# taz.de -- Aufruf in Osteuropa: Solidarität statt Hass und Abschottung | |
> Intellektuelle und ehemalige Spitzenpolitiker fordern in einer | |
> gemeinsamen Erklärung eine weniger restriktive Politik gegenüber | |
> Flüchtlingen. | |
Bild: Gehört zu den Unterzeichnern des Appells für eine andere Flüchtlingspo… | |
Warschau taz | Angstverzerrte Fratzen, Hassparolen und Stacheldrahtzäune, | |
um verzweifelte Flüchtlinge aus Kriegsgebieten von den eigenen Grenzen | |
fernzuhalten: Nicht alle Menschen in den MEO-Mitgliedsländern sind mit | |
diesem Bild ihrer Heimatländer einverstanden. | |
„Wir stehen vor einer humanitären Katastrophe von außergewöhnlich großem | |
Ausmaß“, mahnen knapp hundert Intellektuelle und ehemalige Spitzenpolitiker | |
aus Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und den baltischen Republiken | |
in einem offenen Brief ([1][hier als pdf]) an die eigenen Regierungen. | |
„Hunderttausende Flüchtlinge […] hoffen darauf, in unserem gemeinsamen | |
Europa Zuflucht, Sicherheit und normale Lebensbedingungen finden zu können. | |
Vor nicht langer Zeit sind wir es gewesen, die an die Tore Europas | |
klopften.“ | |
Die Intellektuellen und Politiker, darunter die Ex-Präsidenten Polens | |
Bronisław Komorowski und Aleksander Kwaśniewski, erinnern an die | |
Solidarität als fundamentalen Wert der Europäischen Union. Statt die | |
Grenzen und Herzen vor den Flüchtlingen zu verschließen, fordern die | |
Unterzeichner des Appells die Regierungen und Bürger „unserer Länder im | |
Namen unserer Menschlichkeit, im Namen unserer Prinzipien und Werte“ dazu | |
auf, Solidarität mit den Flüchtlingen zu zeigen: „Auch unter uns sollen sie | |
einen ruhigen Hafen finden, um als vollkommen freie Menschen über ihre | |
Zukunft entscheiden zu können.“ | |
Ob der Appell eine Kehrtwendung der restriktiven Flüchtlingspolitik in den | |
MOE-Staaten bewirkt, wird sich zeigen. Immerhin erkannten aber bereits | |
Polens Medien, dass die bisherige Berichterstattung mehr Desinformation, | |
Angst und Xenophobie vermittelte denn solides Wissen. | |
## Polens Souveränität bedroht | |
Schuld an dem Info-Desaster sind auch rechtsnationale Politiker, die vor | |
einer angeblichen „Islamisierung Polens“ durch die Aufnahme von ein paar | |
hundert muslimischen Flüchtlingen warnen, vor der angeblichen Einführung | |
der Scharia und den künftig von Muslimen vollgepinkelten katholischen | |
Kirchen. Die Brüsseler EU-Kommission wiederum, die den Polen „Quoten“ | |
aufdrücken wolle, bedrohe die Souveränität Polens so wie es in Zeiten des | |
Kommunismus Moskau getan habe. | |
Rund 40 von ihnen starteten nun eine gemeinsame Informationskampagne unter | |
dem Titel: „Mehr Wissen, weniger Angst: Flüchtlinge in Polen“. Schirmherr | |
und zugleich erste Informationsquelle ist das Ausländeramt Polens. | |
Schon die Tabelle „Immigranten in der EU“ räumt mit der Legende von der | |
angeblichen „Überfremdung“ Polens auf: Gerade mal 0,3 Prozent Ausländer | |
leben in dem 38-Millionen-Einwohner-Staat, so wenig wie in keinem anderen | |
EU-Land. Auch die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge, die Polen jedes | |
Jahr anerkannt, hält sich in Grenzen. In diesem Jahr sind es bislang 249. | |
18 Sep 2015 | |
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[1] /fileadmin/static/pdf/Offener_Brief_18.9.2015.pdf | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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