# taz.de -- BA-Chef leitet auch Flüchtlingsbehörde: Viel Arbeit für Weise | |
> Frank-Jürgen Weise gilt als Macher und soll es nun beim BAMF richten. Der | |
> aktuelle Entwurf zum Asylrecht steht in der Kritik. | |
Bild: Ankunft in Brandenburg, und dann? Um diese Fragen kümmert sich künftig … | |
Berlin taz | Neuer Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge | |
(BAMF) wird Frank-Jürgen Weise, bislang schon Chef der Bundesanstalt für | |
Arbeit (BA). Weise soll weiter BA-Chef bleiben, rückt zugleich aber an die | |
Stelle des bisherigen BAMF-Leiters Manfred Schmidt, der am Donnerstag | |
seinen Rücktritt „aus persönlichen Gründen“ erklärt hatte. | |
Diese überraschende Lösung präsentierte Innenminister Thomas de Maizière | |
(CDU) am Freitagnachmittag. In seiner Doppelfunktion soll Weise einen neuen | |
Arbeitsstab von BA und BAMF leiten, der konkrete Ideen zur Beschleunigung | |
der Asylverfahren vorlegen soll – und zwar schon bis Donnerstag, wenn im | |
Kanzleramt der „Flüchtlingsgipfel“ tagt. Die Vorschläge sollen dann bei d… | |
Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beraten | |
werden. Die BA wird das BAMF mit Personal und bei der Auswahl von Bewerbern | |
unterstützen. Es werde aber kein Mitarbeiter der Arbeitsagentur über | |
Asylanträge entscheiden, stellte eine BA-Sprecherin klar. | |
Der 63-Jährige Frank-Jürgen Weise ist Oberst der Reserve und arbeitete | |
lange in der Wirtschaft sowie viele Jahre bei der Bundeswehr, bevor er 2004 | |
zur Arbeitsagentur wechselte und sich dort einen Ruf als Macher erwarb. | |
Über die Herausforderung, die auf ihn zukommt, macht er sich keine | |
Illusionen. „Die Größenordnungen, die da sind, schaffen wir.“ | |
Aber in einem Interview warnte er kürzlich auch vor zu hohen Erwartungen, | |
die Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Viele verfügten | |
nicht über die notwendigen Sprachkenntnisse, anderen die nötige | |
Qualifikation, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Genau an der | |
Integration in den Arbeitsmarkt soll er jetzt aber mitwirken. Weise trete | |
„eines der schwierigsten Ämter, die die Bundesrepublik Deutschland zu | |
vergeben hat“ an, sagte de Maizière am Freitag, und: „Er ist jetzt für | |
diese Aufgabe der Beste.“ | |
## Ideen zur Leistungskürzung | |
Geradezu poetisch als „living document“ bezeichnete ein Sprecher des | |
Bundesinnenministeriums am Freitag den Entwurf eines Gesetzespakets zum | |
Asylrecht, der in dieser Woche öffentlich geworden war. Was er damit sagen | |
wollte: Der Entwurf befindet sich in der Ressortabstimmung und wird deshalb | |
von den Regierungssprechern nicht kommentiert. Nur einige grundsätzliche | |
Ziele gab man preis: Man wolle Asylverfahren generell beschleunigen, eine | |
vereinfachte Rückführung ermöglichen und Fehlanreize beseitigen. | |
Der Entwurf enthält dementsprechend zahlreiche Ideen zur Leistungskürzung. | |
Darunter auch den Vorschlag, dass Flüchtlinge, die über andere EU-Staaten | |
eingereist waren und gemäß der Dublin-Regelung dorthin zurückgeschickt | |
werden, nur Sachleistungen für den Reisebedarf – etwa Fahrkarte und | |
Proviant – erhalten sollen. Hilfsorganisationen haben das heftig | |
kritisiert. Der Ministeriumssprecher wies entsprechende Kritik zurück: Dies | |
treffe für die allermeisten Flüchtlinge nicht zu, die in der letzten Zeit | |
etwa aus Syrien gekommen seien. | |
Vieles in dem Dokument wirft Fragen auf. Zum Beispiel folgender Satz: „Die | |
Zuständigkeit für die Anhörung des Ausländers zur Prüfung der Zulässigkeit | |
in Asylverfahren [...] kann der Grenzbehörde übertragen werden.“ Danach | |
könnte künftig schon die Bundespolizei an der Grenze entscheiden, ob für | |
den Antrag ein anderer Staat zuständig ist – und der Asylbewerber | |
zurückgeschickt wird. Bislang war das Aufgabe des BAMF. | |
Gleichzeitig kritisiert die Bundesregierung das derzeitige Vorgehen | |
Ungarns, Flüchtlinge faktisch bereits an der Grenze abzuweisen, wie | |
Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag sagte. Das sei kein Beitrag | |
zu einer nachhaltigen Lösung der Flüchtlingskrise. | |
## Am Entwurf wird noch gearbeitet | |
Bis die Ministerpräsidenten der Länder erneut mit Vertretern der Regierung | |
zum Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt zusammenkommen, wird an dem | |
Gesetzentwurf weiter gearbeitet. Dann könnten sich die Teilnehmer über die | |
Vorschläge verständigen. Auch über konkrete Fragen der Finanzierung sowie | |
der Gesundheitsversorgung für die Flüchtlinge will man bei dem Treffen | |
sprechen. | |
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) machte sich für die | |
Ausbildung von Flüchtlingen stark. Er wolle sich dafür einsetzen, dass | |
junge Flüchtlinge nach dem Abschluss einer Ausbildung auch bei einem | |
negativen Bescheid zum Asylantrag noch zwei Jahre in Deutschland bleiben | |
und arbeiten könnten. Diese Öffnung sei in der Koalition noch nicht | |
verabredet, er wolle dies aber bei den Innenministern und dem | |
Koalitionspartner noch bis zum Flüchtlingsgipfel erreichen, so Gabriel. | |
Arbeitgeber beklagen immer wieder, dass es für sie mit zu großen | |
Unsicherheiten verbunden sei, Flüchtlinge ohne sicheren Aufenthaltstitel | |
drei Jahre lang auszubilden und dabei das Risiko zu tragen, dass die jungen | |
Leute nach der Ausbildung abgeschoben werden und sich die lange | |
Ausbildungszeit damit nicht gelohnt habe. | |
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) betonte die Bedeutung des | |
frühen Deutschunterrichts für junge Flüchtlinge, damit sie später eine | |
Chance auf eine Ausbildung haben. Da viele Flüchtlinge Smartphones besäßen, | |
werde man versuchen, ihnen bestimmte Apps auf dem Smartphone anzubieten, um | |
das Lernen zu fördern, sagte Wanka. | |
18 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Johanna Roth | |
Daniel Bax | |
Barbara Dribbusch | |
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