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# taz.de -- Haschisch-Aktien an der Börse: Viele werden nicht überleben
> 185 Firmen weltweit investieren in die Cannabisbranche. Börsenexperten
> sind skeptisch. Vielfach handelt es sich um Investitionen in einen
> Risikomarkt.
Bild: Utensilien für den Konsumenten: Marihuana-Messe in Santiago de Chile.
Berlin taz | Die Anmeldung beim Amtsgericht Berlin war nicht ganz einfach.
Der Name „Deutsche Cannabis AG“ sorgte für erhebliches Befremden bei den
Mitarbeitern. Auch die Prüfer der Industrie- und Handelskammer reagierten
irritiert und schauten sich die Aktiengesellschaft ausgiebig an. Erst nach
Monaten waren die Formalitäten Ende 2014 abgeschlossen. Nun ist die
Deutsche Cannabis an den Börsen in Berlin und Frankfurt gelistet.
Das Unternehmen ist eine so genannte Beteiligungsgesellschaft. Es sammelt
Geld von Investoren, um das Kapital in Unternehmen zu stecken, die ihr Geld
mit Hanfprodukten verdienen. „Wir sind europaweit die erste börsengelistete
Gesellschaft auf diesem Terrain“, sagt der Vorstandsvorsitzende Carsten
Siegemund. Andere Gras-Börsianer sammeln kein Geld ein, sondern verkaufen
Produkte wie Hanfbier oder Kosmetik.
Längst sind Haschisch und Marihuana an den Kapitalmärkten zu Hause. Der
Börsenexperte Thomas Hohler dokumentiert auf seiner Homepage
[1][marihuana-aktien.de] die Entwicklung von 185 Aktiengesellschaften aus
diesem Segment – von der American Cannabis Company über die Medical
Cannabis Pymt und die Green Cures & Botanical bis zur Marijuana Incubator
Group. 136 stammen aus den USA, 42 aus Kanada, 4 aus Europa, 3 aus
Australien.
Die dahinter stehenden Unternehmen kommen aus der Pharma- und der
Biotechnologiebranche, verkaufen Hanfprodukte wie Kleider oder Kosmetik
oder Utensilien für den Konsum wie Verdampfer für den tabaklosen Genuss von
Haschisch und Marihuana. Andere produzieren spezielle Lampen für die
Aufzucht der Pflanzen oder beraten die Unternehmen, die Cannabiserzeugnisse
vertreiben.
Seit in den USA einige Staaten das Kiffen erlaubt und viele den Gebrauch
von Cannabis zumindest zu medizinischen Zwecken legalisiert haben, ist dort
eine richtige Haschischbranche entstanden. Mit der Freigabe von Gras in
Colorado schossen die Börsenkurse in die Höhe – stürzten aber auch schnell
wieder ab.
## Goldgräberstimmung
Viele Firmen haben das nicht überlebt. „Es hat eine Konsolidierungswelle
gegeben“, sagt Geldeinsammler Siegemund. „Mittlerweile hat sich die Branche
stabilisiert.“ Bei interessierten Geschäftsleuten herrscht
Goldgräberstimmung. „Das ist ein Milliardenmarkt“, sagt Siegemund. In den
USA hat sich der legale Umsatz mit Cannabis innerhalb von zwei Jahren auf
2,7 Milliarden Dollar knapp verdoppelt.
Erfolg verheißt nicht nur die Herstellung von Kifferzubehör wie
Wasserpfeifen. Der Einsatz von Cannabis in der Medizin ist nicht nur für
PatientInnen etwa mit Epilepsie, multipler Sklerose oder Krebs zur
Linderung der Symptome vielversprechend, sondern auch für Pharma- und
Biotechnologiebranche
In Deutschland ist dieser Markt allerdings sehr übersichtlich. Hierzulande
sind bislang nur drei Cannabismedikamente zugelassen. Seit 2005 können
Patienten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
die Erlaubnis beantragen, über Apotheken Medizinalhanf zu beziehen. Aktuell
haben nach Angaben des BfArM 464 Patienten diese Genehmigung. „In wenigen
Jahren wird es auch in Deutschland einen größeren Markt für
Cannabisprodukte geben“, ist Siegemund überzeugt.
## Ein unübersichtlicher Markt
Das glaubt auch Börsenexperte Thomas Hohler. Er beobachtet allerdings
Firmen wie die Deutsche Cannabis AG mit Skepsis. Das Unternehmen ist aus
einer Firma anderen Namens hervorgegangen, die auf einem anderen
Geschäftsfeld tätig war, und zwar Solaranlagen. Beobachter aus der
Hanfszene stoßen sich auch daran, dass Siegemunds Vorstandskollege Ingo
Voigt vor einigen Monaten sein Bezirksmandat in Hamburg niedergelegt hat,
nachdem bekannt wurde, dass der Sozialdemokrat für Naziblätter geschrieben
hat – nicht aus Überzeugung, sondern um seine Familie vor Übergriffen zu
schützen, wie Voigt seinerzeit erklärt hatte.
Anlageempfehlungen gibt Volkswirt Hohler nicht. Er wolle kleine Anleger für
die Gefahren des Marktes sensibilisieren, sagt er. Denn der ist sehr
unübersichtlich. Kapitalerhöhungen oder Namensänderungen sind Warnzeichen,
auf die Hohler hinweist. Der Börsenexperte glaubt, dass nur wenige
Unternehmen aus der Branche überleben werden, „auch wenn es die ein oder
andere Perle gibt“.
Die zu finden, ist für Privatanleger aber kaum möglich. Kiffer mit Kapital
sollten sich deshalb gut überlegen, ob sie das Geld für die Altersvorsorge
oder das Studium der Kinder in Cannabisaktien investieren.
24 Jul 2015
## LINKS
[1] http://www.marihuana-aktien.de
## AUTOREN
Anja Krüger
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