# taz.de -- Gregor Gysis Abschiedsrede im Bundestag: Letzte Worte | |
> Bald legt Gregor Gysi den Vorsitz der Linksfraktion nieder. Zum Abschied | |
> präsentiert er dem Parlament seinen Master-Plan und schließt Frieden mit | |
> Gegnern. | |
Bild: Und tschüss: Gregor Gysi spricht ein letztes Mal als Linken-Fraktionsche… | |
BERLIN dpa | Es war klar, dass Gregor Gysi in seiner letzten Rede als | |
Fraktionschef der Linken im Bundestag vom Thema abdriften würde. Und es war | |
auch zu erwarten, dass der scheidende Oppositionsführer mit der | |
vorgegebenen Redezeit nicht auskommen würde. Statt zehn Minuten nur über | |
die deutsche Einheit zu reden, gönnt er sich am Freitagmorgen 17 Minuten, | |
um einen Zehn-Punkte-Masterplan zur grundlegenden Reform der Bundesrepublik | |
Deutschland zu präsentieren: neue Flüchtlingspolitik, Volksentscheide, | |
Reform des Wahlsystems, Mindestrente, weniger Einfluss für Banken und | |
Konzerne - das volle Programm. | |
Bundestagspräsident Norbert Lammert lässt ihn gewähren. „Ihre letzte Rede | |
als Fraktionsvorsitzender der Linken hatte ja streckenweise fast den | |
Charakter einer Regierungserklärung“, sagt der CDU-Politiker anschließend | |
hochachtungsvoll, aber auch mit einem Augenzwinkern. | |
Gysi ist eines der erfahrensten Mitglieder des Bundestags – und einer | |
seiner talentiertesten Redner. Mit fünf Jahren Unterbrechung gehört er dem | |
Parlament seit der Wiedervereinigung an. Zusammengenommen war er 20 Jahre | |
Vorsitzender der Abgeordneten einer Partei, die sich von der ostdeutschen | |
Regionalpartei PDS zur Linkspartei und schließlich zur gesamtdeutschen | |
Linken entwickelt hat. Am 13. Oktober gibt er seinen Chefposten ab. | |
Es gab Zeiten, in denen Gysi im Bundestag heftig angefeindet wurde. Der | |
Immunitätsausschuss sah es 1998 als erwiesen an, dass er unter | |
verschiedenen Decknamen wie „IM Notar“ als Anwalt in der DDR mit der Stasi | |
zusammengearbeitet hat. In zahlreichen Gerichtsverfahren hat sich Gysi | |
erfolgreich gegen den Vorwurf gewehrt, er habe Mandanten verraten oder | |
ausspioniert. Die Vorwürfe gibt es aber bis heute. | |
## „Nun muss ich mir auch einen Ruck geben“ | |
Wegen der Anfeindungen hat Gysi die Abgeordneten anderer Fraktionen in | |
seinen Reden nie als Kolleginnen und Kollegen angesprochen. Fast genau 25 | |
Jahre nach der Wiedervereinigung ist für den 67-Jährigen der Zeitpunkt | |
gekommen, die Auseinandersetzungen zu den Akten zu legen. „Inzwischen werde | |
ich aber auch mit Respekt behandelt. Nun muss ich mir auch einen Ruck | |
geben“, sagt er im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes. Zum Abschluss seiner | |
Rede wünscht er den „lieben Kolleginnen und Kollegen“ viel Glück und | |
Gesundheit und bedankt sich bei ihnen. | |
Der Applaus von den Koalitionsbänken hält sich trotzdem in Grenzen. | |
Diejenigen, die sich gerne ganz von ihm verabschieden würden, muss Gysi | |
enttäuschen: „Los sind Sie mich aber noch nicht, denn ich bleibe im | |
Bundestag.“ | |
Gysi wird nach seinem Abtritt als Fraktionschef stellvertretendes Mitglied | |
im Auswärtigen Ausschuss und will sich auch im Plenum weiter zu Wort | |
melden. Auf die Regierungserklärungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) werden künftig aber seine Nachfolger – wahrscheinlich Sahra | |
Wagenknecht und Dietmar Bartsch – als neue Oppositionsführer antworten. | |
2 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Michael Fischer | |
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