| # taz.de -- Ökonom über Griechenlandrettung: „Europa kann es allein!“ | |
| > Europa kann Griechenland auch ohne den Internationalen Währungsfonds | |
| > stützen, meint Daniel Gros vom Brüsseler Thinktank CEPS. | |
| Bild: Bis Griechenland auf eigenen Beinen steht, dauert es noch mindestens zehn… | |
| taz: Nach zwei erfolglosen Versuchen bekommt Griechenland nun das dritte | |
| Spar- und Reformprogramm. Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten? | |
| Daniel Gros: Nicht sehr hoch, aber besser als beim letzten Mal. Denn im | |
| Gegensatz zu den früheren Programmen haben wir diesmal eine andere | |
| Entwicklung bei Löhnen und Preisen. Sie sind um mehr als 20 Prozent | |
| zurückgegangen, die Wettbewerbsfähigkeit in Griechenland hat sich | |
| verbessert. Außerdem ist die fiskalische Anpassung schon zu 90 Prozent | |
| gelaufen. Deshalb ist diesmal weniger Sparen nötig. | |
| Was meinen Sie mit nicht sehr hoch? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, | |
| dass Griechenland nach dem Ende des dritten Programms auf eigenen Beinen | |
| stehen wird? | |
| Ich glaube nicht, dass Griechenland nach drei Jahren an die Märkte | |
| zurückkehren und sich selbst finanzieren kann. Ein Erfolg ist in dieser | |
| Hinsicht ausgeschlossen. Das dauert noch mindestens zehn Jahre. | |
| Aber was wäre denn dann der Erfolg des dritten Programms? | |
| Es wäre schon ein großer Erfolg, wenn die Reformen umgesetzt werden. Die | |
| Chancen stehen besser, denn diesmal gibt es in Athen keine Opposition mehr, | |
| das Memorandum wird regelrecht durch das Parlament fliegen! Das heißt aber | |
| nicht, dass alles gut wird. Griechenland kann sich glücklich schätzen, wenn | |
| es in einigen Jahren so dasteht wie Portugal heute. | |
| Ist das neue Programm überhaupt auf Erfolg angelegt? Nach dem Euro-Gipfel | |
| im Juli hatten viele den Eindruck, Kanzlerin Merkel und vor allem | |
| Finanzminister Schäuble hätten es regelrecht auf ein Scheitern abgesehen. | |
| Richtig, Schäuble wollte den temporären Grexit, deshalb hat er das neue | |
| Programm mit harten „Abwehrkonditionen“ versehen, die auf Scheitern | |
| angelegt waren. Schäuble wollte Griechenland damit aus dem Euro drängen. | |
| Doch das funktioniert nicht mehr, die Griechen lassen sich nicht | |
| herausekeln. | |
| Wie realistisch sind die Sparvorgaben – etwa das Ziel, bis 2017 einen | |
| Primärüberschuss im Haushalt von 3,5 Prozent zu erreichen? | |
| Wenn das Wachstum zurückkehrt, ergibt sich das von selbst. Die jüngsten | |
| Prognosen sind viel zu pessimistisch. Ich glaube nicht an eine lange | |
| Rezession. | |
| Wie schätzen Sie die sozialen Folgen ein, droht eine neue humanitäre Krise? | |
| Ich kann keine humanitäre Krise in Griechenland erkennen. Es wird auch | |
| keine Massenentlassungen geben. Das ist ein Schreckgespenst von Syriza. | |
| Ein Streitpunkt sind immer noch die Schulden. Der Internationale | |
| Währungsfonds warnt, die Schuldenlast sei untragbar geworden und droht mit | |
| Rückzug… | |
| Das sind Scheingefechte. Bei den günstigen europäischen Konditionen kann | |
| jeder seine Schulden tragen. Außerdem hat Griechenland einen ausgeglichenen | |
| Haushalt vor Zinszahlungen. Für die Refinanzierung der Schulden ist der | |
| neue Bailout da. Ich sehe deshalb kein Problem. | |
| Der IWF aber sehr wohl, und Schäuble offenbar auch… | |
| Der IWF steckt in einem Interessenkonflikt. Er will die Europäer zur Kasse | |
| bitten, aber selbst keine Schulden erlassen. Und Schäuble schießt sich in | |
| den eigenen Fuß, weil er den IWF unbedingt dabei haben will. | |
| Heißt das, dass Sie auf den IWF verzichten wollen? | |
| Ganz genau, das schreibe ich in meiner neuen Analyse. Der IWF sollte | |
| ausgezahlt werden und das Programm verlassen. Auf Wiedersehen, Europa kann | |
| es allein! | |
| 13 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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