# taz.de -- Fund in Straßburger Rechtsmedizin: Die Sammlung des KZ-Arztes | |
> Von 1943 bis 44 führte der KZ-Arzt August Hirt zahlreiche Senfgasversuche | |
> an Menschen durch. Nun fand ein Historiker die Überreste der jüdischen | |
> Opfer. | |
Bild: 1943 wurden die 86 jüdischen Opfer Hirts vom KZ Auschwitz in das annekti… | |
STRAßBURG afp | Im Gerichtsmedizinischen Institut im französischen | |
Straßburg sind sterbliche Überreste von Opfern des NS-Arztes August Hirt | |
gefunden worden. Wie die Stadtverwaltung am Samstag mitteilte, handelt es | |
sich um Körperteile von 86 jüdischen Opfern, die 1943 vom Vernichtungslager | |
Auschwitz in das von Nazi-Deutschland annektierte Elsaß gebracht worden | |
waren, wo der Anatomieprofessor Hirt an der damaligen „Reichsuniversität | |
Straßburg“ lehrte. | |
Hirt, der unter anderem Forschung mit menschlichem Gewebe betrieb und im | |
Konzentrationslager Struthof bei Straßburg Experimente mit Senfgas und | |
einem Fleckfieberimpfstoff machte, wollte die Toten für eine | |
„Skelettsammlung“ verwenden, so Historiker. Diese sollte in einem geplanten | |
„Museum der verschwundenen jüdischen Rasse“ ausgestellt werden. Bei der | |
Befreiung Straßburgs im November 1944 wurden die teilweise zerstückelten | |
Leichen am Anatomischen Institut der Straßburger Universität gefunden. 1946 | |
wurden sie in einem Sammelgrab auf dem jüdischen Friedhof von Straßburg | |
beigesetzt. | |
Anfang Juli stieß der Historiker Raphaël Toledano im Gerichtsmedizinischen | |
Institut nun aber auf weitere Überreste der Opfer, wie die Behörden | |
mitteilten. In Zusammenarbeit mit dem Institutsleiter Jean-Sébastien Raul | |
konnten den Angaben zufolge einige der Leichenteile zugeordnet werden, die | |
sich unter anderem in einem Gefäß mit Hautfragmenten befanden. Gewebe aus | |
dem Darm und Magen eines Opfers wurde in Reagenzgläsern gefunden. Die | |
Behälter waren den Angaben zufolge genau beschriftet, unter anderem mit der | |
Nummer, die einem der Opfer in Auschwitz in den Unterarm tätowiert wurde. | |
Der Straßburger Gerichtsmediziner Camille Simonin, der Hirts Verbrechen | |
untersuchen sollte, bewahrte die Leichenteile auf. Den entscheidenden | |
Hinweis bekam Toledano durch einen Brief Simonins aus dem Jahr 1952. Darin | |
war von Proben die Rede, die bei Autopsien jüdischer Opfer aus dem KZ | |
Struthof entnommen worden waren. | |
Die Stadtverwaltung will die sterblichen Überreste nun an die jüdische | |
Gemeinde von Straßburg übergeben. Sie sollen dann auf dem jüdischen | |
Friedhof in Cronenbourg westlich von Straßburg beigesetzt werden. | |
19 Jul 2015 | |
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