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# taz.de -- Kommentar Verfolgung Linksautonomer: Beinahe lebenslänglich
> Ein misslungener Anschlag, namentlich bekannte flüchtige Täter: Dass noch
> nach 21 Jahren deren Umfeld im Visier steht, ist politische Absicht.
Bild: Die Ruhe nach Ausschreitungen von Autonomen in der Walpurgisnacht 1995
„Die Funktionalisierung von Personen, die wir der Justiz in die Hände
gespielt haben, können wir durch unser Bedauern nicht rückgängig machen.“ …
Dass dieser Satz aus der Auflösungserklärung ihrer „links-terroristischen
Vereinigung“ (Bundesgerichtshof) noch mehr als zwei Jahrzehnte nachhallen
würde, haben sich die Autonomen der Gruppe K.O.M.I.T.E.E. wahrscheinlich
nicht träumen lassen.
[1][21 Jahre ist es nun her], dass in einer Aprilnacht des Jahres 1995
mehrere Personen bei dem Versuch, das im Bau befindliche Abschiebegefängnis
in Berlin-Grünau zu sprengen, überrascht wurden. Bei ihrer übereilten
Flucht ließen sie eine Reihe von Spuren zurück, die schnell zu drei Männern
aus der autonomen Szene führten.
Seitdem sind die Verdächtigen namentlich bekannt – und auf der Flucht.
Einer von ihnen wurde 2014 in Venezuela aufgespürt und musste monatelang
mit seiner Auslieferung an Deutschland rechnen, die anderen beiden bleiben
verschwunden. Die Taten selbst sind längst verjährt, lediglich die
Verabredung zu ihnen könnte die drei noch immer vor ein Gericht bringen.
Der Repressionsdruck liegt derweil nicht nur auf den mutmaßlichen Tätern,
sondern auch auf ihrem damaligen sozialen Umfeld. Mittels [2][ihrer
erneuerten Drohung mit Beugehaft] gegen eine nicht selber der Tat
verdächtige Person, um diese zu einer Aussage zu bewegen, zeigt die
Bundesanwaltschaft dabei eine bemerkenswerte Beharrlichkeit.
## Drohgebärden gegen die Szene
Dass es sich bei der erzwungenen Vernehmung um ein Instrument zur
Aufklärung handeln könne, wirkt mehr als zweifelhaft. Welche Erkenntnisse
zu den Tätern oder dem Tatverlauf kann sich die Bundesanwaltschaft nach 21
Jahren von einer unbeteiligten Person denn erhoffen?
Vielmehr wird eine Drohkulisse aufgebaut gegen das frühere, jetzige und
künftige soziale und politische Umfeld militanter Linker. „Wir vergessen
nie!“ ist die Botschaft, die auf dem Rücken einer einzigen Person in die
entsprechenden Kreise kommuniziert werden soll, und zwar einer Person, die
selber weder verdächtig, noch beschuldigt ist. Insofern ist das Vorgehen
der Bundesanwaltschaft zwar unverhältnismäßig gegen diese eine Person, aber
keineswegs einfach nur lächerlich, sondern vor allem politisch.
„Die Funktionalisierung von Personen, die wir der Justiz in die Hände
gespielt haben, können wir durch unser Bedauern nicht rückgängig machen.“
Das stimmt. Seit 21 Jahren. Die Justiz jedoch hat es in der Hand, die
unwürdige „Funktionalisierung“ Unbeteiligter zu beenden, statt sie aus
politischer Opportunität in einem Zustand beinahe lebenslänglicher
Unsicherheit zu halten.
19 Oct 2016
## LINKS
[1] /Verfolgung-linker-Autonomer/!5345651/
[2] /Anschlagsversuch-vor-21-Jahren/!5349112/
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
## TAGS
Autonome
Bundesanwaltschaft
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Anschlag
Anarchisten
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