| # taz.de -- Rüstungsexporte nach Mexiko: Aktivistin mit Sig-Sauer-Waffe getöt… | |
| > Recherchen der taz bestätigen: Zwölf Menschen sind mit einer Pistole P239 | |
| > getötet worden. Die Herkunft der Waffe ist umstritten. | |
| Bild: Frauenrechtlerin Marisela Escobedo starb durch die Sig Sauer: Gedenkmarsc… | |
| Berlin taz | Rüstungsgegner erheben schwere Vorwürfe gegen den | |
| Waffenhersteller Sig Sauer. Mit einer Pistole der Firma, die nach Mexiko | |
| geliefert worden sei, seien zwölf Menschen getötet worden. Dafür trage das | |
| Unternehmen Verantwortung, kritisieren der Friedensbewegte Jürgen Grässlin | |
| sowie der Rechtsanwalt Holger Rothbauer und stellten am 27. August bei der | |
| Kieler Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die Eckernförder Pistolenbauer. | |
| Sig Sauer weist die Vorwürfe zurück. Die Pistole sei nicht in Deutschland, | |
| sondern von der selbstständigen Gesellschaft Sig Sauer Inc. in den USA | |
| produziert worden, reagierte die Firma. | |
| Den Vorwürfen liegen gemeinsame Recherchen der ARD und der taz zugrunde. | |
| Demnach wurde die Frauenrechtlerin Marisela Escobedo im Dezember 2010 im | |
| nordmexikanischen Bundesstaat Chihuahua mit einer 9-mm-Sig-Sauer-Pistole | |
| vom Typ P239 erschossen. Zudem bestätigen Ermittlungsakten des Falles, dass | |
| mit der Waffe elf weitere Menschen ums Leben gebracht wurden. | |
| Wie andere Aktivistinnen war die 52jährige Escobedo zur Zielscheibe der | |
| Mafia-Organisation „Los Zetas“ geworden, weil sie sich gegen die unzähligen | |
| Frauenmorde in ihrer Heimat einsetzte. Seit langem entführen Kriminelle in | |
| Chihuahua, insbesondere in der Grenzstadt Ciudad Juárez, junge Frauen und | |
| zwingen sie, als Prostituierte oder Drogenkurierinnen zu arbeiten. Viele | |
| der Entführten werden später ermordet. So auch Marisela Escobedos Tochter | |
| Rubí. | |
| Angesichts der Tatenlosigkeit der Behörden hatte Escobedo selbst ermittelt, | |
| dass Rubí 2008 von deren Freund ermordet worden war. Obwohl dieser seine | |
| Tat gestand, sprachen ihn die Richter mangels Beweisen frei. Zwei Jahre | |
| später fiel die 52-Jährige während einer Protestaktion gegen die | |
| Straflosigkeit vor dem Gouverneurspalast der Landeshauptstadt den Kugeln | |
| eines Kriminellen zum Opfer. Ihr Mörder, der im Sold der „Zetas“ stand, | |
| wurde 2012 festgenommen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, | |
| starb aber letzten Dezember im Gefängnis. Gegenüber den Richtern hatte er | |
| den Mord an 20 Personen gestanden. Wie in den Ermittlungsakten zu lesen | |
| ist, wurden allein mit seiner Sig-Sauer P 239 neben Escobedo elf weitere | |
| Menschen getötet wurden. | |
| Die Kausalkette sei geschlossen, begründet Jurist Rothbauer seine Anzeige: | |
| Man habe eine Waffe, ein Opfer und einen verurteilten Täter. Wer Pistolen | |
| nach Chihuahua liefere, wisse genau, dass damit Menschen getötet würden, | |
| auch wenn er nicht eigenhändig schieße, so der Anwalt. Ob die Waffe in den | |
| USA produziert worden sei, spiele dabei keine Rolle. Nicht zufällig hätten | |
| die Exportbehörden dem Konkurrenten Heckler&Koch wegen der schlechten | |
| Menschenrechtslage keine Ausfuhrgenehmigung für diesen Bundesstaat erteilt. | |
| Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte auf Anfrage des grünen | |
| Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele, dass Sig Sauer seit dem | |
| Jahr 2000 „keine Genehmigung für die Ausfuhr von Pistolen oder anderer | |
| Waffen erteilt“ worden sei. Die Rüstungsfirma selbst gibt an, die Pistole | |
| sei von Sig Sauer Inc. im US-Bundesstaat New Hampshire produziert und | |
| verkauft worden. Die mexikanische Regierung bestätigt, man habe von Sig | |
| Sauer Inc. seit dem Jahr 2000 insgesamt 7043 Waffen gekauft. | |
| ## Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt | |
| Eine Genehmigung wäre erforderlich, so erklärt das Bundesausfuhramt, „wenn | |
| zuvor Technologie von Deutschland in die USA an das Tochterunternehmen | |
| exportiert worden wäre“. Die Firma sei aber keine Tochter des Eckernförder | |
| Unternehmens, so Sig Sauer. Sie sei eine rechtlich selbstständige | |
| Gesellschaft. Deshalb müsse der Export nicht in Deutschland genehmigt | |
| werden. Von „deutscher Technologie“ könne keine Rede sein, meint Sig Sauer. | |
| Die Pistole P239 sei Anfang der 1990er Jahre in der Schweiz entwickelt | |
| worden. | |
| Rothbauer hält es dennoch für sehr wahrscheinlich, dass deutsche | |
| Technologie im Spiel war, und wenn es nur Einzelteile gewesen seien. „Alles | |
| spricht dafür, dass diese Waffen denselben Weg gingen wie die | |
| kolumbianischen“, vermutet er. Letztes Jahr war bekannt geworden, dass Sig | |
| Sauer Zehntausende in Eckernförde hergestellte Pistolen über die USA in das | |
| Bürgerkriegsland Kolumbien geliefert hat. Auch deshalb ermittelt derzeit | |
| die Kieler Staatsanwaltschaft. | |
| 30 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Wolf-Dieter Vogel | |
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