# taz.de -- Flüchtlinge in Italien: Großer Bahnhof auf dem Flughafen | |
> Das Umverteilungsprogramm beginnt zu greifen. In Campino werden 19 | |
> Eritreer verabschiedet, die ihre Weiterreise nach Schweden antreten. | |
Bild: Flüchtlinge aus Eritrea warten in Rom auf ihren Abflug nach Schweden. | |
ROM taz | Großer Bahnhof herrschte am Freitagmorgen auf dem römischen | |
Flughafen Ciampino. 19 eritreische Flüchtlinge wurden vor ihrem Abflug von | |
viel Prominenz verabschiedet. Gekommen waren Italiens Innenminister | |
Angelino Alfano, der nationale Polizeichef, aber auch der für | |
Flüchtlingsfragen zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos und | |
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. | |
Schließlich zeigten sich Italien und Europa diesmal von der besten Seite. | |
Anders als sonst an Europas Flughäfen üblich war keine Abschiebeaktion | |
Richtung Afrika im Programm. Stattdessen war Schweden das Reiseziel der | |
jungen Männer und Frauen aus Eritrea, die ein Flugzeug der italienischen | |
Finanzpolizei bestiegen. Sie wurden so zu den ersten, die im Rahmen des | |
Flüchtlings-Umverteilungsprogramms von Italien aus in ein anderes | |
europäisches Land ausgeflogen wurden. | |
Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen ihnen weitere knapp 40.000 folgen, | |
nachdem die EU im September die Verteilung von insgesamt 120.000 | |
Flüchtlingen aus den Hauptankunftsländern Italien, Griechenland und Ungarn | |
auf andere Mitgliedstaaten beschlossen hatte. | |
Auf der anderen Seite musste Italien sich verpflichten, im eigenen Land | |
sogenannte Hotspots einzurichten: Lager, in denen die ankommenden | |
Bootsflüchtlinge umgehend registriert und unter Abnahme der Fingerabdrücke | |
identifiziert werden. | |
## Identifizierung um jeden Preis vermeiden | |
Bisher entzogen sich viele Syrer, Eritreer oder Nigerianer dieser | |
Identifizierung, da sie so nach den geltenden Dublin-Abkommen die Chance | |
auf eine Weiterreise in ein anders europäisches Land verspielt hätten. So | |
stellten im Jahr 2014 nur 65.000 der etwa 170.000 in Italien Eingetroffenen | |
dort auch einen Asylantrag, während der große Rest den Weg nach Schweden | |
oder Deutschland antrat. | |
Als erster Hotspot fungiert seit September das Flüchtlingslager auf der | |
Insel Lampedusa, von Jahresanfang 2016 sollen in Italiens Süden insgesamt | |
sechs Identifizierungscamps aktiv sein. In Lampedusa kam es kurz nach | |
Inbetriebnahme schon zu ersten Unruhen. Dort versuchten am 2. Oktober etwa | |
50 Personen aus dem Lager auszubrechen, da sie die Identifizierung ebenso | |
wie mögliche Abschiebungen in ihre Herkunftsländer fürchten. | |
9 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## TAGS | |
Italien | |
Flüchtlinge | |
Eritrea | |
Lampedusa | |
Dublin III | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Krise in Griechenland | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Flucht | |
Österreich | |
Europa | |
Mittelmeer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Konservativer Abweichler in Athen: Politischer Opportunist ersten Ranges | |
Ein Abgeordneter der rechtspopulistischen „Unabhängigen Griechen“ ist der | |
erste Tsipras-Abweichler. Er ist Provinzpolitiker und Witzbold. | |
Debatte um deutsche Flüchtlingspolitik: Alle gegen Merkel | |
CSU-Chef Horst Seehofer droht der Bundeskanzlerin nun mit Verfassungsklage, | |
die AfD gar mit einer Strafanzeige. Selbst die SPD setzt sich ab. | |
Kommentar Flüchtlinge in Südeuropa: Italien setzt auf Merkel | |
Merkel fordert europäische Solidarität im Umgang mit Flüchtlingen. Das | |
macht sie zur Hoffnungsträgerin der Regierung in Rom. | |
Flüchtlinge am Westbahnhof in Wien: „Das Möglichste reicht nicht mehr“ | |
Tausende Flüchtlinge harren in Wien am Bahnhof aus, bis zu 7.000 weitere | |
werden erwartet. Wann sich die Verhältnisse normalisieren, ist offen. | |
Kommentar Mittelmeer-Flüchtlinge: Italien gegen Europa | |
In der EU stellen sich Staaten gerne taub und dumm, wenn es um | |
Verteilungsquoten für Flüchtlinge geht. In Italien regt sich Widerstand. | |
Italien will Leichen im Mittelmeer bergen: Vom Meeresboden nach Eritrea | |
Ministerpräsident Renzi will ein Flüchtlingsboot heben lassen, mit | |
Hunderten von Leichen an Bord. Humane Geste oder geschmackloses | |
Politspektakel? |