# taz.de -- Kommentar Merkels Worte gegen Nazis: Das reicht nicht | |
> Schuld an den realen deutschen Zuständen haben andere – das will die | |
> Kanzlerin der Öffentlichkeit weismachen. Das Leiden der Flüchtlinge | |
> verschweigt sie. | |
Bild: Bleibt eher im Bundestag sitzen als sich nach Heidenau aufzumachen: Angel… | |
Nein, das reicht nicht. Bei weitem nicht. Die Kanzlerin hat sich zu den | |
dramatischen Ereignissen im sächsischen Heidenau geäußert, ja. Sie hat | |
starke Worte benutzt, ja. Sie hat sich gegen die Gewalttäter gestellt, ja. | |
Und gegen deren Mitläufer, die braven Bürger, die keine Nazis sein wollen. | |
Ja. Aber. Das reicht nicht. | |
Die Äußerungen von Angela Merkel am Montagabend, die fast wortgleich wenige | |
Stunden zuvor bereits ihr Sprecher Steffen Seibert getätigt hatte, streifen | |
allenfalls das fundamentale Problem der zunehmenden rechten Gewalt in | |
diesem Land. Sie ignorieren den riesigen Bedarf an konkreter Hilfe. Sie | |
verschweigen das Leiden der Flüchtlinge. Und sie lassen all jene unerwähnt, | |
die in diesen Wochen die Arbeit leisten, die Länder und Kommunen in ihrer | |
Überforderung nicht mehr zu leisten im Stande sind. Kein Wort der Kanzlerin | |
zu denen, die dieser Tage die Demokratie schützen, indem sie Wasser | |
reichen, Decken ausgeben oder spenden. Das ist bitter. | |
Stattdessen sucht die Bundeskanzlerin die Verantwortung bei anderen. Sie | |
fordert gemeinsame europäische Standards für „Rückführungen“ in so gena… | |
sichere Drittstaaten. Sie spricht sich für eine „faire Lastenverteilung in | |
Europa“ aus. Sie droht, sie werde die EU-Kommission auffordern, EU-Staaten | |
zum Einhalten der Standards für Flüchtlinge zu drängen. Doch dieses | |
halbamtliche „Unsere Schuld ist es jedenfalls nicht“ geht weit vorbei an | |
den realen deutschen Zuständen. | |
Dass gewaltbereite Nazis den öffentlichen Raum in eine Zone der Gewalt | |
verwandeln, zeigt doch nur, dass diese Leute sich einer breiten Akzeptanz | |
sicher scheinen. Die Kanzlerin mag das anders bewerten, wenn sie sagt, sie | |
freue sich, dass „die übergroße Mehrheit“ die Sache so sieht wie sie. Aber | |
was genau sieht sie denn eigentlich von der Realität? | |
Nach wie vor zeigt sie sich nicht vor Ort, etwa in einem Flüchtlingsheim, | |
einer Erstaufnahmestelle. In Sachsen errichtet die Polizei eine | |
Sicherheitszone für die Hilfesuchenden. In Baden-Württemberg brennt ein | |
geplantes Asylbewerberheim nieder. In Berlin urinieren Rechtsextreme in der | |
S-Bahn auf Kinder. Das ist alles so widerlich. Ein deutscher Sommer der | |
Schande. Aber doch auch ein deutscher Sommer der Helfer. Die Kanzlerin | |
sollte jetzt ganz nah bei Letzteren stehen. | |
24 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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