# taz.de -- Streit um Korte und Dağdelen: Linksfraktion diskutiert die V-Frage | |
> Wer im Herbst auf Gregor Gysi folgt, ist klar. Wen sich die neuen | |
> Fraktionschefs als Vize wünschen, sorgt aber für ordentlich Zoff. | |
Bild: Fraktionsvize in spe? Sevim Dağdelen im Regierungsviertel. | |
BERLIN taz | Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch geben sich größte Mühe. | |
Seit feststeht, dass die beiden im Herbst an die Spitze der Linksfraktion | |
rücken, veröffentlichen sie ein gemeinsames Papier nach dem anderen. | |
Griechenland, Flüchtlinge, rechte Gewalt – zu all dem formulierten sie im | |
Sommer gemeinsame Gedanken. | |
Die Botschaft ist klar: Der Reformer und die Parteilinke haben sich | |
zusammengerauft. Die Zeit der großen Flügelstreits ist vorbei. | |
Jetzt bekommt die Harmonie aber einen ersten Kratzer. Zwischen Wagenknecht | |
und Bartsch ist zwar weiterhin alles im Lot, dafür hat das Duo mit einer | |
möglichen Personalentscheidung eine Reihe von Fraktionsmitgliedern gegen | |
sich aufgebracht. | |
Die Abgeordneten baten ihre zukünftigen Chefs deshalb um ein Gespräch, der | |
Termin am Dienstag Abend endete nach taz-Informationen aber ohne Ergebnis. | |
## Zoff um die Stellvertreter | |
Es geht um die Riege der stellvertretenden Fraktionschefs, die im Herbst | |
ebenfalls neu gewählt werden. Von offizieller Seite heißt es, die | |
Kandidaten stünden noch nicht fest. Abgeordnete berichten aber, dass | |
Wagenknecht und Bartsch bereits einen Plan präsentiert hätten: Wie bisher | |
werden die sechs Arbeitskreise der Fraktion je einen Kandidaten | |
vorschlagen. Zusätzlich wollen die beiden Fraktionschefs aber auch zwei | |
eigene Kandidaten nominieren. | |
Die insgesamt acht Stellvertreter wären formal gleichberechtigt. De facto | |
ist aber klar: Wer von den Chefs persönlich bestellt wird, ist am Ende noch | |
etwas gleicher als seine Kollegen. | |
Für die beiden Posten haben die Fraktionschefs in spe schon zwei Kandidaten | |
im Auge. Dietmar Bartsch wirbt für den Reformer Jan Korte, Sahra | |
Wagenknecht für die Parteilinke Sevim Dağdelen. | |
## Bekannt für klare Kante | |
Dağdelen ist in ihrer Fraktion nicht unumstritten. Für gewöhnlich zeigt die | |
Duisburgerin klare Kante, Angriffe auf politische Konkurrenten inklusive – | |
sowohl innerhalb als auch außerhalb der Partei. | |
Dass sie vor zwei Wochen in Eintracht mit SPD und Grünen einen gemeinsamen | |
Aufruf gegen Rassismus initiierte, überraschte. Im Juni 2014, der Bundestag | |
debattierte gerade über die Krimkrise, bezeichnete sie die | |
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt im Plenum noch als | |
Verbrecherin. Dafür handelte sie sich einen öffentlichen Verweis von Gregor | |
Gysi ein. | |
Drei Monate später kritisierte sie auf einer Friedensdemo eine Reihe von | |
Fraktionskollegen, weil diese für eine UN-Mission in Syrien geworben | |
hatten. Wieder gab ihr der Fraktionschef öffentlich eins auf den Deckel. | |
Entsprechend hält sich Begeisterung über Wagenknechts Wunschkandidatin | |
gerade unter den Reformern in Grenzen. Kurioserweise könnte Dağdelen | |
trotzdem auf Stimmen aus diesem Lager hoffen: Votieren sie nicht für | |
Dağdelen, verweigern die Parteilinken womöglich Korte die Stimmen. | |
Oberreformer Bartsch würde mit einer Schlappe ins Amt starten. | |
## Trotzdem Widerstand | |
Deutlicher Widerstand gegen die Personalie formiert sich dafür in einer | |
dritten Gruppe: Unter denjenigen Abgeordneten, die sich keinem der beiden | |
Parteiflügel zuordnen. Rund zwanzig von ihnen trafen sich am Dienstag mit | |
Wagenknecht und Bartsch - unter anderem, um über die Stellvertreter zu | |
sprechen. | |
Von Dağdelen und Korte würden sie sich nicht repräsentiert fühlen, klagte | |
die Gruppe. Rückten zu viele Vertreter der beiden Parteiflügel in den | |
Vorstand, sei das Gleichgewicht der Fraktion in Gefahr. | |
Wagenknecht und Bartsch erwiderten nach Teilnehmerangaben, dass sie jeweils | |
einen Abgeordneten ihres Vertrauens als Stellvertreter an ihrer Seite | |
bräuchten. Von ihren Plänen rückten sie demnach nicht ab. | |
## Start mit Makel | |
Bleibt es dabei, steht eine enge Wahl an. Selbst wenn die beiden | |
Vize-Kandidaten mit den Stimmen der Parteilinken und der Reformer eine | |
knappe Mehrheit erzielen, wären sie ohne die Stimmen der blockfreien | |
Abgeordneten von einem Traumergebnis weit entfernt. Über der neuen | |
Fraktionsspitze läge zumindest ein Makel. | |
Immerhin: Normalerweise wählt die Fraktion den gesamten Vorstand in einem | |
Zug. Dieses Mal hat sie zwei Termine angesetzt. Wagenknecht und Bartsch | |
werden sich wie geplant Mitte Oktober zur Wahl stellen. Der Termin für die | |
Stellvertreter findet erst im November statt. Der absoluter Fehlstart für | |
das neue Führungsduo ist damit schon mal ausgeschlossen. | |
25 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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