Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Elf Meter breit, vier Meter hoch
> Dieses Jahr ist es einfach nicht existent: das Sommerloch. Die
> ausbleibende Sauregurkenzeit setzt Kreative und Tiere unter starken
> Druck.
Bild: Einst füllte er willig das Sommerloch der CSU: Problembär Bruno.
Sag mir, wo das Sommerloch ist, wo ist es geblieben? Leichtes Füllmaterial
wie der entlaufene Hund Flecki oder jüngst der Wespenalarm sind nur
Eintagsfliegen. Sie taugen nicht für eine längere, sinnfreie
Berichterstattung. Manch intellektueller Schöngeist mag sich vielleicht
über das fehlende, thematisch weitgefächerte, Sommerloch freuen und an
Diskussionen über Flüchtlinge oder Finanzhilfen für die Griechen laben,
doch vergisst er dabei, dass hinter den Sommerloch-Themen eine ganze
Wirtschaftsbranche steckt. Dort fürchtet man nun ganz konkret um
Arbeitsplätze.
Thorsten Rudolphi ist Geschäftsführer von AAF Productions, dem Marktführer
für Sommerloch-Themen. AAF steht für „Alles außer Fakten“. Die Firma hat
ihren Sitz in einem gesichtslosen Gewerbegebiet am Rande von Köln. Ob der
zurzeit mageren Zeiten erinnert sich Rudolphi, ein kleiner Mann mit
stechendem Blick, gern an die großen Stunden der Firmengeschichte zurück.
Der erste Erfolg von AAF Productions war Trauerschwan Petra, die sich
hemmungslos in ein Tretboot verliebt hatte. „Die Petra war ja nicht immer
so. Die stand eigentlich ganz normal auf andere Schwäne – bis unsere
Trainer da etwas nachgeholfen haben. Und genau diese tierisch ungleiche
Liebesgeschichte zwischen Kreatur und Boot war für uns ein Wahnsinnserfolg
in den Medien!“
Für weitere Success-Stories dieser Art hat Rudolphi die firmeneigene
Tierstation ausbauen lassen. Denn genau dort soll der nächste
Sommerloch-Hit herangezüchtet werden. Die rund 500 Quadratmeter große Halle
wirkt auf Besucher wie ein kleiner Zoo, in dem allerdings merkwürdige
Maßnahmen zur Anwendung gelangen.
Im Kleintierbereich etwa hoppelt ein Langohrhase ständig panisch von der
einen zur anderen Ecke, denn ein automatischer Rasenmäher zieht in dem
Gehege seine Bahnen. Rudolphi ist zuversichtlich, sein Blick wird immer
stechender: „Noch flüchtet der Tino vor dem Rasenmäher! Aber schauen sie
mal genau in seine braunen Hasenaugen. Klar, da ist Panik. Aber sehen sie
auch das kleine Funkeln? Das ist die sich anbahnende Liebe! Eine solide
Objektophilie entwickelst du halt nicht von jetzt auf gleich.“
## Langohr so erfolgreich wie Trauerschwan?
Bei AAF Productions ist die Hoffnung groß, dass Langohrhase Tino ein
ähnlicher Erfolg wird wie Trauerschwan Petra. Für Skrupel gibt es in dem
knallharten Business der Sommerloch-Themen sowieso keinen Platz, wie
Rudolphi frei heraus demonstriert: „Wenn diese Liebesgeschichte ein
tragisches Ende nimmt, weil Rasenmäher plus Hasenfell ... na ja. Doch dann
ist die Nummer für die Medien doch noch interessanter! Ich sehe schon die
Schlagzeilen: ‚Feldhase liebt Brutalo-Mäher!‘ ‚Rasenmäher massakriert
Liebeshasen!‘ ‚Liebesmäher im Hasenrausch!‘“
Seit Längerem tragisch erscheint das Schicksal von Braunbärin Elsbeth. Die
Tiertrainer von AAF hatten Elsbeth in monatelangen Sitzungen für ein
Casting bei „Deutschland sucht den Superstar“ vorbereitet. Doch die
Konkurrenz war damals schneller und platzierte 2006 Problembär Bruno im
Sommerloch. Geschäftsführer Rudolphi kann es bis heute nicht fassen.
„Bruno war so ein Medienliebling, dass wir mit Elsbeth nichts mehr reißen
konnten. Seitdem sind Braunbären thematisch verbrannt. Wir hatten drei
Vocalcoaches beschäftigt, um ihr das Singen beizubringen. Und dann hat
Dieter Bohlen Elsbeth bestätigt, keinen geilen Arsch zu haben, dafür die
Stimme einer Souldiva. Das wäre DIE Story gewesen! Bruno konnte ja nur
randalieren. Ein absolut minderwertiges Produkt …“ Rudolphis Augen blitzen.
„Elsbeths Zeit wird kommen.“
Doch ist die Braunbärin dann bereit? Seit ihr das Rampenlicht verwehrt
wurde, leidet Elsbeth unter einer bipolaren Störung. Immer wieder schließt
sie sich wochenlang im Keller der Firma ein, um einsam den Soundtrack von
Bodyguard zu brummen.
## Problembär Bruno und die CSU
Auftraggeber für Sommerloch-Themen sind vor allem Boulevard-Medien wie
Bild, Kölner Express oder Stern. Aber auch Politiker und lokale Akteure
melden sich bei AAF Productions, verrät Rudolphi. „Und soweit ich von der
Konkurrenz weiß, war Problembär Bruno eine Auftragsarbeit für die CSU in
Bayern. Die wollten ihr Law-and-Order-Image aufpolieren. Trauerschwan Petra
hatten wir als PR-Aktion für den Allwetterzoo in Münster gemacht.“
Solange das Parlament noch pausiert, weiß Rudolphi, witterten die
Hinterbänkler in den Parteien ihre Chance, endlich etwas mediale
Aufmerksamkeit zu bekommen. AAF Productions steht dann als Thinktank für
besonders absurde Vorschläge zur Verfügung. „Wir haben dieses Jahr zwar
wenige, aber dafür sehr schöne Forderungen angebracht. Einem völlig
unbekannten CSU-Mann etwa haben wir empfohlen, pro Jahr einen kostenlosen
Griechenland-Urlaub für jeden Deutschen zu fordern. Begründung: Gezahlt
haben wir ja eh schon!“
Rudolphi ist überzeugt, dass es 2015 noch ein großes Sommerloch-Thema geben
wird. Potenzial wittert er im Hotpants-Verbot, das für Schülerinnen einer
Realschule erlassen wurde. „Wir versuchen gerade einem CDU-Politiker ein
Hotpants-Verbot für Frauen über 50 schmackhaft zu machen. Das wäre der
Kracher! Sexismus-Vorwürfe, Prüderie-Diskussionen, Debatten über Uniformen
für Parlamentarier à la ‚Den dicken Bauch vom Gabriel, den muss ich doch
nicht ständig sehen!‘ Der kleine Mann von AAF wird jetzt ganz groß. „Und
Merkel – in Hotpants? Will auch keiner! Einen Hashtag haben wir bereits:
‚Sexit!‘“
12 Aug 2015
## AUTOREN
Nico Rau
## TAGS
Sommerloch
Tiere
Kreativität
Pinguin
Sommerloch
2016
Wurst
Lärm
Kita-Streik
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Griechenland
Flirten
Handtaschen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Beförderung für Königspinguin: Erst Ritter, nun General
Norwegen beförderte einen Pinguin zum Brigadegeneral. Das war längst
überfällig. Aber auch andere Tiere hätten Titel verdient.
Debatte Sommerloch: Beleidigt von der Welt
Wegfahren und abschalten? Wie uns die Menschheit und das allgemeine Elend
die Urlaubslaune vermiesen. Wir halten trotzig dagegen.
Die Wahrheit: Fang die Sau!
Es wird Zeit für gute Zukunftsmusik – und Zeit für einen herrlichen
Wahrheit-Ausblick auf das Jahr 2016.
Die Wahrheit: Lautlose Killer
Die große Wurstkrise: Menschliche Ernährung ist grundsätzlich
problematisch, wie ein paar Beispiele für hochgefährliche Kost zeigen.
Die Wahrheit: Land des Baulärms
Deutschland entdeckt den Katastrophentourismus. Und die Welt fährt mit
offenen Ohren hinein ins zauberhafte Reich der Großbaustellen.
Die Wahrheit: Smarties für alle
Betroffene verhandeln mit Blick auf den drohenden neuen Kita-Streik jetzt
selbst – getreu der Punkparole: „If the kids are united.“
Ökonom über Griechenlandrettung: „Europa kann es allein!“
Europa kann Griechenland auch ohne den Internationalen Währungsfonds
stützen, meint Daniel Gros vom Brüsseler Thinktank CEPS.
Die Wahrheit: Unser täglich Gyros gib uns heute!
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich die
Leserschaft an einem Poem über die griechische Krise erfreuen.
Die Wahrheit: Grippetipp
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die
Leserschaft an einem Poem mit einem zeitgemäßen Ratschlag erfreuen.
Die Wahrheit: In Frauentaschen
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die
Leserschaft an einem Poem über das Mysterium der weiblichen Welt erfreuen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.