# taz.de -- Autonome Randale: Glas, Steine, Farben | |
> Die Attacke auf den Amtssitz von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) ist in | |
> diesem Jahr schon der fünfte Anschlag von Autonomen in Bremen. | |
Bild: Vorne fehlt eine Blumenkübelkaryatide, an der Glastür eine Scheibe: Sit… | |
Zurückhaltend reagierte am Dienstag Bremens Innensenator Ulrich Mäurer | |
(SPD) auf einen Anschlag gegen seinen Amtssitz. „Wir sind selbst Teil der | |
Ermittlungen“, sagt Mäurers Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler. „Wir können | |
den Sachverhalt nicht kommentieren.“ Dass es sich schon um den fünften | |
einschlägigen Vorfall des Jahres handelt, fließe „sicher in die Arbeit der | |
Staatsanwaltschaft ein.“ Die ermittelt gegen Unbekannt – wegen | |
Sachbeschädigung. | |
Samstagnacht um 1.45 Uhr hatten rund 15 Vermummte mit Farbe und | |
Pflastersteinen am Amtssitz des Senators für Sachschaden in Höhe von rund | |
60.000 Euro gesorgt – laut Polizei binnen drei Minuten. Ein Bekennerbrief | |
stellt den Angriff als Protest gegen die „europäische Abschottungspolitik“ | |
dar: Senator Mäurer und seine Behörde trügen diese mit. Im Übrigen solle | |
man die Tat als „manifestation unseres hasses“ lesen. Unterzeichnet ist das | |
Dokument mit „autonome gruppen“. | |
Bremens [1][aktueller Verfassungsschutzbericht] hatte die autonome Szene | |
zwar als mit 200 Personen zahlenmäßig stark – jedoch auch als „stark | |
fragmentiert“ eingeschätzt. Bundesweit werden diesem Kreis etwas mehr als | |
6.000 Menschen zugerechnet. In Bremen sei kein hohes Gewaltpotenzial und | |
eher eine „Abnahme linksextremistischer Taten“ auszumachen. Die jetzige | |
Welle überrascht daher: Dem Vorfall von Samstag gingen 2015 vier Attacken | |
auf Gebäude voraus, zu denen ähnliche Bekennerschreiben vorliegen, jeweils | |
signiert mit „autonome gruppen“. | |
So wurden am 4. Mai beim Musical-Theater Scheiben eingeworfen, drei Tage | |
vor einem Auftritt des seinerzeitgen AfD-Chefs Bernd Lucke. Am 11. Mai | |
trifft es das Gebäude von Kühne und Nagel: [2][Laut Bekennerschreiben], | |
weil das Logistikunternehmen seinen Reichtum 1933-1945 durch Deportationen | |
erwarb. Ende Mai wurden „stellvertretend“ für „die Textilindustrie“ | |
Scheiben zweier Modeläden zerstört und „mit Farbe [3][markiert]“. Am 2. | |
Juli melden „autonome gruppen“ man habe das Büro der CDU-Abgeordneten | |
[4][Bettina Hornhues] „[5][entglast]“. | |
Im Bekennerbrief von damals heißt es, die VerfasserInnen würden nicht daran | |
glauben, den Betrieb des Staates „ernsthaft stören zu können“. Dennoch | |
setze man „auf die direkte Konfrontation“ und genieße „jeden Aufschrei | |
bürgerlicher Empörung, den ein paar kaputte Scheiben an der richtigen | |
Stelle verursachen“ würden. Analog insistiert das Schreiben vom Wochenende | |
darauf, die Tat sei „nicht in der erwartung die herrschende politik | |
stoppen“ zu können unternommen worden, sondern um zu zeigen, „dass wir | |
genau wissen wo die entscheidungsträger sitzen“. | |
Man habe „keine Veranlassung an der Echtheit des Schreibens zu zweifeln“, | |
sagt Frank Passade, Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft. Ob die Taten in | |
einem Zusammenhang stehen, werde man sehen müssen. Davon zu sprechen wäre | |
indes „zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht“. | |
20 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.inneres.bremen.de/detail.php?template=20_search_d&search%5Bs… | |
[2] https://linksunten.indymedia.org/de/node/143214 | |
[3] https://linksunten.indymedia.org/de/node/144652 | |
[4] http://bettinahornhues.de/index.php?ka=2&ska=-1 | |
[5] https://linksunten.indymedia.org/de/node/147330 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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