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# taz.de -- Promo-Aktion der Bild-Zeitung: Die Möglichkeit zum Widerspruch
> Ein Drittel der Zweitligavereine stellt sich mit guten Argumenten gegen
> die Deutsche Fußball-Liga. Der Beginn einer neuen Debattenkultur?
Bild: Die Fans von Borussia Dortmund wollen sich nicht instrumentalisieren lass…
Geschlossenheit ist der Deutschen Fußball-Liga wichtig. Wenn es unter den
36 besten Profivereinen etwas zu beschließen gilt, dann hebt die DFL stets
die große Geschlossenheit hervor, mit der Entscheidungsvorlagen
durchgewunken werden. Seit dieser Woche jedoch kann man von einer neuen
Offenheit im deutschen Fußball sprechen.
Der FC St. Pauli traute sich als erster Verein, der Bitte der DFL, sich an
der Flüchtlingskampagne der Bild-Zeitung „Wir helfen“ zu beteiligen, eine
Absage zu erteilen. Dem Beispiel folgten mit Union Berlin, dem SC Freiburg,
VfL Bochum, MSV Duisburg weitere Vereine. Auch der 1. FC Nürnberg erklärte,
man fände zwar die Bild-Aktion gut, man werde aber am Wochenende auf eine
„besondere Promotion des Medienpartners“ verzichten. Der Umgang des
Boulevardblattes mit der Absage von St. Pauli war den Klubs unangenehm
aufgestoßen. Kurzum: ein Drittel der Vereine der Zweiten Liga leisteten
sich eine eigene Position.
Es wäre gewiss übertrieben, von einem demokratischen Aufbruch zu sprechen.
Erst der diffamierende Tweet des Chefredakteurs der Bild-Zeitung Kai
Diekmann „Kein Herz für Flüchtlinge: Schade eigentlich, @fcstpauli!“ hat
einige Klubs aufgebracht. Ansonsten wären außer dem Kiezklub wohl am
Wochenende alle anderen Vereine mit dem Bild-Logo aufgelaufen. Man hätte es
vermutlich nach dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“ hingenommen, Teil
einer Promotionaktion des Springer-Verlags zu sein.
Doch dank Diekmanns populistischer Ader hat sich vielen Vereinen ein neuer
Horizont eröffnet: die Möglichkeit des Widerspruchs. Eine Entdeckung, die
bislang nur den Zweitligisten vorbehalten war. Der Konformitätsdruck im
Oberhaus ist offenbar noch einmal größer.
## Neue Debattenkultur
Aber erstmals gerieten auch diese Vereine in die ungewohnte Rolle, sich für
ihre mehrheitsfähige Entscheidung zu rechtfertigen. Auch das ist ein Teil
einer neuen Debattenkultur. Hertha BSC begründete seine Unterstützung der
Kampagne unter anderem damit, man sei „Teil einer Solidargemeinschaft“. Und
der FSV Mainz erklärte: „Der Wert des gemeinsamen Signals zugunsten der
Flüchtlinge steht für uns über der aktuell geführten Diskussion.“
Der FC St. Pauli, der mit seinem Engagement für Flüchtlinge eine
Vorreiterrolle einnimmt, wurde von diesen Vereinen im Unterschied zur
Bild-Zeitung offenbar nicht als vollwertiges Mitglied der
Solidargemeinschaft erachtet. Ansonsten wäre ein öffentlich distanzierendes
Statement von DFL und allen Klubs das Mindeste gewesen, was nach den
Angriffen von Diekmann hätte erfolgen müssen. Spätestens zu diesem
Zeitpunkt hätte allen klar sein müssen, dass der Springer-Verlag den
Fußball und die Not der Flüchtlinge als Marketingplattform nutzen möchte.
Einige Vereine mögen überzeugt sein, dass man diese Kröte im Sinne der
Sache durchaus auch mitschlucken kann. Andere aber haben gute Argumente,
warum derlei Verquickungen nicht zu akzeptieren sind. Bislang wurden solche
Auseinandersetzungen im deutschen Fußball nicht offen ausgetragen. Was
spricht aber gegen einen Wettstreit um die besseren Argumente? Die
Geschlossenheit wird von der DFL maßlos überschätzt.
18 Sep 2015
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Flüchtlinge
Bild-Zeitung
DFL
Fußball
St. Pauli
Flüchtlinge
St. Pauli
Schwerpunkt Flucht
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