# taz.de -- Ende für Urban Gardening?: Gärtner wollen nicht an Deck | |
> Mitglieder fordern den Erhalt des Urban-Gardening-Projekts Gartendeck auf | |
> St. Pauli, doch die Stadt will das Gelände schnellstmöglich mit Wohnungen | |
> bebauen. | |
Bild: Müssen vielleicht bald einpacken: die Gartendeck-MacherInnen in Hamburg-… | |
HAMBURG taz | Der Herbst ist da, auf dem Gartendeck tummeln sich Menschen | |
mit Harke und Schaufel in der Hand. Sie kümmern sich um ihre Keimlinge und | |
Pflanzen. Bald müssen sie winterfest gemacht werden. Eine Gruppe junger | |
Menschen lernt, wie aus Salbei und Co. Naturkosmetik entsteht. Sie nehmen | |
an einem Kräuterworkshop teil. | |
Das Gartendeck war 2011 im Rahmen des Internationalen Sommerfestivals von | |
Kampnagel auf dem brachliegenden Gelände in der Großen Freiheit 62-68 | |
entstanden. Ursprünglich war das Urban-Gardening-Projekt auf ein halbes | |
Jahr begrenzt, doch die AnwohnerInnen wollten das Gartendeck erhalten. | |
Jetzt ist das Projekt ernsthaft in Gefahr. | |
Die Flächen in der Großen Freiheit 58-70 sind Teil des Sanierungsgebiets in | |
St. Pauli. Auf dem Gelände der ehemaligen Fischräucherei und dem | |
angrenzenden Gelände des Gartendecks sind mindestens 40 öffentlich | |
geförderte Wohnungen sowie einige Gewerbeflächen geplant. Die städtische | |
Sprinkenhof GmbH und das Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung haben | |
dafür einen Wettbewerb ausgeschrieben. Laut Ausschreibung soll das Areal | |
„behutsam nachverdichtet“ werden. Fünf Architekturbüros nehmen daran teil. | |
Die Druckerei St. Pauli sowie die Musikclubs Indra und Grünspan sollen | |
dabei erhalten bleiben. 2014 entschied der Sanierungsbeirat, dass auch die | |
Erhaltung des Gartendecks in der Ausschreibung festgeschrieben sein soll. | |
Die Mitglieder des Gartendeck e.V. haben Sorgen, wie es mit dem | |
Stadtteilprojekt weitergehen soll. „Der ganze Planungsprozess ist sehr | |
undurchsichtig“, sagt Elena, die von Anfang an dabei ist. Sie befürchtet, | |
dass das Gartendeck auf ein Dach umziehen muss. „Wir wollen weiterhin | |
öffentlich sichtbar und begehbar bleiben“, sagt sie. „Auf einem Hausdach | |
bekommt doch niemand mit, dass es uns gibt.“ Zu welchen Konditionen das | |
ehrenamtliche Projekt die Fläche künftig nutzen darf, steht noch nicht | |
fest, dass sie von 1.500 auf bis zu 650 Quadratmeter schrumpfen soll, steht | |
dagegen in der Ausschreibung. „Wir haben das Gefühl, dass der Erhalt des | |
Gartendecks nicht ernsthaft gewollt ist“, sagt sie. | |
Im Sanierungsbeirat Wohlwillstraße haben die Gartendeck-Macher deswegen | |
eine Beiratsempfehlung zum Stopp des Bauvorhabens Große Freiheit 58-70 | |
erwirkt. Sie wurde mit deutlicher Mehrheit angenommen. Das Fachamt für | |
Stadt- und Landschaftsplanung hat sich im Stadtplanungsausschuss aber klar | |
gegen einen Stopp ausgesprochen. | |
Das Wettbewerbsverfahren wird wohl fortgesetzt und soll noch in diesem Jahr | |
abgeschlossen werden. Die Mitglieder vom Gartendeck fühlen sich übergangen. | |
„St. Pauli darf nicht weiter verdichtet werden“, finden sie. Sie fordern | |
eine umfangreiche Beteiligung der AnwohnerInnen im Planungsverfahren. „Wir | |
sind ein offenes Projekt. Es geht uns darum, einen Ort zu schaffen, den | |
alle nutzen und sich beteiligen können“, sagen sie. Der zunehmende | |
Tourismus verstärke den Wunsch nach Frei- und Rückzugsräumen. | |
Nun fordern die GärtnerInnen eine schnelle Entscheidung, was mit dem | |
Gelände passieren soll. „Wir brauchen eine Perspektive und | |
Planungssicherheit“, fordert die Gruppe, die aus 15 bis 20 Aktiven besteht. | |
Doch viel mehr Menschen kommen regelmäßig, um Blumen zu pflanzen und | |
Unkraut zu jäten. | |
1 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Larissa Robitzsch | |
## TAGS | |
Urban Gardening | |
St. Pauli | |
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