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# taz.de -- Dominikanische Republik und Flüchtlinge: Wer keine Papiere hat, mu…
> Der Stichtag für Haitianer im Nachbarland ist vorbei: Ohne
> Aufenthaltsgenehmigung geht’s ab nach Hause. Eine humanitäre Katastrophe
> droht.
Bild: Eine Haitianerin steht in Santo Domingo, Hauptstadt der Dominikanischen R…
Santo Domingo taz | Trotz internationaler Mahnungen hat die Regierung der
Dominikanischen Republik am Wochenende nach langer Pause erstmals wieder
Menschen in das Nachbarland Haiti abgeschoben. Zunächst allerdings nur eine
kleine Zahl: Fünf Migranten sind nach Angaben des Chefs der dominikanischen
Migrationsbehörde am vergangenen Samstag zur Grenzstation Dajabón gebracht
worden. Weitere Abschiebungen sollen folgen.
Die fünf Abgeschobenen verstärken die Reihen von 40.000 bis 60.000
papierlosen MigrantInnen, die bereits in den zurückliegenden Wochen
„freiwillig“ die Dominikanische Republik in Richtung Haiti verlassen haben.
Viele von ihnen sind in Kartonstädten untergekommen, die auf der
haitianischen der Grenze – vor allem in der südlichen haitianischen Provinz
Anse-à-Pitres – entstanden sind. Nach Angaben von Kirchen und
Nichtregierungsorganisationen sind sie dort vollständig von fremder Hilfe
abhängig.
Die Massenbewegung in das ärmste Land Amerikas ist durch eine
Einwanderungsreform in der Dominikanischen Republik ausgelöst worden. Die
dominikanische Regierung hat sämtliche Migranten in ihrem Land
aufgefordert, bis zum 17. Juni dieses Jahres Aufenthaltsgenehmigungen zu
beantragen. 288.000 Personen, davon 96 Prozent haitianischen Ursprungs,
stellten solche Anträge.
Nach Angaben der Regierung werden 239.000 von ihnen
Aufenthaltsgenehmigungen für zunächst ein oder maximal zwei Jahre erhalten.
Allen nicht regularisierten Ausländern hingegen – gleich, ob sie Anträge
gestellt haben oder nicht – kündigte die dominikanische Regierung
Abschiebungen an.
Internationale Organisationen – von Caricom, einem Verband von 15
karibischen Staaten, über die Organisation Amerikanischer Staaten bis hin
zur UNO – befürchteten eine absehbare Katastrophe an der
dominikanisch-haitianischen Grenze. In den USA und Europa wird bereits über
einen Boykott der Dominikanischen Republik diskutiert. Der für die Polizei
zuständige Vizeminister im dominikanischen Innenministerium, Washington
González, hingegen nennt die Reform seiner Regierung im Gespräch mit der
taz „ambitioniert“ und bezeichnet sie als Modell für die
Einwanderungspolitik anderer Länder.
## „Säuberungen“ werden weitergehen
Die ersten fünf Abgeschobenen waren Ende vergangener Woche in der
dominikanischen Hauptstadt Santo Domingo aufgegriffen worden. Zuvor war die
Migrationspolizei mit Bussen in Stadtteile mit hohen Anteilen von
Haitianern gefahren und hatte gezielte Personenkontrollen durchgeführt.
Dabei wurden auch mehrere Personen festgenommen, die zwar Papiere haben,
sie aber nicht mit sich führten. Erst nachdem Angehörige ihre Papiere
vorlegten, durften sie das Abschiebezentrum wieder verlassen.
Der Leiter des Zentrums im Stadtteil Haina, Oberst Bernardo Antonio
Jiménez, hat angekündigt, dass die „Säuberungen“ weitergehen werden. Der
Chef der dominikanischen Migrationsbehörde, Paulino Sem, erklärte gegenüber
„Dominicanos Hoy“: „Wir werden weiter abschieben.“
Auch in Santiago, der zweitgrößten Stadt des Landes, sind in der
vergangenen Woche Beamte der Migrationsbehörde – dort auf Motorrädern –
ausgeschwärmt. Allerdings haben sie bislang niemanden aufgegriffen. Das
zuständige Abschiebezentrum ist noch nicht fertig. Und es kommt hinzu, dass
viele Haitianer auf Tauchstation gegangen sind. Sowohl in Santo Domingo als
auch in Santiago sind heute weniger haitianische Stände als noch vor zwei
Monaten.
Zahlen über die bevorstehenden Abschiebungen nennen die dominikanischen
Behörden nicht. Vizeminister González meint, dass die Abschiebungen
aufgrund der „überraschend“ hohen Zahl von „freiwilligen“ Rückkehrern
niedriger ausfallen könnten. Er vermutet, dass Migranten ihrer drohenden
Abschiebung zuvorkommen wollten, um einerseits später erneut in die
Dominikanische Republik einreisen zu können (nach einer Abschiebung ist
eine Rückkehr nicht erlaubt) und um andererseits ihr Eigentum mitnehmen zu
können (was bei Abschiebung ebenfalls nicht möglich ist).
## Beamte für Abschiebungen geschult
Allerdings verdienen haitianische Tagelöhner allenfalls genug zum
Überleben. Über Hab und Gut, und über Mittel, es zu transportieren,
verfügen sie nicht. Die Grenze nach Haiti überquerten sie zu Fuß, mit nicht
mehr, als sie auf dem Kopf balancieren können.
In einer Kurskorrektur hat die Regierung in Santo Domingo zugesichert, dass
sie keine Massenabschiebungen durchführen und dass sie die Menschenrechte
respektieren wird. Unter anderem will sie auf nächtliche Abschiebungen
verzichten. Sie hat fünf Abschiebezentren eingerichtet. In den vergangenen
Wochen haben die Behörden dort Übungen abgehalten, um Beamte für
Abschiebungen zu schulen. Zugleich drängen nationalistische Gruppen in der
Dominikanischen Republik auf schnelle Abschiebungen der „Illegalen“.
Ganze Branchen im Land hängen von der Arbeit haitianischer Arbeiter ab. Auf
den Zuckerrohrplantagen stellen sie fast 100 Prozent der Beschäftigten,
auch in der übrigen Landwirtschaft, auf dem Bau und im Tourismus sind sie
stark vertreten. Die ältesten haitianischen Migranten sind im Rentenalter.
Sie sind in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts angeworben worden.
Andere sind erst nach dem Erdbeben vom Januar 2010 aus Haiti eingewandert.
17 Aug 2015
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
Haiti
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