Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Internationale Werbekampagne reduziert: Sachsen schämt sich ein bi…
> Die Dresdner Staatskanzlei fährt die Imagekampagne wegen der
> rassistischen Übergriffe zurück. Die Ruf des Landes ist längst schon
> ramponiert.
Bild: Sächsisch geht gerade nicht so gut: Ministerpräsident Tillich beim „T…
Dresden taz | „Großes braucht keine großen Worte“: So ist ein TV-Spot
überschrieben, der kommentarlos einige nur für Eingeborene decodierbare
Bilder aus Sachsen zeigt. Er ist Teil einer 2013 begonnenen internationalen
Werbekampagne der Sächsischen Staatsregierung mit dem Titel „So geht
sächsisch“, die die Agentur Ketchum Pleon gestaltet.
Angesichts der großen Pegida-Aufmärsche und des bundesweiten Spitzenplatzes
von Sachsen bei fremdenfeindlichen Aktionen sind nun vielen innerhalb und
außerhalb Sachsens tatsächlich die Worte weggeblieben. Man schämt sich auch
in der Staatskanzlei ein bisschen und fährt nun die Kampagne deutlich
herunter. So wird künftig beispielsweise auf die 10.000 Großplakate
verzichtet, die in ganz Europa geklebt wurden. Sogar in London waren
Doppelstockbusse mit der Werbung „Simply Saxony“ unterwegs.
Der Mythos vom hochtalentierten sächsischen Übermenschen spielte vor allem
in der Ära von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf nach der Wende eine Rolle.
Mit dem Verweis auf überragende technische und künstlerische Leistungen in
der Vergangenheit sollte den Sachsen angesichts der Schwierigkeiten zu
Beginn der 1990er Jahre Mut eingeflößt und Investoren zugleich der Boden
bereitet werden. „Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus“, behauptete
Biedenkopf damals unter anderem.
Die schwarz-gelbe Koalition hielt dann 2013 eine ähnliche Kampagne für
angebracht und stellte für vier Jahre eine Summe von 32 Millionen Euro in
den Landeshaushalt ein. Die SPD, die seit dem Vorjahr Koalitionspartner der
CDU ist, war damals vehement gegen einen solchen Aufwand.
## Mehr Zurückhaltung sei angebracht
Nunmehr hat in der CDU-geführten Staatskanzlei selbst das große Nachdenken
eingesetzt. „Wir überprüfen regelmäßig gemeinsam mit der Agentur die
Kampagne“, sagt Regierungssprecher Christian Hoose.
Dabei seien er und der engere für Öffentlichkeitsarbeit zuständige
Mitarbeiterkreis zu dem Schluss gekommen, dass angesichts der gegenwärtig
aus Sachsen kommenden Bilder mehr Zurückhaltung angebracht sei.
Ganz einstellen wolle man die Werbung für den Freistaat aber nicht. Das
wäre „kontraproduktiv“ und käme auch einer Kapitulation vor dem „braunen
Mob“ gleich. Zahlreiche Partnerunternehmen aus der Wirtschaft nutzten die
Internet-Spots, und auf Facebook gefällt die Kampagne mehr als 52.000
Usern.
Diesen Teilrückzug trägt auch der Koalitionspartner mit. Die
stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Hanka Kliese, hielte
eine völlige Einstellung auch für unangebracht. Ein „Weiter so!“ könne es
aber auch nicht geben. „Die Grundwerte und Tugenden wie Herzlichkeit und
Gastfreundschaft, die diese Kampagne mit den Sachsen verbindet, sind
besonders in den vergangenen Wochen infrage gestellt worden“, sagte sie der
taz.
Es gibt deshalb auch SPD-Stimmen, die auf die an Selbstparodierung
grenzende Eigenwerbung ganz verzichten möchten.
## Werbung in Zeitschrift
Von heute auf morgen ginge das nicht. Soeben ist die Zeitschrift Die Bunte
mit einem Einleger erschienen, wo sich der Schauspieler und Sänger Jan
Josef Liefers für seine alte Heimat stark macht. Aktionen wie alljährlich
zu Weihnachten und für den 25. Jahrestag der Deutschen Einheit sind bereits
angelaufen.
Anders als in Sachsen-Anhalt, wo die von vielen als Kabarettnummer
empfundene „Frühaufsteher“-Kampagne eingestellt wurde, gibt es in Sachsen
triftige politische Gründe und alarmierende Fakten. Dazu zählt nicht nur
die Reisewarnung des US-Außenministeriums auf dem Höhepunkt der
Pegida-Demonstrationen. Die Zahl der Dresden-Touristen ist in den ersten
vier Monaten dieses Jahres um fünf Prozent gesunken.
Von der Aberkennung des Welterbetitels 2009 infolge des Streits um die
Waldschlösschenbrücke hatten sich Besucher hingegen noch unbeeindruckt
gezeigt. Nun spricht die Dresden Marketing GmbH vom „Pegida-Effekt“. Auch
Universitäten und Forschungsinstitute beobachten eine zunehmende
internationale Distanzierung von Sachsen.
Die neue sächsische Bescheidenheit indiziert aber auch Veränderungen und
neue Nachdenklichkeiten in der sächsischen CDU. Beim Treffen der
Ostministerpräsidenten am Wochenende hatte Stanislaw Tillich in so lange
nicht gehörter Deutlichkeit eingeräumt, dass Sachsen seit Jahren ein
rechtsextremes Problem habe.
31 Aug 2015
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Pegida
Sachsen
Stanislaw Tillich
Schwerpunkt Ostdeutschland
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Pegida
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Flüchtlinge
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Protest gegen Pegida geplant: Dresden muss sich entscheiden
Pegida wird wieder größer. Kurz vor dem ersten Jahrestag der
fremdenfeindlichen Bewegung formiert sich in Dresden neuer Widerstand.
Rechte Demonstrationen in Sachsen: Selbsternannte Patrioten
In Sachsen protestieren Rechte gegen Flüchtlinge und bilden eine
Menschenkette an der tschechischen Grenze. Bei Pegida in Dresden
marschieren 9.000 Menschen.
Anklage gegen Pegida-Gründer: Zum Hass aufgestachelt
Lutz Bachmann bezeichnete Ausländer auf Facebook als „Viehzeug“. Nun hat
die Dresdener Staatsanwaltschaft Anklage wegen Volksverhetzung erhoben.
Folge von fremdenfeindlichen Protesten: Die Menschen meiden Dresden
Die Zahl der Übernachtungen ging im ersten Halbjahr 2015 zurück. Vor allem
Jugendgruppen mit vielen ausländischen Kindern stornierten ihre Reise.
Sind Ossis fremdenfeindlicher als Wessis?: „Die Aggressivität ist besonders …
Der Streit geht weiter: Im Osten fehle die Erfahrung mit der Migration,
meint nun der Sprecher der Länderinnenminister.
Evangelischer Theologe in Sachsen: Fragwürdiger Bischof
Carsten Rentzing ist das neue Oberhaupt der sächsischen Protestanten. Er
beharrt darauf, die Bibel wörtlich zu nehmen.
Nach den Ausschreitungen in Heidenau: Eine neue Dimension der Gewalt
Sachsens Verfassungsschutz macht der NPD Vorwürfe. Unterdessen wehren sich
verschiedene Landeschefs gegen das Nazi-Image Ostdeutschlands.
Kommentar Heidenau: Beschämend und abstoßend
Ein Versammlungsverbot? Weniger demokratisches Grundverständnis geht kaum
noch. Beruhigend nur, dass sogar Konservative sich empören.
Thierse wegen Äußerungen angezeigt: „Das ist sächsische Demokratie“
Ein Polizist hat Wolfgang Thierse wegen Äußerungen und wegen seiner
Beteiligung an Anti-Nazi-Protesten in Dresden angezeigt. Staatsanwaltschaft
Dresden prüft Aufhebung der Immunität.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.