| # taz.de -- Sommerreise der Familienministerin: Und zum Schluss gibt‘s Hanuta | |
| > Auf ihrer Sommerreise kommt Bundesministerin Schwesig gut an. Das | |
| > provoziert die Frage nach ihrer Tauglichkeit als Kanzlerkandidatin. | |
| Bild: In einer Heidelberger Flüchtlingsunterkunft: Manuela Schwesig (SPD) unte… | |
| MITTELRHEIN taz | „Hallo, ich bin die Manuela, ich bin eure | |
| Kinderministerin. Wisst ihr, was das ist?“ Ein vielstimmiges „Nee“ ist die | |
| Antwort. Und dann erklärt SPD-Familienministerin Manuela Schwesig den | |
| Kindern in der Wormser Kita „Kindertreff 93“, dass sie macht, dass die | |
| Kinder in diese schöne Kita gehen können. Das zugehörige aufgestellte | |
| Plakat des Ministeriums gerät im Wind in eine gefährliche Schieflage und | |
| wird vom örtlichen Bundestagsabgeordneten gerettet. Fürs Foto nimmt die | |
| Ministerin ein kleines Mädchen auf den Schoß, schöne Bilder werden das. Und | |
| zum Schluss gibt’s Hanuta für alle. | |
| Manuela Schwesig ist auf Sommerreise in Rheinland-Pfalz. Worms, | |
| Ludwigshafen, Heidelberg. Kitas besuchen, mit Ministerpräsidentin Malu | |
| Dreyer bei heimischem Hirschkalb die Lage erörtern, Fest im Flüchtlingsheim | |
| in Heidelberg. Nicht nur die mitgereisten 15 JournalistInnen sorgen dafür, | |
| dass der Reise die Inszenierung immer mit innewohnt. Hier sammelt jemand | |
| auch Erfolge ein: die Kita, Migrationsanteil 80 Prozent, hat einen | |
| Sprachförder-Schwerpunkt, den hat Schwesig ermöglicht. BASF baut seine | |
| Betriebskitas aus, 250 Plätze sollen es werden. | |
| Und damit auch klar wird, dass Schwesig weitere Herausforderungen nicht | |
| scheut, stehen auch die Flüchtlinge auf dem Programm. Natürlich eine | |
| Unterkunft in Heidelberg, die nicht überlastet ist, nichts erinnert an | |
| überfüllte Turnhallen. Aber hier ist es dennoch so, dass Inszenierung und | |
| Inszenierte nur noch wenig miteinander zu tun haben. Die Caritas und die | |
| örtliche SPD haben ein Sommerfest organisiert. Unter einem Zeltdach werden | |
| Reden gehalten. Drumherum stehen viele Flüchtlinge, die erkennbar nichts | |
| verstehen. Nur die Kinder stellen ihre Deutschkenntnisse unter Beweis: | |
| „Komm, wir spielen Krieg!“, ruft eines beglückt, „Ratatatatatata“, mac… | |
| sein mündliches Maschinengewehr. | |
| Samrait, 18, aus Eritrea, steht mit zwei Freundinnen am Rand. Auch sie ist | |
| wie viele junge Eritreer vor dem Zwangsmilitärdienst in ihrer Heimat | |
| geflohen. Damit die Mutter keine Repressalien zu befürchten hat, ist sie | |
| heimlich aufgebrochen. Friseurin will sie werden, ihre geflochtene und | |
| raffiniert rot gefärbte Frisur zeugt von ihrem Ehrgeiz. Schon anderthalb | |
| Jahre ist sie hier, ihr Asylverfahren immer noch nicht abgeschlossen. | |
| ## „Netter Versuch“ | |
| Schnellere Verfahren. Und schnellere Rückführung für Menschen, etwa aus den | |
| westlichen Balkanländern, die kaum eine Chance auf Asyl haben. Darauf hat | |
| sich die SPD-Spitze verständigt, das beschwört Schwesig wie ein Mantra. Man | |
| hofft durch die Abspaltung der vielen schlecht begründbaren Anträge, die | |
| Zahl irgendwie akzeptabler aussehen zu lassen. Schwesig kritisiert den | |
| CDU-Innenminister, der die offizielle Schätzung zu spät korrigiert habe: | |
| „Und nun stehen wir da, die Probleme stapeln sich und wir haben noch nichts | |
| davon abgeräumt.“ | |
| Schwesig, die Problemabräumerin. Abends beim Essen mit Malu Dreier stellen | |
| die JournalistInnen ihre typischen JournalistInnenfragen: die Lage der SPD, | |
| die unglückselige Kanzlerkandidatendebatte mitten im Sommerloch und daran | |
| anschließend dann schließlich die Frage, ob Schwesig nicht vielleicht? | |
| „Netter Versuch“, ist die Antwort. | |
| Aber Schwesig, das ist nicht zu leugnen, gewinnt sichtlich an Gewicht: Ihre | |
| Projekte hat sie hartnäckig verwirklicht, vom erweiterten Elterngeld bis | |
| zur Quote. Und sie hat bisher mit der Familienarbeitszeit (ein befristeter | |
| Lohnersatz, wenn beide Eltern Teilzeit arbeiten) das klügste Konzept | |
| vorgelegt, um der gehetzten Mitte das Leben zu erleichtern, der Mitte also, | |
| bei der die SPD in Zukunft auf Stimmenfang gehen will. | |
| Bei den Beliebtheitswerten hat sie Ursula von der Leyen längst überholt. | |
| Und auch, wenn sie oft klingt wie ein Argumenteautomat – ihre Bilanz lässt | |
| sich sehen. Also, K-tauglich? Wenn Merkel, auch nicht gerade ein | |
| Kommunikationsgenie, das schaffen konnte, kann Schwesig es auch. | |
| Theoretisch. Praktisch ist da die SPD davor, die zum einen noch nie gewagt | |
| hat, eine Frau zu küren, und zum anderen noch jeden Kandidaten | |
| kaputtgeredet hat. | |
| 23 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
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