> 1995 scheiterte der Anschlag auf ein Abschiebegefängnis. Drei Verdächtige | |
> werden noch verfolgt. Mit Spitzfindigkeiten wird die Verjährungsfrist | |
> umgangen. | |
Bild: Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau kurz vor der offiziellen Freigabe i… | |
Berlin taz | Auch 20 Jahre nach dem Abtauchen dreier Berliner militanter | |
Linker hält die Bundesanwaltschaft (BAW) an deren Strafverfolgung fest. | |
Erneut luden die Ermittler jetzt eine Person vor, die Auskunft über den | |
Verbleib der Männer geben soll, die in den neunziger Jahren zwei Anschläge | |
verübt oder geplant haben sollen. Die Solidaritätsgruppe „Dageblieben“ | |
fordert die sofortige Einstellung des Verfahrens: Der Fall sei verjährt. | |
Die Bundesanwaltschaft wirft Peter Krauth, Thomas Walter und Bernhard | |
Heidbreder vor, als Mitglieder der Gruppe D.A.S. K.O.M.I.T.E.E. für einen | |
Brandanschlag im Oktober 1994 auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde | |
verantwortlich zu sein. Zudem sollen sie im April 1995 versucht haben, das | |
im Bau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu | |
sprengen. Die Aktion, die sich gegen die deutsche Asylpolitik richten | |
sollte, scheiterte, weil das Fahrzeug samt Bombe vorzeitig entdeckt wurde. | |
Die drei tauchten daraufhin ab. | |
Fast 20 Jahre lang tappten die Ermittler im Dunkeln, obwohl massiv Freunde | |
der Beschuldigten observiert und Telefone abgehört wurden. Zahlreiche | |
Zeuginnen und Zeugen wurden vorladen und ihnen Beugehaft angedroht, wenn | |
sie keine Angaben machten. 2014 hatten die Fahnder Erfolg: Heidbreder wurde | |
in Venezuela festgenommen. Die venezolanischen Behörden beschlossen jedoch | |
vor Kurzem, den 54-Jährigen nicht nach Deutschland auszuliefern. Heidbreder | |
hat nun dort Asyl beantragt. Nach den anderen beiden fahndet das BKA | |
weiterhin. | |
Nach Meinung der Bundesanwälte sind die Vorwürfe nicht verjährt. „Da das | |
Verfahren mehrmals unterbrochen wurde, kann sich die Frist von 20 Jahren | |
auf bis das Doppelte erhöhen“, erklärte ein Sprecher. Doch die juristische | |
Interpretation ist umstritten. Verfolgt wird sowieso nur noch die | |
gescheiterte Berliner Aktion, da der Anschlag in Bad Freienwalde zu lange | |
zurückliegt. Doch auch hier ist der Straftatbestand der Vorbereitung | |
verjährt: Die BAW kann sich nur auf den Vorwurf der Verabredung einer Tat | |
berufen. | |
Ob ein Gericht der eigenwilligen Interpretation der Bundesanwälte folgt, | |
wird erst ein rechtskräftiges Urteil zeigen. „Es kann nicht sein, dass die | |
Vorbereitung einer Tat schneller verjährt als die zeitlich früher liegende | |
Verabredung zu der Aktion“, kritisiert die Rechtsanwältin Undine Weyers das | |
Vorgehen. Das Verfahren könnte längst eingestellt werden. Stattdessen, so | |
ergänzt die Solidaritätsgruppe, klammere man sich „mit Spitzfindigkeiten an | |
einem Paragrafen, der erst nach 40 Jahren eine absolute Verjährung | |
garantiert“. | |
22 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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