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# taz.de -- Ukrainischer Botschafter Andrij Melnyk: „Zum Erfolg verdammt!“
> Am Freitag beraten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands
> und der Ukraine über die Krise. Andrij Melnyk über Strategien und
> Perspektiven.
Bild: Checkpoint bei Luhansk zwischen ukrainisch kontrolliertem Gebiet und dem …
taz: Herr Botschafter, am Freitag beraten die Außenminister Deutschlands,
Frankreichs, Russlands und der Ukraine in Berlin erneut zur aktuellen Lage
in Ihrem Land. Manche sprechen von Hilferufen aus Kiew. Wo brennt es?
Andrij Melnyk: Es geht einzig darum, den Druck auf Moskau so lange
beizubehalten, bis das Minsker Abkommen bis zum letzten Buchstaben erfüllt
ist, was alles andere als leicht ist. Die Russen müssen ihre Truppen vom
ukrainischen Gebiet komplett abziehen und die Kontrolle über mehr als 400
Kilometer ukrainische Grenze zurückgeben.
Was genau will Putin?
Den Krisenherd am Köcheln lassen, um zu verhindern, dass die Ukraine sich
auf ihre Reformen konzentrieren kann. Endziel: keine EU- und schon gar
nicht eine Nato-Annäherung der Ukraine zulassen. Stets einen Fuß in unserer
Tür zu halten gehört zu Putins Taktik, die zu einer langfristigen Strategie
werden könnte.
Die Regionalwahlen vor zwei Wochen haben gezeigt, dass die Mehrheit der
Bevölkerung von der Regierung in Kiew enttäuscht ist. Warum?
Diese Auffassung kann ich nicht teilen. Diese Wahl war ein wichtiger
Schritt Richtung Demokratieausbau. Die Menschen sind bereit, den
schmerzhaften Reformkurs mitzutragen. Die Erwartungen nach der Wende sind
wohl sehr hoch gewesen. Jeder – ich bin da keine Ausnahme – würde sich
wünschen, dass die Veränderungen schneller vonstatten gingen. Ich finde
übrigens, dass dieser Druck, diese Unzufriedenheit vielleicht sogar gut
ist. Die Gesellschaft lässt den Machthabern keine Alternative. Man ist
einfach zum Erfolg verdammt. Die Existenz dieses Staates steht auf dem
Spiel.
Sie schließen also nicht aus, dass die Maidan-Revolution zum zweiten Mal
scheitert?
Ich bin optimistisch, dass das nicht passiert. Und zwar aus einem ganz
einfachen Grund: Wenn sie scheitern sollte, dann würde das auch für das
Land einen Niedergang bedeuten. Jeder in der Ukraine ist sich der
Verantwortung bewusst.
Was verhindert die Realisierung der Reformen?
Zum einen das Oligarchentum, das in vielen Bereichen des Lebens leider
immer noch präsent ist. Und zum anderen die alten, verkrusteten
Verwaltungsstrukturen, die den Erneuerungen Widerstand leisten.
Die Pro-Putin-Fraktion in Deutschland ist gewaltig. Wie erklären Sie sich
die Motivation dieser Leute?
Die Gründe liegen auf der Hand. Die Ukraine war bis jetzt auf der mentalen
Weltkarte nicht existent. Das Wissen über die Ukraine war mangelhaft, teils
fehlerhaft. Das kann man nicht über Nacht korrigieren. Die Deutschen
denken, Russland würde allein aus geopolitischen Überlegungen Verständnis
und Entschuldigung verdienen.
Wie argumentieren Sie, wenn Sie mit solchen Meinungsäußerungen konfrontiert
werden?
Wenn man einen Völkerrechtsbruch aus welchen Motivationen auch immer
gutheißen kann, dann muss man auch nach der gleichen Logik Aggression und
Mord rechtfertigen. Wo kämen wir dann alle hin?
Haben Sie eine Vision für die Ukraine?
Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union, das ist
alternativlos. Die Nato-Mitgliedschaft wäre auch naheliegend. Wären wir
übrigens jetzt schon bei der Nato, gäbe es diesen Krieg gar nicht!
6 Nov 2015
## AUTOREN
Barbara Oertel
Jarina Kajafa
## TAGS
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Minsker Abkommen
Lugansk
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Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Donbass
Ukraine
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