# taz.de -- Offensive in Afghanistan: Taliban im Zentrum von Kundus | |
> Jahrelang galt die Region um Kundus als vergleichsweise ruhig. Nun ist | |
> die nordafghanische Stadt Brennpunkt des Machtkampfs mit den Taliban. | |
Bild: Afghanische Soldaten sichern in Kundus die Straßen | |
Berlin taz | Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr greifen die Taliban in | |
Nordafghanistan den ehemaligen Bundeswehrstandort Kundus an. Der Angriff | |
begann am Montagmorgen um3 Uhr. Im April waren die Taliban zu Beginn ihrer | |
jährlichen Frühjahrsoffensive bis in die Außenbezirke der Provinzstadt | |
vorgedrungen. Damals blieb offen, ob sie es tatsächlich auf die Eroberung | |
der Stadt angelegt hatten. Jetzt verkündeten sie selbst, die Stadt | |
einnehmen zu wollen. Dabei rückten sie jetzt bis ins Zentrum vor. | |
Ein Polizeisprecher erklärte am Abend, die Taliban hätten die Hälfte der | |
Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Vorher hatten sie die Bevölkerung | |
aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben, und dabei versichert, ihr werde | |
nichts geschehen. | |
Berichten afghanischer Nachrichtenagenturen zufolge blockierten die | |
Angreifer zunächst alle Einfallsstraßen, darunter die zum Flughafen. Dann | |
rückten die Aufständischen zum Amtssitz des Provinzgouverneurs vor, den sie | |
zumindest vorübergehend einnahmen. Laut dem Korrespondenten der Agentur | |
Reuters hissten die Taliban auf dem zentralen Platz ihre Fahne. | |
Ihre Kämpfer sollen auch in das größte Krankenhaus eingedrungen sein und | |
dort nach verwundeten Regierungskräften gesucht haben, berichteten Quellen | |
in Kundus der taz. Taliban-Kämpfer posteten von dort in sozialen Medien | |
Selfies. Bei Reaktionsschluss hielten die Kämpfe noch an. Bisher sollen | |
über 40 Menschen ums Leben gekommen sein, Taliban, Regierungskräfte und | |
auch Zivilisten. | |
Die Taliban bauen bei ihrem gegenwärtigen Angriff auf ihre Erfolge im | |
Frühjahr. Damals konnten die Regierungstruppen sie zwar mühsam aus einigen | |
stadtnahen Gebieten wieder verdrängen, aber eben nicht aus allen. Zudem | |
sind die dort stationierten Einheiten der milizähnlichen afghanischen | |
Lokalpolizei – aufgestellt, um die reguläre Nationalpolizei zu unterstützen | |
– wenig verlässlich. So berichteten afghanische Agenturen, die Taliban | |
hätten auch aus Stellungen in der Stadt angegriffen. Das hieße, ihre | |
Kämpfer hätten vorher die Stadt infiltrieren können. | |
Auch in der Peripherie setzten die Taliban sich fest. Zwei der insgesamt | |
sechs ländlichen Distrikte der Provinz befanden sich seither vollständig | |
unter Kontrolle der Taliban, die übrigen weitgehend. Aus diesen Richtungen | |
griffen sie jetzt auch an. Quellen in Kundus sprachen von Angriffen „aus | |
drei Richtungen“. Das scheint dazu geführt zu haben, dass die | |
Regierungskräfte überdehnt waren, die versuchten, wenigstens die | |
Distriktzentren zu halten oder verlorengegangene zurückzuerobern. Deshalb | |
seien zu wenig Truppen in der Stadt gewesen. | |
## Afghanische Luftstreitkräfte greifen ein | |
Offenbar spekulieren die Taliban auch darauf, dass die Regierungstruppen | |
und ihre westlichen Alliierten – die USA leisten ja immer noch | |
Luftunterstützung – davor zurückschrecken, Bomben- und Drohnenangriffe in | |
einem urbanen Zentrum auszuführen und dabei fast zwangsläufig auch | |
Zivilisten zu treffen. Sollte es doch dazu kommen, könnten die Taliban das | |
zusätzlich propagandistisch ausschlachten. | |
Laut afghanischen Agenturen wurden zumindest bis mittags tatsächlich keine | |
Luftangriffe geflogen. Dann gab es erste Berichte, dass die afghanischen | |
Luftstreitkräfte Taliban-Positionen in Randgebieten der Stadt angegriffen | |
hätten. | |
Der erneute Angriff auf Kundus zeugt auch davon, dass der zunächst | |
umstrittene Führungswechsel von Mullah Mohammed Omar zu Achtar Mohammed | |
Mullah Mansur die Taliban kaum geschwächt hat. | |
28 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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