# taz.de -- Geflüchtete in Deutschland: SPD will mehr Geld für Kommunen | |
> Sigmar Gabriel verlangt Mehrausgaben des Bundes. Die Grünen fordern von | |
> Angela Merkel eine klare Stellungnahme zu rassistischen Auschreitungen. | |
Bild: Der Bund soll für die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten, wi… | |
Berlin dpa/rtr | Angesichts der wachsenden Flüchtlingszahlen fordert die | |
SPD mehr Geld des Bundes für die Kommunen. „Wir müssen unsere Asyl- und | |
Integrationspolitik deutlich ändern“, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar | |
Gabriel am Samstag in seinem Video-Podcast. So müsse der Bund den Gemeinden | |
die Kosten für die Unterbringung abnehmen. Es könne nicht sein, dass ein | |
Land wie Deutschland Zeltstädte baue und keine vernünftige medizinische | |
Erstversorgung aufbaue. | |
In einem ARD-Interview warnte Gabriel außerdem davor, die Kommunen | |
finanziell zu überfordern. So müssten dringend Wohnungen nicht nur für | |
Flüchtlinge gebaut werden. „Es darf in Deutschland nicht der Eindruck | |
entstehen, dass man für einen Teil alles und für andere, denen es auch | |
nicht gutgeht, gar nichts macht.“ | |
Scharf kritisierte der Wirtschaftsminister den Umgang Europas mit der | |
Krise. „Ich finde, es ist eine Riesenschande, dass eine Mehrzahl der | |
Mitgliedstaaten sagt: Das geht uns nichts an.“ Die EU sei keine Zugewinn-, | |
sondern eine Wertegemeinschaft. Die offenen Grenzen seien gefährdet, wenn | |
auf Dauer der Eindruck entstehe, nur Schweden, Österreich und Deutschland | |
nähmen viele Flüchtlinge auf. Ein Rückfall in ein Europa ohne offene | |
Grenzen würde dramatische Folgen haben. | |
„Deutschland kann natürlich eine so große Zahl von Flüchtlingen, wie sie | |
jetzt kommt, aufnehmen“, sagte Gabriel. „Aber wir können das natürlich | |
nicht unendlich.“ | |
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) dringt ebenfalls auf | |
schnelle finanzielle Hilfen des Bundes bei der Unterbringung. „Wenn der | |
Eindruck entsteht, dass die Städte und Kommunen überfordert sind, besteht | |
die Gefahr, dass die positive Stimmung kippt“, sie dem Berliner | |
„Tagesspiegel am Sonntag“. | |
## Flüchtlingsgipfel im September | |
Bislang hat der Bund den Ländern und Kommunen für dieses Jahr eine | |
Milliarde Euro an Entlastung zugesagt. „Das reicht sicher nicht aus“, sagte | |
der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, dem | |
Magazin Focus. „Wir erwarten eine deutliche Aufstockung der Mittel.“ Mit | |
Blick auf den Winter bräuchten die Kommunen außerdem „dringend ein | |
Bauprogramm, das mit mindestens zwei Milliarden Euro ausgestattet sein | |
sollte“. | |
Nach der jüngst nach oben korrigierten Prognose rechnet das Bundesamt für | |
Migration und Flüchtlinge mit der Rekordzahl von 800.000 Asylbewerbern in | |
diesem Jahr. Die damit verbundenen Kosten – 2014 waren es etwa 2,2 | |
Milliarden Euro – dürften sich vervielfachen. Ab 2016 will sich der Bund | |
dauerhaft an den Kosten beteiligen, gekoppelt an die Zahl der Flüchtlinge. | |
Am 24. September wollen Bund und Länder ihr weiteres Vorgehen bei einem | |
Flüchtlingsgipfel beraten. | |
DGB-Chef Hoffmann Reiner Hoffmann forderte die Bundesregierung auf, | |
angesichts der Flüchtlingskrise ihre haushaltspolitischen Ziele aufzugeben. | |
Wenn man den Kommunen finanziell ausreichend helfen wolle, könne man nicht | |
an der schwarzen Null festhalten, sagte er dem SWR. | |
## Grüne warnen vor neuem rechten Terror | |
Schwesig kritisierte den Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de | |
Maizière (CDU), Geldleistungen für Asylbewerber zu überdenken, etwa das | |
Taschengeld. Mit der Diskussion lenke man von dem eigentlichen Problem ab: | |
„Nämlich dass die Asylverfahren nicht schnell genug bearbeitet werden“. | |
Und: Mit der Forderung nach mehr Sachleistungen „suggeriert man den | |
Bürgern, die Flüchtlinge kämen alle nur wegen 140 Euro Taschengeld nach | |
Deutschland“. Die meisten kämen aber, weil sie vor Krieg und Vertreibung | |
fliehen, sagte sie dem Tagesspiegel. | |
Währenddessen warnen die Grünen nach den Krawallen von Rechtsextremen und | |
Rassisten im sächsischen Heidenau vor einem neuem rechten Terror und pochen | |
auf ein Eingreifen der Bundeskanzlerin. „Die Zögerlichkeit von Angela | |
Merkel, hier die richtigen Worte zu finden, kann ich nicht mehr verstehen“, | |
erklärte am Sonntag die Fraktionschefin im Bundestag, Katrin | |
Göring-Eckhardt. | |
Auch der sächsischen Landesregierung machte sie Vorwürfe. „Einzelne | |
Krawalle kann man nie ausschließen. Wenn aber ein rechter Mob in zwei | |
Nächten nacheinander Menschen bedrohen kann, dann ist das Gewaltmonopol des | |
Staates in Gefahr. Heidenau ist eine direkte Folge der falsch verstandenen | |
Toleranz der sächsischen Landesregierung gegenüber Pegida.“ | |
23 Aug 2015 | |
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