| # taz.de -- Kommunalwahl in der Ukraine: Wenige Wähler, viele Probleme | |
| > Bei der Kommunalwahl gehen Sitze an eine Vielzahl von Parteien. Doch die | |
| > 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge durften gar nicht erst mit abstimmen. | |
| Bild: Die Wahlbeteiligung lag im Landesdurchschnitt unter 50 Prozent. | |
| Kiew taz | Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko muss noch einmal in den | |
| Ring. Bei der Kommunalwahl am Sonntag hatte er bei einer Wahlbeteiligung | |
| von 43 Prozent nur 40 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen können. | |
| Doch niemand zweifelt an Klitschkos Sieg bei der Stichwahl am 15. November. | |
| Seine Mitbewerber liegen alle mit 30 Prozent hinter dem amtierenden | |
| Bürgermeister. | |
| Künftig werden im Kiewer Stadtrat vier oder fünf Parteien vertreten sein, | |
| darunter auch die drei Parteien, die landesweit in allen Lokalparlamenten | |
| vertreten sind: Julia Timoschenkos „Vaterlandspartei“, die „Solidarität�… | |
| von Petro Poroschenko, unter deren Fahnen Klitschko angetreten war, und die | |
| „Samopomitsch“, die „Selbsthilfe“. | |
| Wider Erwarten fuhren aber auch die rechtsradikale Swoboda-Partei mit knapp | |
| 10 Prozent und Bürgermeisterkandidat Borislaw Beresa, der noch vor einem | |
| Jahr Pressesprecher des „Rechten Sektors“ war, mit 8,5 Prozent hohe | |
| Ergebnisse ein. | |
| Weitaus bequemer als Kiews Bürgermeister hat es der Bürgermeister der | |
| zweitgrößten ukrainischen Stadt, Charkiw, Gennadij Kernes. Der Mann, der | |
| den Kiewer Machthabern schon lange ein Dorn im Auge ist, wurde mit fast 60 | |
| Prozent der Stimmen wiedergewählt. | |
| ## 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge durften nicht abstimmen | |
| 210.000 Kandidaten von 142 Parteien hatten sich landesweit um ein | |
| kommunales Mandat beworben. Mit 46,5 Prozent lag die Wahlbeteiligung sehr | |
| niedrig. Überschattet wurde die Kommunalwahl von zahlreichen | |
| Unregelmäßigkeiten. Die unabhängige Wahlbeobachterorganisation Opora listet | |
| in einem ersten Bericht 1.052 Verstöße auf. So seien 14 Prozent aller | |
| Verstöße Stimmabgaben von Wählern gewesen, die sich nicht hatten ausweisen | |
| können. Insbesondere sei es eine „Schande“, so die Sprecherin von „Opora… | |
| Olga Ajvasowskaja, dass 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge aus dem Osten des | |
| Landes nicht an der Abstimmung teilnehmen durften. | |
| Nach einem Eklat in der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol waren die | |
| Wahlen in der 500.000 Einwohner zählenden Stadt kurz vor Öffnung der | |
| Wahllokale abgesagt worden. Dort hatten Angehörige von den Parteien | |
| „Vaterland“, „Solidarität“ und „Samopomitsch“ in der Nacht zum Son… | |
| Druckerei Priasowskj Rabotschi des Oligarchen Rinat Achmetow, gestürmt. | |
| Achmetow, der der Besitzer aller großen Fabriken der Hafenstadt ist und als | |
| Sponsor des „Oppositionsblocks“ gilt, war kurz vor dem Wahlsonntag mit dem | |
| Druck der Wahlzettel beauftragt worden. | |
| ## Mehr Wahlzettel gedruckt als bestellt? | |
| Bei ihrem Besuch in der Druckerei hatten die Aktivisten 22 auf dem Boden | |
| liegende Wahlzettel bemerkt, die offensichtlich einem aufgerissenen Paket | |
| von Wahlzetteln entstammten. Dies spreche dafür, so die Aktivisten, dass | |
| mehr Wahlzettel als bestellt gedruckt worden seien. | |
| Nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) | |
| sind die Wahlen im Allgemeinen „demokratisch“ verlaufen. Zwar seien | |
| „Reformen notwendig“, doch sei die Wahl insgesamt „gut organisiert“ | |
| gewesen, trotz des Wahlabbruchs in Mariupol und anderen Städten. | |
| Auch in den ostukrainischen Städten Krasnoarmeisk, Lisitschansk und Swatowo | |
| waren die Wahlen wegen Unregelmäßigkeiten bei den Stimmzetteln abgesagt | |
| worden. In Dnipropetrowsk wurden die Stimmzettel in der Nacht vom Sonntag | |
| auf Montag von bewaffneten Angehörigen des Freiwilligenbataillons „Dnepr-1“ | |
| bewacht. Einer der Geldgeber von „Dnepr-1“ ist der Oligarch Ihor | |
| Kolomojskyj. Und dessen Weggefährte, Boris Filatow, hatte die erste Runde | |
| in Dnipropetrowsk gewonnen. | |
| 26 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
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