# taz.de -- Eintracht in der Zweiten Liga: Den Anschluss gehalten | |
> St. Pauli und Braunschweig boykottieren gemeinsam die | |
> „Bild“-Fußball-Charity für Flüchtlinge. Im Nordderby trennen sie sich | |
> danach 0:0. | |
Bild: Kam nur selten vorbei: St. Paulis Sebastian Maier, hier gegen Joseph Baffo | |
BRAUNSCHWEIG taz | Die Erwartungen waren hoch: Zum „Team der Stunde“ hatte | |
Gäste-Trainer Ewald Lienen die Eintracht aus Braunschweig nach drei Siegen | |
in Folge erklärt. Dabei betreut Lienen selber das Team, das derzeit mit die | |
positivste Überraschung der Zweiten Liga ist: Im Mai dem Abstieg erst in | |
letzter Sekunde entronnen, stand die Mannschaft vor Beginn der Partie auf | |
Rang drei der Tabelle, noch zwei Plätze vor den Braunschweigern. | |
Vor ausverkauftem Haus und auf einem rutschigen Untergrund im | |
Eintracht-Stadion begannen beide Teams zunächst verhalten und abwartend, | |
bevor die Hamburger nach einer Viertelstunde mehr und mehr die Initiative | |
übernahmen, bissiger agierten und ballsicherer kombinierten. | |
Während Braunschweig vor dem gegnerischen Tor harmlos agierte, erarbeiteten | |
sich die Hamburger durch Waldemar Sobota – der nur die Latte traf – und | |
zweimal Marc Rzatkowski hochkarätige Chancen. „Wir hatten Glück, dass wir | |
mit 0:0 in die Halbzeit gingen“, erklärte Braunschweigs Sportdirektor Marc | |
Arnold nach der Partie. | |
Mit mehr Biss und neuem Elan kam die Mannschaft aus Niedersachsen | |
unmittelbar nach Wiederanpfiff kurz hintereinander zu zwei ersten | |
nennenswerten Chancen durch Gerrit Holtmann und Emil Berggreen. | |
Fortan verlief das Spiel auf Augenhöhe und hätte kurz vor Schluss, als die | |
Hamburger nachließen, durch den gerade eingewechselten Orhan Ademi für | |
Braunschweig entschieden werden können: Doch Hamburgs Torhüter Robin | |
Himmelmann entschärfte den Schuss des Braunschweigers mit einer | |
Glanzparade. „Sowohl St. Pauli als auch wir müssen uns bei unseren | |
Torhütern bedanken, dass es am Ende bei einem 0:0 geblieben ist“, | |
analysierte Braunschweigs Trainer Thorsten Lieberknecht. | |
Ohne Torerfolg, aber auch ohne Bild-Aufdruck auf dem Ärmel verließen die | |
Spieler nach 92 Minuten den Rasen. St. Pauli hatte sich bereits Mitte | |
voriger Woche geweigert, sich an der „Wir helfen“-Aktion für Flüchtlinge … | |
beteiligen und diesen Schriftzug samt Logo des Boulevardblatts zu tragen. | |
Bild-Chef Kai Diekmann hatte diese Absage veranlasst, dem Verein | |
vorzuwerfen „kein Herz für Flüchtlinge zu haben“ und ihn in einem Atemzug | |
mit der rechtspopulistischen AfD zu nennen. | |
Die Denunziation aus des Chefredakteurs Mund aber entpuppte sich als | |
Eigentor: Weitere neun Zweitliga-Clubs folgten der Absage der St. | |
Paulianer, darunter zuletzt auch Braunschweig. In den Fanforen beider | |
Vereine wurde der Bild-Boykott begrüßt und dem Boulevardblatt vorgeworfen, | |
das Leid der Flüchtlinge für das eigene Image zu instrumentalisieren. | |
Sportlich kann die Eintracht trotz der Punkteteilung nach sieben Spieltagen | |
ein positives Zwischenfazit ziehen. Nach den Abgängen mehrerer | |
Leistungsträger hat sich die neu formierte Mannschaft gefunden. Vor allem | |
die auf der Doppel-Sechs eingesetzten Mirko Boland und Adam Matuschyk geben | |
dem Spiel der Braunschweiger Struktur. | |
Auch die Hamburger, die Tabellenplatz drei mit dem Unentschieden | |
verteidigen konnten, haben einen erstaunlichen Entwicklungsschub hinter | |
sich. Angetrieben durch den erneut äußerst agilen Rzatkowski ist das Team | |
zu einer Einheit verwachsen: Die Abwehr steht meist sicher und im Spiel | |
nach vorne dominieren Ruhe und Ballsicherheit. Können beide Teams diese | |
Form konservieren, könnten sie beim Kampf um die begehrten ersten drei | |
Plätze ein Wörtchen mitreden, ohne gleich als Aufstiegsfavoriten zu gelten. | |
20 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Arne Schrader | |
Marco Carini | |
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