# taz.de -- Die Wahrheit: Versteinerte Weichheit | |
> Dass die Sachsen nie vollständig unterworfen oder gar zivilisiert wurden, | |
> rächt sich nun bitterlich. Tribalismuskunde tut not. | |
Mit Verwunderung blickt ganz Deutschland auf einen kleinen Flecken am Rande | |
der Republik: Sachsen. Ein Bundesland, das bislang nur für eine | |
sympathische Sprachbehinderung seiner Einwohner und den Schnauzbart von | |
Wolfgang Stumph bekannt war. Das abgelegene Ländchen steht nun plötzlich | |
mitten im Licht jener brennenden Flüchtlingsheime, die allnächtlich von | |
jungen Sachsen angezündet werden. Tagsüber melden sich derweil besorgte | |
Sachsen mit kritischen Anmerkungen zur Migrationspolitik wie „Mistvieh!“, | |
„Hure!“ oder „Fotze!“ zu Wort. Was ist bloß los im Freistaat? | |
Erstaunt und erschrocken müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich mitten | |
in Deutschland schleichend eine Parallelgesellschaft gebildet hat. Unter | |
unseren Augen und doch unbemerkt ist sie entstanden. Die sächsische | |
Parallelgesellschaft hat inzwischen eigene Gesetze: Grundrechte wie die | |
Demonstrationsfreiheit gelten nicht mehr. Das Recht auf Leben und | |
körperliche Unversehrtheit ist mitnichten überall sicher. In viele national | |
befreite Zonen traut sich die deutsche Polizei schon nicht mehr hinein. | |
Stattdessen patrouilliert dort der Heimatschutz, eine Art Schariapolizei, | |
deren Heilige Schrift jedoch von einem Propheten aus Braunau am Inn | |
verfasst wurde. | |
Dieser Bürgerwehr gelten demokratische Werte und die christliche Kultur | |
nichts mehr. Gegrüßt wird mit erhobener Rechter, gebetet wird zu Wotan und | |
Thilo Sarrazin. Selbst grundlegende Errungenschaften der Zivilisation, so | |
etwa die Rechtschreibung und die Grammatik, scheinen in der sächsischen | |
Parallelgesellschaft vergessen. Es ist nicht verwunderlich, dass erste | |
Stimmen einen Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik fordern. | |
Einigen Einheimischen wäre eine solche Sezession auch ganz recht. Nach dem | |
Vorbild des Islamischen Staates (IS) könnten sie sich dann unbeschwert an | |
die Errichtung eines Sächsischen Staates (SS) machen. Einigen Sachsen juckt | |
es erkennbar schon in den Fingern, Relikte einer überwundenen Fremdkultur | |
wie Parlamente und Zeitungsredaktionen endlich in die Luft jagen zu können. | |
## Blick zurück | |
Will man das Rätsel Sachsen lösen, muss man in die Geschichte schauen. Denn | |
auch die Sachsen selbst richten ihren Blick am liebsten zurück in die gute | |
alte Zeit. Es war im Mittelalter, als sich am Fuße des Erzgebirges und im | |
Tal der Elbe Germanen und Slawen zur fröhlichen und friedlichen | |
Völkervereinigung trafen. So entstanden die Sachsen, die ihren | |
multikulturellen Ursprung leider über die Jahrhunderte ein wenig verdrängt | |
haben. Da wir schon einmal bei der Völkerpsychologie sind, wollen wir auch | |
sogleich den Charakter des Sachsen an und für sich bestimmen: Er zeichnet | |
sich durch eine etwas süßliche Weichheit aus. | |
Die Eierschecke, eine für Fremde ungenießbare sächsische Kuchenspezialität, | |
kann als Symbol dieser Eigenart dienen. Auch beim Sprechen seines Dialekts | |
kaut der Sachse grundsätzlich alle Gonsonanden weich. Die Sachsen, sie | |
lieben es gemütlich, sie schlemmen und feiern gern, sie schätzen das | |
Schöne. Kampf und Arbeit sind ihnen lästige Pflicht, darum sind sie auch | |
friedvoll und umgänglich – zumindest für gewöhnlich. | |
Als Häuptlinge wählte sich der Stamm der Sachsen auch eher gemütliche | |
Herrscher. Die verloren zwar alle ihre Kriege, bewiesen aber Sinn für | |
Schönheit und Lebensart, indem sie Künstler und Huren üppig mit Aufträgen | |
versorgten. So wuchs Sachsens Glanz, während Preußen das Gloria eroberte. | |
Der berühmteste der sächsischen Herrscher ward August der Starke genannt, | |
denn er konnte Hufeisen mit den bloßen Händen verbiegen und | |
Keuschheitsgürtel mit den bloßen Zähnen aufbeißen. | |
## Starker August | |
Ungefähr eine halbe Million Kinder mit mehreren Frauen soll August der | |
Starke gezeugt haben – die männlichen Sachsen lieben ihn noch heute für | |
diese Leistung. Sie selbst kommen über anderthalb Kinder mit einer | |
Partnerin nicht mehr hinaus, was umso unverständlicher ist, als sächsische | |
Frauen völlig zu Recht als attraktive Geschöpfe gelten. | |
Spaziert man an einem sonnigen Sonntag durch Dresden, sieht man die Sachsen | |
friedvoll und gelassen am Strand der Elbe lagern. Kaum glaublich scheint es | |
bei diesem Anblick, dass am folgenden Tag einige eben dieser Sachsen | |
zornentbrannt aufmarschieren, einem Lügner und Banditen zujubeln und gegen | |
„Volksfahrräder“ anbrüllen werden. Doch es ist so. | |
Hier wird die Schattenseite des sächsischen Charakters sichtbar: Weichheit | |
versteinert zu unnachgiebiger Härte, übermäßige Süße verdirbt zu Bitterni… | |
Die vielen politischen und militärischen Niederlagen haben den Sachsen | |
nämlich trotz kultureller Blüte auch einen Minderwertigkeitskomplex in die | |
Seele gepflanzt und ein Misstrauen gegen alle Invasoren. | |
Man lache nicht über solch historische Erklärung: Die Preußen mögen den | |
Siebenjährigen Krieg und den Wiener Kongress längst vergessen haben, die | |
Sachsen aber haben weder vergessen noch vergeben! Erst recht nicht die | |
ständige Bevorzugung Ost-Berlins zu Zeiten der DDR! So fürchtet der Sachse | |
auch heute noch beständig, wieder einmal von Fremden verarscht oder | |
bestohlen zu werden. | |
## Dynastie der Bachmänner | |
Wie passt dies aber damit zusammen, dass Sachsen so viele Fremde als | |
Touristen recht gern begrüßt? Leider recht einfach: Viele Sachsen haben es | |
sich angewöhnt, jene Fremden, denen man Geld aus der Tasche ziehen kann, | |
freundlich willkommen zu heißen, jene Fremden aber, die Hilfe brauchen, | |
verärgert von sich zu weisen. | |
Nach ihrer Nützlichkeit beurteilte schon der anonyme Autor des Buches | |
„Dresden, wie es ist, und wie es seyn sollte“ im Jahre 1800 die Menschen: | |
„Es ist ganz natürlich, daß es an Fremden in einer Residenz, besonders in | |
Dresden, wo so viele Merkwürdigkeiten zu sehen sind, nicht fehlen kann. | |
Aber gerade diese Klasse bringt der Stadt eher Nachtheil als Vortheil.“ | |
Auch noch andere Fremde störten ihn: „Juden werden von Tage zu Tage mehr, | |
und auf allen Straßen wird man von solchen Leuten angefallen.“ | |
Ob dieser anonyme Autor die Dynastie der Bachmänner begründete? Touristen | |
werden heute von den Sachsen im Allgemeinen zwar etwas günstiger beurteilt. | |
Wer aber einmal in einem der teuren und recht geschmacklosen Restaurants in | |
der Dresdner Altstadt gespeist hat, dem wird vielleicht aufgefallen sein, | |
wie sich unter der übersüßen Freundlichkeit der unterbezahlten Kellnerin | |
nur mühevoll eine bittere Aggressivität verbarg. | |
## Sachsen werden gebraucht | |
Was sollen die Sachsen nun machen, da ihr Ruf vorerst ruiniert ist? Bleibt | |
ihnen vielleicht nur die Auswanderung, die Flucht nach Russland unter den | |
Schutz Wladimir Putins? Erst einmal kann Entwarnung gegeben werden: Die | |
Sachsen werden auch in Deutschland weiter gebraucht. Und zwar von jenen | |
hässlichen Deutschen, die sich gleich ein wenig hübscher vorkommen, wenn | |
sie mit dem Finger auf hässliche Sachsen zeigen. | |
Nicht nur Ausländer kann man abschieben, sondern auch den Rassismus. Wer | |
sich einen guten Anwalt leisten, wer beim Abgeordneten seines Vertrauens | |
anklingeln kann, um ein Flüchtlingsheim zu verhindern, der muss es | |
natürlich nicht anzünden. Und kann ganz befreit auflachen über alle | |
Untermenschen, sächsische und nichtsächsische. | |
12 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Michael Bittner | |
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