# taz.de -- Schriftsteller über syrische Kultur: Zeig mir deine Freunde | |
> Nachrichten über Syrien beschäftigen sich vor allem mit Krieg und | |
> Flüchtlingen. Der Schriftsteller Suleman Taufiq erzählt vom Alltagsleben | |
> der Syrer. | |
Bild: Heißer Tee und Tawla: ein perfekter Nachmittag für Syrer. | |
Was darf in keinem syrischen Haushalt fehlen? | |
Der Fernseher. Er läuft ständig, auch wenn Gäste zu Besuch sind. | |
Wichtigstes Mobiliar? | |
Eine Vitrine, in der alle wertvollen Dinge und Erbstücke aufbewahrt sind. | |
Sie steht im Wohnzimmer, damit die Gäste sie auch bewundern können. | |
Wer kocht? | |
Meistens die Frauen. Die Männer beteiligen sich kaum an der Hausarbeit. | |
Frühstück | |
Viele gehen ohne Frühstück aus dem Haus. Sie trinken Kaffee und essen dann | |
dazu etwas Süßes. Wenn man aber doch frühstückt, dann normalerweise | |
zwischen 8 und 10 Uhr. Das Frühstück besteht meistens aus Schafskäse, Quark | |
mit Minze und Olivenöl, Oliven, Eiern, Marmelade oder Foul. Das sind dicke | |
Bohnen mit Olivenöl, Knoblauch, Zitronensaft und Sesampaste (Tahine). | |
Mittagessen | |
Zwischen 12 und 14 Uhr. Immer warm mit Gemüse, meistens Auberginen, | |
Zucchini, Bamia (Okraschoten), Bohnen, Erbsen, Tomaten mit Fleisch oder | |
auch ohne. Dazu Salat, Joghurt und Obst als Nachspeise. | |
Abendessen | |
Gegen 19 Uhr im Winter und ab 21 Uhr im Sommer. Leichte Sachen, wie Käse | |
und Humus mit Fladenbrot, dazu trinkt man Tee. | |
Nationalgericht | |
Kibeh in vielen verschiedenen Variationen. Frittiert, in Jogurt gekocht, | |
gedämpft, im Backofen auch roh. Die Zutaten: Lammfleisch fein gehackt, | |
Zwiebel, Walnüsse, Pinienkerne, Burgul (Weizenschrot) und die sieben | |
Gewürze. | |
Imbisskultur | |
Falafel, Foul, Fatayer (Gefüllte Teigtaschen mit verschiedenen Zutaten wie | |
Käse, Fleisch), Kräutermischung mit Olivenöl, Schawuma (ähnlich wie Gyros), | |
Sfiha (kleine Flachbrote mit Lammfleisch). | |
Beliebteste Süßspeise | |
Baklawa, Kattayef, Knafa und verschiedene Milchspeisen. | |
Lieblingsgetränk | |
Tee und Kaffee und frische Säfte im Sommer. | |
Alkohol | |
Arak (Anisschnaps), Bier. Alkohol gehört nur zu einem Fest und zum Essen. | |
Ist das Essen beendet, wird auch kein Alkohol mehr gereicht. | |
Rauchen | |
Die Syrer rauchen sehr viel. Beliebt ist auch das Wasserpfeiferauchen, | |
übrigens auch bei den Frauen. Die Wasserpfeife gibt es in jedem Restaurant | |
oder in Cafés. | |
Drogen | |
Die am meisten verbreitete Droge ist Haschisch. Sie ist verboten und steht | |
unter Strafe. | |
Welche Charaktereigenschaften werden den Syrern zugeschrieben? | |
Ernst, Stolz und Diplomatie, Geselligkeit, Fähigkeit zu Improvisieren. | |
Mimik und Gestik | |
Die Syrer erscheinen äußerst vielfältig und lebendig. Grund dafür ist nicht | |
nur ein heftiges Temperament, sondern es fällt besonders bei ins Gespräch | |
vertieften Menschen auf, dass ihre Körper alles Gesagte ständig durch | |
bestimmte Gesten und eine Fülle von typischen Handbewegungen | |
unterstreichen. Ihre Hände sind dabei ununterbrochen in Bewegung, | |
insbesondere dann, wenn im Gespräch etwas Abstraktes besprochen wird, denn | |
das lässt sich durch eine Vielzahl von symbolischen Handzeichen gut | |
konkretisieren. | |
Syrische Benimmregeln | |
Fremde Frauen sollte man nicht anstarren. Ebenfalls gilt es als unhöflich, | |
wenn man über seine Probleme spricht. | |
Die wichtigsten Werte | |
Familie, Ehre, Stolz, Gastfreundschaft. | |
Arbeitsmoral | |
Die Syrer sind fleißig und ehrgeizig. Sie sind überall sehr erfolgreich. | |
Modestil der Syrer | |
Sie legen viel Wert auf ihr Aussehen. Die äußerliche Erscheinung ist ihnen | |
sehr wichtig. Die Haltung, die Kleidung und der Blick stehen im | |
Vordergrund. Der Auftritt mit seinem Nimbus bestimmt anfänglich die Szene, | |
erst dann kommt es zum Gespräch. | |
Die Gerüche Syriens | |
Rosenwasser, Minze, Kardamom, Gewürze, Kaffee, Seife, Staub und schwereres | |
Parfum. | |
Witze über Syrer | |
Es gibt viele Witze über die Menschen aus der Stadt Homs. Ein Beispiel: | |
Eine junge Frau rief ihren Freund an: Hallo, ich bin ganz allein, meine | |
Eltern sind verreist. Der Freund antwortete: Hab keine Angst, lies einfach | |
eine Sure aus dem Koran. | |
Ein Märchen, das alle in ihrer Kindheit gelesen haben | |
Märchen werden erzählt und nicht gelesen. Meistens sind es Volksmärchen | |
oder Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. | |
Berühmtester syrischer Film | |
„Ahlam al-Madina“ (Träume der Stadt) von Mohamed Malas. | |
Berühmtester syrischer Roman | |
„Bilderreste“ von Hanna Mina. | |
Berühmtester syrischer Sportler/Sportlerin | |
Ghada Shouaa (Leichtathletin und Siebenkämpferin). Sie gewann 1996 für | |
Syrien die erste und bisher einzige Goldmedaille bei Olympischen Spielen. | |
Nationalsport | |
Fußball und Volleyball. | |
Fest in Syrien, auf das sich alle freuen | |
Bei den Muslimen ist es das Opferfest und bei den Christen das Osterfest. | |
Bei den Kurden ist es das Newrus-Fest (Neujahrsfest am 21. März). | |
Beliebtester syrischer Ausflugs/Urlaubsort (vor dem Krieg) | |
Al-Ghouta (Ein Grüngürtel mit Obstplantagen um Damaskus) und die Küste am | |
Mittelmeer. | |
Lieblingsbeschäftigung der Syrer in der Freizeit | |
Kartenspiel, Geschichtenerzählen, in Kaffeehäusern sitzen und plaudern. | |
Ausgehverhalten | |
Der Spaziergang ist kurz, und meistens flaniert man in Einkaufstraßen, um | |
zu sehen und gesehen zu werden. Disco ist nicht so verbreitet und hat einen | |
schlechten Ruf. Essen gehen mit der Familie oder mit Freunden ist beliebt. | |
Beliebtestes Freizeit-Spiel | |
Karten, Tawla. | |
Beliebtes Spielzeug für Mädchen | |
Puppe. | |
Beliebtes Spielzeug für Jungen | |
Fahrrad, Auto und Pistole. | |
Vatersein | |
Der Vater verkörpert die Autorität. Er kümmert sich nicht viel um die | |
Erziehung, er entscheidet und spricht das letzte Machtwort. | |
Muttersein | |
Die Mutter ist zuständig für alles, vor allem für die emotionale Seite in | |
der Familie. | |
Männerbild | |
Durchsetzungsfähigkeit, Selbstkontrolle, Stärke. | |
Frauenbild | |
Kein Sex vor der Ehe, die Frau soll jungfräulich in die Ehe gehen. In der | |
Öffentlichkeit soll sie sich gut benehmen, vor allem nicht auffallen. | |
Liebe | |
Liebe und Erotik findet nicht öffentlich statt. Es wird viel kokettiert mit | |
Blicken. Frauen dürfen nicht flirten oder öffentlich erzählen, dass sie | |
verliebt sind. Alle arabischen Lieder handeln von der Liebe, die unerfüllt | |
bleibt. Das gilt aber nicht für die Männer. | |
Sex | |
Alles dreht sich um das Thema Sex. Die gesellschaftlich deutliche Trennung | |
der Geschlechter macht das Thema noch attraktiver. Alles geschieht im | |
Verborgenen. Frau oder Mann müssen bis zur Hochzeit warten. | |
Ehe | |
Hochzeiten stellen im Leben der Syrer einen Höhepunkt dar. Das | |
Hochzeitsfest ist das wichtigste Fest überhaupt, und Heiraten ist die | |
Erfüllung des Traumes aller jungen Menschen dort. | |
Homosexualität | |
Ist ein Tabu, ein Schimpfwort und strafbar. | |
Syrische Lebensweisheit | |
„Zeige mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist.“ | |
Wie werden die Syrer Deutschland verändern | |
Sie bringen eine sehr alte und lebendige Kultur mit . Das könnte eine neue | |
Lebensqualität bedeuten, eine Bereicherung der Küche und vor allem | |
wirtschaftliche Anreize. Außerdem sind die Syrer erfinderisch. | |
Religiosität | |
Syrien beherbergt mehr als 20 verschiedene Religionen und Konfessionen. Die | |
Syrer sind im Allgemeinen sehr religiös, vor allem auf dem Lande. Aber ihre | |
Religiosität war bis vor dem Krieg ziemlich liberal. Heute ist sie sehr | |
radikal geworden. | |
Gott | |
Gott auf Arabisch heißt Allah. In der alltäglichen Redewendung taucht das | |
Wort Allah ständig auf, wie zum Beispiel „So Gott will“. | |
6 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Alem Grabovac | |
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