# taz.de -- Die Wahrheit: Ich war Douglas Fairbanks Senior | |
> Niemand konnte sich so federnd aus einem Auto schwingen wie Hollywoods | |
> größter Heldendarsteller. Was der Selbstversuch beweist … | |
Es gibt bekanntlich keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Niemand | |
weiß das besser als der flotte Haudegen und Schnauzeraktivist Douglas | |
Fairbanks Senior. In dem 1931 entstandenen Dokumentarfilm „Around the World | |
in 80 Minutes with Douglas Fairbanks“ zeigt er darum großzügig, wie es | |
geht: Ungefähr in Minute sieben seiner Weltreise besucht Fairbanks den | |
gutaussehenden Surf-Paten und Schwimmweltmeister Duke Kahanamoku in dessen | |
Heimat Honolulu. | |
Die Szene wird von einer Gruppe Ukulele schlagender Hawaiianerinnen mit | |
Blumenröcken und glänzenden Haaren eröffnet, die sanft die Hüften wiegen | |
und „Aloha-he“ chanten. Plötzlich winken die Damen in erregter Vorfreude | |
jemandem außerhalb des Bildes zu. Worauf sie sich freuen, sieht man im | |
Umschnitt: Ein Convertible mit geschlossenem Verdeck fährt vor. Man | |
trällert weiter „Aloha“, die Karre stoppt vor der Kamera, und aus dem | |
hinteren Seitenfenster des recht hohen Autos springt, nein, schnellt, ja | |
flitzt mit den Füßen voran der damals rüstige 48 Jahre alte Fairbanks. | |
Er fließt quasi in einer einzigen Bewegung auf die hawaiianische Straße, | |
schwenkt seinen Hallodri-Hut und federt sofort den Hawaiianerinnen | |
entgegen. Die nehmen ihn in ihre Mitte, der Duke erscheint in einem | |
blendenden weißen Anzug und schmeißt Fairbanks einen | |
Willkommens-Blumenkranz nach dem anderen um den Adamsapfel, bis er | |
aussieht wie ein Zwerg beim Ringewerfen. | |
Welch ein Leben! Welch ein Auftritt! Wie Fairbanks das anstellte, kann ich | |
nur ungefähr rekonstruieren: Das Dach des Convertible besteht vermutlich | |
aus Gestänge, an dem sich der drahtige Fairbanks hochziehen und festhalten | |
konnte, vielleicht waren in dem Auto auch noch ein paar Helfer, die ihn auf | |
das Zeichen des Regisseurs Victor Fleming so elegant wie energisch aus dem | |
Fenster schoben. | |
Der erfolglose Versuch, das Fairbank’sche Entree anlässlich eines kleinen | |
Gartengeburtstags nachzustellen, zu dem ich neulich geladen war, ließ mich | |
noch mehr in Ehrfurcht erstarren: Ich hatte extra ein Großraumtaxi | |
bestellt, weil mir das Heraushüpfen aus einem Seitenfenster doch etwas zu | |
komplex für jemanden schien, der beruflich nicht als Musketier, Zorro oder | |
Robin Hood unterwegs ist. | |
Mein Auftritt begann vielversprechend. Der Wagen hielt auf mein Kommando in | |
Sichtweite der Gesellschaft, der Fahrer hupte drei Mal Aufmerksamkeit | |
heischend, die Schiebetür öffnete sich und ich schwang mich zackig Pumps | |
voran hinaus, die Hände hinterm Halte- griff an der Decke festgehakt. | |
Leider hatte sich auch meine Schultertasche festgehakt – an einem blöden, | |
unsichtbar kleinen Häkchen in der Kabine. Sie zog mich zurück, ich plumpste | |
mit dem Hintern auf die Stufe an der Tür und verlor den rechten Pumps. Um | |
die Situation wenigstens ein bisschen zu retten, erwiderte ich die Fragen | |
nach meinem Befinden mit den berühmten letzten Worten Fairbanks’ auf dem | |
Totenbett: „I’ve never felt better!“ Aber das hat wieder niemand | |
verstanden. | |
9 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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