| # taz.de -- On- und Offline-Einzelhandel: Der Kunde von morgen | |
| > Heute werden Waren oft online bestellt – Ladengeschäfte müssen deshalb | |
| > nicht aussterben. Es gibt Wege, beide Welten zu vereinen. | |
| Bild: Unbequeme Schuhe lassen sich bequem online bestellen. | |
| Wenn es so läuft wie beim Elektronikkaufhaus Saturn, kann sich Gerrit | |
| Heinemann richtig aufregen. Jetzt soll er auch noch warten. Er lässt sich | |
| in eine silberne Sitzschale sinken: „Ist doch schrecklich“, sagt er. | |
| Heinemann ist heute als Testkäufer unterwegs. Oder besser: als der Kunde | |
| von morgen. Er ist Professor an der Hochschule Niederrhein, | |
| Forschungsschwerpunkt Handel. Deshalb hat er ein professionelles Auge | |
| darauf, wie sich der Einkauf verändert, wie Konsumentenwünsche und | |
| Vertriebsziele des Handels zusammenstoßen. Er ist Analyst der | |
| Kundenzufriedenheit von morgen. | |
| Aber Heinemann ist alles andere als zufrieden. Er hat online ein Ladekabel | |
| für sein Smartphone bestellt. Nun steht er in der Filiale am Hamburger | |
| Bahnhof, um es abzuholen. Doch das ist nicht so einfach. Der | |
| Serviceschalter liegt nicht am Eingang, zu finden ist er erst auf | |
| Nachfrage: im zweiten Stock rechts, ganz hinten links. Und statt Service | |
| gibt es erst einmal eine Nummer. Die 97. Gerade ist die 86 dran. | |
| Prognostizierte Wartezeit: sieben Minuten. | |
| Gerrit Heinemann weiß, wie es besser ginge. Ach was besser, optimal. Denn | |
| er kennt die Art von Handel, die in den USA, Japan oder Korea schon | |
| Gegenwart ist, in Deutschland aber noch Zukunft. Multi-Channel, | |
| Omni-Channel, No-Line heißen die Fachwörter dazu (siehe Infokasten). Sie | |
| meinen vor allem eines: der Laden in der Einkaufspassage hier, das | |
| Internetkaufhaus da – diese Trennung zwischen stationär und online fällt. | |
| Die meisten Kunden und Kundinnen haben das bereits verstanden. Die meisten | |
| Händler jedoch noch nicht. | |
| ## Was will die Kundschaft? | |
| Wer mit Heinemann durch die Stadt geht, bekommt ein Blick dafür, wo die | |
| Defizite sind. Tritt er – graues Sakko, rote Mappe unter dem Arm – in einen | |
| Laden, überprüft er sofort, ob ein WLAN existiert. Identifiziert mögliche | |
| Plätze für Bildschirme, auf denen Kunden ohne Smartphone schauen könnten, | |
| ob es die Hose auch in Grün gibt. Und regt sich über Verkäufer auf, die | |
| online bestellte Waren zwar finden, sie aber nur widerwillig direkt | |
| zurücknehmen. | |
| Denn dass der Laden, also der stationäre Handel, eine Zukunft hat, davon | |
| ist Heinemann überzeugt. Das ist keine Selbstverständlichkeit, schließlich | |
| sind sich selbst Forscher uneins darüber, wohin sich die Konsumwelt | |
| entwickelt. Was will der Kunde? Was will die Kundin? Schnelligkeit, | |
| Auswahl, Einkaufserlebnis? Alles zusammen? | |
| Lange haben Kaufhäuser das perfekte Einkaufserlebnis geboten. Durch die Tür | |
| treten, von einer kaufhaustypischen Mischung aus Licht, Parfüm und Musik | |
| empfangen werden – das reichte ein paar Jahrzehnte. Als erstes Zeichen des | |
| Wandels baute man Kaufhäuser nicht mehr mit rundum verschlossenen Fassaden, | |
| sondern etwas offener. Große Fenster, Glasfassaden. Passend zum Wandel im | |
| Innern der Einkaufenden, für die das Kaufhaus auf einmal nicht mehr | |
| alleinige Instanz war. | |
| Batterien, Vasen, Bettwäsche? Das gab es nach und nach auch in viel | |
| größerer Auswahl in den Einkaufszentren auf der grünen Wiese, in den | |
| Non-Food-Regalen beim Discounter um die Ecke oder im Internet. Nicht mehr | |
| gucken, fühlen, entscheiden, kaufen. Sondern: Im Laden gucken, sich dann | |
| online informieren, Preise vergleichen, Kommentare lesen, Entscheidung | |
| fällen, online bestellen, im Laden abholen. Und das ist nur eine von | |
| zahlreichen Möglichkeiten, die Kunden heute haben. | |
| ## Stärke und Schwäche des stationären Handels | |
| Das Institut für Handelsforschung in Köln arbeitet in seiner Prognose für | |
| das Jahr 2020 mit vier Szenarien – von einer Renaissance der Innenstädte | |
| bis zu deutlichen Wachstumsraten für den Onlinehandel ist alles dabei. | |
| Abhängig ist das vor allem von zwei Fragen: Was tut der stationäre Handel, | |
| um nicht den Anschluss zu verlieren? Und was könnte er tun? | |
| Heinemann hätte ein paar Ideen. Und wie es häufig ist, fallen genau dann | |
| die Defizite der Realität auf. Wenn es wieder einmal besonders schlimm ist, | |
| fängt Heinemann an, Geschichten zu erzählen. Von einer Reise nach New York, | |
| von der er seinen Töchtern ganz bestimmte Schuhe mitbringen sollte, aber | |
| keine Zeit hatte, einkaufen zu gehen. Wie er sie bestellte und wie sie | |
| bereits im Hotel auf ihn warteten, als er ankam. | |
| Und dann erzählt er von Macy’s, dem über 150 Jahre alten US-Warenhaus, | |
| einem klassischen stationären Händler, der 2008 in den roten Zahlen | |
| steckte. Und es schaffte, mit digitalen Angeboten – Touchscreens, WLAN, | |
| online kaufen und am selben Tag in der Filiale abholen – wieder nach vorne | |
| zu kommen. Was Heinemann sagen will: Es ist kein Naturgesetz, dass | |
| Stationäre sterben. Sie haben es in der Hand, etwas dagegen zu tun. | |
| Eine Studie im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums kam im | |
| vergangenen Jahr zu dem Ergebnis: Ein Drittel aller stationären Händler in | |
| Deutschland hat einen eigenen Onlineshop. Was bei der Studie auch | |
| herauskam: Der stationäre Handel hat eine Stärke: das Einkaufserlebnis. Und | |
| er hat eine Schwäche: einen Mangel an Innovationskultur. Deshalb sitzt | |
| Heinemann auf der silbernen Sitzschale und wartet. | |
| ## Rasierklingen. Toilettenpapier. Windeln. | |
| Einen Mangel an Innovationskultur – das will sich dm nicht vorwerfen | |
| lassen. In der Zentrale des Drogeriemarkts in Karlsruhe hat man in den | |
| vergangenen Wochen an den letzten Details für den eigenen Onlineshop | |
| gefeilt. Genau, dm, lange einer der letzten Großen, die bislang auf rein | |
| stationären Handel setzten und der ein Experiment im Amazon-Shop schnell | |
| wieder beendete, verkauft nun selbst im Netz. | |
| „Heutzutage kommt ein Händler, der am Puls der Zeit sein möchte, an den | |
| Themen Digitalisierung und virtuellem Einkaufen nicht vorbei“, sagt Erich | |
| Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung. Dabei sind Drogerieartikel | |
| etwa das Zweitschwierigste, das man online verkaufen kann, knapp hinter | |
| Lebensmitteln. Beides sind „fast-moving consumer goods“: Waren, die nicht | |
| viel kosten, meist mit niedrigen Marken, und die die Kunden gleich haben | |
| wollen. Rasierklingen. Toilettenpapier. Windeln. | |
| Wie sehr sich die Handelswelt verändert – dazu gibt es unterschiedliche | |
| Zahlen. Oder unterschiedliche Sichtweisen. Eine wirkt beruhigend auf alle, | |
| die gerne weitermachen wollen wie bisher: Zum Beispiel wurden im | |
| vergangenen Jahr knapp 90 Prozent des Gesamtumsatzes im deutschen | |
| Einzelhandel in Läden gemacht. Und das sind nicht nur Lebensmittel: Auch | |
| Mode kaufen die Deutschen zu mehr als 80 Prozent in den Geschäften. | |
| Die andere wirkt bestärkend auf alle, die einen Wandel sehen: 51 Millionen | |
| Menschen kaufen in Deutschland online ein. Und 74 Prozent der | |
| Onlinekonsumenten – also der Kunden oder Kundinnen, die mindestens einmal | |
| online eingekauft haben – bestellen Waren wie Bücher, Musik und Filme | |
| bevorzugt im Netz. | |
| ## Schlechtere Arbeitsbedingungen | |
| Gleichzeitig verschiebt sich das Kräfteverhältnis: Während im stationären | |
| Handel nur 5 Prozent der Umsätze von ausländischen Unternehmen gemacht | |
| werden, sind es im Onlinehandel über 60 Prozent. Um mit der | |
| Onlinekonkurrenz mitzuhalten, investieren große, originär stationäre | |
| US-Konzerne wie Macy’s jährlich 5 Prozent des Umsatzes in ihre IT. In | |
| Deutschland investieren Stationäre nur 1,5 Prozent. | |
| Und wenn sich Arbeitsplätze vom Stationären weg verlagern – egal ob zu | |
| einem europäischen oder einem US-Unternehmen –, verschlechtern sich in der | |
| Regel die Arbeitsbedingungen. Meist kein Tarifvertrag, kein Urlaubsgeld, | |
| weniger Urlaubstage und niedrigere Zuschläge für Sonntags- und | |
| Nachtschichten. Es ist also für Händler und deren Belegschaft nicht | |
| gleichgültig, ob sie aktiv werden oder einfach hoffen, dass schon alles | |
| irgendwie weitergeht. | |
| Dabei sagt Heinemann: Das Internet sei gar nicht so wichtig, was das Kaufen | |
| angeht. Es gibt zwar dieses Phänomen, Showrooming. Stationäre Händler sehen | |
| das nicht gerne, weil es heißt, dass Kunden bei ihnen gucken und | |
| anprobieren, aber woanders kaufen. Outdoorhändler klagen viel und ausgiebig | |
| darüber, während Läden wie Apple das Prinzip für sich umgedeutet und die | |
| Showrooms zu Tempeln gemacht haben. Gucken ausdrücklich erwünscht, sonst | |
| aber nichts. | |
| Doch Heinemann sagt: „Es sind zehnmal mehr Kunden, die online ihren Kauf | |
| vorbereiten.“ Deswegen sei Onlinepräsenz wichtig: Wer nicht online ist, der | |
| wird auch offline immer schwieriger gefunden. | |
| ## Der Kunde weiß mehr | |
| Apropos offline: Bei Saturn geht es doch schneller. Nach fünf Minuten ist | |
| Heinemann dran, dann macht sich die Mitarbeiterin am Schalter auf die Suche | |
| nach seiner Bestellung. Und ist wieder weg. | |
| „Der Kunde will einen fairen Preis und eine unkomplizierte und schnelle | |
| Abwicklung“, sagt Heinemann. Gemessen an dem, was die Kunden sich vor 20 | |
| Jahren gewünscht hätten, sei die Komponente Schnelligkeit deutlich | |
| wichtiger geworden. Niemand habe mehr Zeit heute. Weder dafür, eine halbe | |
| Stunde im Laden auf ein bestelltes Produkt zu warten, noch für die halbe | |
| Stunde Wartezeit in der Schlange der Post und schon gar keine halbe Stunde, | |
| um eine gewünschte Ware im Laden zu suchen. | |
| Der zweite Unterschied: Der Kunde weiß mehr. Und das nutzt Heinemann jetzt | |
| aus. Als die Verkäuferin samt Kabel zurückkommt, setzt Heinemann die | |
| Unschuldsmiene auf. „Wieso ist das Kabel bei Ihnen eigentlich mehr als | |
| doppelt so teuer wie bei Cyperport?“, will er wissen. Die Verkäuferin weiß | |
| es auch nicht, aber sie recherchiert den Preis der Konkurrenz, hält | |
| Rücksprache. Heinemann tippt währenddessen auf seinem Smartphone herum. | |
| Welchen Preis bietet eigentlich Amazon? | |
| Der Vergleich wäre unfair, das weiß Heinemann auch. Einen stationären | |
| Händler, mit Flächen, Miete, Heizung, womöglich nach dem | |
| Einzelhandelstarifvertrag bezahlten Personal zu vergleichen mit einem | |
| Konzern, der sich mehr als Logistikunternehmen begreift – schon klar, wer | |
| da am Ende schlechter abschneidet. Viele Einzelhändler halten es daher so: | |
| Vergleiche mit der stationären Konkurrenz – ja. Mit reinen Onlineshops – | |
| nein. | |
| ## Angst vor Veränderung | |
| Am schwierigsten wird es für die Kleinen. Läden wie Städte. „Je kleiner die | |
| Stadt, desto größer das Problem“, sagt Heinemann. Unter 100.000 Einwohnern, | |
| da werde es eng. | |
| Lässt sich dem etwas entgegensetzen? Der Kundenwanderung vom lokalen | |
| Computerladen hin zu Amazon? | |
| Es gibt Projekte, die das versuchen. Ebay zum Beispiel, das in Kooperation | |
| mit der Stadt Mönchengladbach ab Herbst lokale Händler auf die Plattform | |
| bringen will. Oder das mit Bundesmitteln geförderte Pilotprojekt „Online | |
| City Wuppertal“, wo Kunden Waren lokaler Händler online bestellen und ihre | |
| Ware dann geliefert bekommen oder vor Ort abholen können. Doch all diese | |
| Initiativen stehen vor einem Problem, das klein klingt, aber groß ist: dem | |
| Warenwirtschaftssystem. | |
| Ein Warenwirtschaftssystem in seiner einfachsten Form ist das Gedächtnis | |
| des Händlers. Im Idealfall hat er dabei im Kopf, welche Waren er bestellt | |
| und welche verkauft hat, und wenn eine Kundin fragt, ob es das blaue | |
| T-Shirt mit den Pinguinen, das im Schaufenster hängt, auch noch in L gibt, | |
| kann er sagen, dass das leider ausverkauft ist. Im schlechtesten Fall hat | |
| der Händler keinen Überblick, schickt erst die Kundin zum Regal und dann | |
| die Aushilfe ins Lager. Umsonst. Und die Kundin hat er auch noch verloren. | |
| ## Läden tun sich schwer mit Wirtschaftsystemen | |
| Digitale Warenwirtschaftssysteme sollen das lösen. Hier verlässt sich der | |
| Händler nicht mehr auf sein Gedächtnis oder Strichlisten an der Kasse. | |
| Gelieferte Ware landet im Programm, verkaufte wird beim Scan an der Kasse | |
| wieder gestrichen. Das digitale System ist die Voraussetzung dafür, dass | |
| die Verfügbarkeit eines einzelnen Produkts auf einer Webseite angezeigt | |
| werden kann. Und damit auch die Voraussetzung dafür, Waren online zu | |
| verkaufen. | |
| Doch die Läden tun sich schwer mit der Einführung solcher Systeme – sei es | |
| aus Kostengründen, fehlender technischen Kompetenz oder Scheu vor | |
| Einarbeitung. Das sagt nicht nur Heinemann, sondern auch Thilo Grösch. | |
| Grösch ist Mitarbeiter des Berliner Start-ups Locafox, das an einer | |
| Plattform arbeitet, auf der lokale Händler ihre Produkte online verkaufen | |
| können. | |
| Für die Händler ist das weniger Aufwand als ein eigener Onlineshop – sie | |
| brauchen keine Webseite, keinen IT-Fachmenschen, und weil die Kunden ihre | |
| Waren selbst im Laden abholen, auch kein Personal, das Pakete packt, | |
| Adressen druckt und Retouren wieder einsortiert. Doch ein digitales | |
| Warenwirtschaftssystem, das brauchen sie trotzdem. | |
| Herr Heinemann, warum hakt es an solchen Stellen? Gerrit Heinemann blättert | |
| durch eine Mappe voll Papieren, als wäre darin eine Antwort versteckt. „Aus | |
| Angst vor Veränderung“, sagt er. Und dass diese Angst die Händler letztlich | |
| die Jobs kosten werde. Viel eher als die Digitalisierung. Denn es geht – | |
| auch im Internet – nicht nur um den Preis. Wenn Kunden nicht finden, was | |
| sie wollten, oder plötzlich zu wollen glauben, nützt der beste Preis | |
| nichts. Was für einen Kunden zählt, ist nicht mehr, dass er ein paar | |
| beliebige Sneakers in einer ihm genehmen Farbe findet. Es muss das richtige | |
| Modell des richtigen Herstellers in der perfekten Farbe sein. Sonst ist er | |
| weg. Für Händler heißt das: Je größer die Auswahl, desto wahrscheinlicher | |
| wird der Kunde fündig. | |
| ## Der Trend geht ins Lokale | |
| Ein Kaufhaus bringt es je nach Größe auf mehrere Zehntausend bis einige | |
| Hunderttausend Produkte. Amazon hat laut einer Analyse des Instituts | |
| Marketplace Analytics alleine in Deutschland 150 Millionen Produkte im | |
| Sortiment. Da kann kein stationärer Händler gegenhalten. Selbst auf der | |
| Plattform Locafox kommen ein gutes Jahr nach ihrem Start alle Händler | |
| zusammen auf 500.000 Produkte. | |
| Trotzdem – oder vielleicht als Gegenbewegung – geht der Trend ins Lokale, | |
| und das nicht nur beim Gemüse. Verstärkt wird das ausgerechnet durch die | |
| Technik, die den stationären Händlern Sorgen macht: Smartphones. Denn mit | |
| dem Smartphone kann sich ein Kunde orten und Händler in der Umgebung | |
| anzeigen lassen. | |
| Zudem haben stationäre Läden eigene Stärken. Sei es, wenn sie sich | |
| spezialisieren und nur handgeerntete Produkte aus einer menorquinischen | |
| Provinz verkaufen. Oder weil sie im Service unschlagbar sind und jeden | |
| Kunden besser kennen als der Amazon-Vorschlags-Algorithmus. Und natürlich | |
| weil sehen, fühlen, tasten, anziehen, ausprobieren doch nicht so unwichtig | |
| ist. | |
| Das entdecken auch immer mehr reine Onlinehändler. Genau deshalb sitzt | |
| Christoph Lütke Schelhowe in einer Art Museum. Um ihm herum zimmerhohe | |
| Quader, begehbaren Containern nicht unähnlich, in denen Schaufensterpuppen | |
| stehen, Kleider hängen, Hüte liegen. Weiß, creme, rosa und Spitze unter | |
| sanfter Beleuchtung auf der einen Seite, ein paar Schritte weiter viel | |
| Schwarz und Kontraste, Kunstfell und derbe Stoffe unter hartem Licht. Lütke | |
| Schelhowe kümmert sich beim Modehändler Zalando (150.000 Produkte) um das | |
| „Kundenerlebnis“, und das hier ist der Showroom des Unternehmens. | |
| ## Online und offline vereinen | |
| Was für ein Wandel. Firmengründer Oliver Samwer tönte noch einst „Geschäf… | |
| sind Mittelalter. Sie wurden nur gebaut, weil es kein Internet gab.“ | |
| Mittlerweile hat Zalando hier nicht nur einen Showroom und einen | |
| Konferenzraum, der eingerichtet ist wie das durchschnittliche Wohnzimmer | |
| eines Kunden, sowie allein in Deutschland zwei Outletstores. Lütke | |
| Schelhowe, blaue Jeans, ausgewaschenes T-Shirt, Uhr mit rotem Lederarmband, | |
| geht sogar noch weiter: „Ich will nicht ausschließen, dass Zalando in | |
| Zukunft auch mal eigene Läden hat.“ | |
| Zalando wäre nicht der einzige Händler, der nach jahrelangem Onlinedasein | |
| auf die stationäre Welt schielt. Cyberport startete als Onlinehändler für | |
| Elektronikprodukte, mittlerweile hat er 15 Filialen in Deutschland und | |
| Österreich. Mymüsli verkaufte seine individuellen Müslimischungen einst | |
| über das Netz, mittlerweile jedoch auch in mehr als einem Dutzend Läden. | |
| Und an der US-Universität Purdue in Indiana hat sogar Amazon in diesem Jahr | |
| seinen ersten stationären Laden eröffnet. | |
| Wie sich heute schon die Trennung zwischen online und offline aufheben | |
| lässt, zeigt ein kleiner Laden in der Nähe des Hamburger Rathauses, aber | |
| etwas abseits der großen Einkaufsstraßen. Holzboden, Lounge-Musik, ein paar | |
| Modellpuppen in farbigen Anzügen, die meisten mit Hut. Doch da, vorne, | |
| rechts neben der Krawatte, eine Art münzengroßer Button aus Pappe. Ein | |
| QR-Code. Und da links neben dem Eingang ein Bildschirm. Und unsichtbar an | |
| den Modellen: Kleine Sender, mit Hilfe derer sich nähernde Kunden mit | |
| Smartphone Infos über Kleidung und Variationen angezeigt bekommen. | |
| ## Je kleiner der Laden, desto größer der Effekt | |
| Ist das alles? Ein Online-Auftritt, eine App, ein paar Sender und QR-Codes | |
| an den Anzügen, ein paar Bildschirme in den Läden? Kaspar von Grünberg, | |
| Gründer von Lionoir, grinst. Andere Händler würden oft befürchten, | |
| Millionenbeträge in die IT stecken zu müssen. Dabei gehe auch mit | |
| verhältnismäßig wenig Geld schon viel. | |
| Wenn also zum Beispiel Saturn, laut einer Sprecherin mit durchschnittlich | |
| 45.000 Produkten in einer Filiale, im Laden Bildschirme mit Zugriff auf den | |
| Onlineshop anbieten würde, dann hätten sie ihr Sortiment auf einmal mehr | |
| als verdoppelt. Ohne zusätzliche Fläche. Und ohne den Kunden, der nicht | |
| findet, was er sucht, an Amazon zu verlieren. Je kleiner der Laden, desto | |
| größer wäre der Effekt. Natürlich lässt sich so eine Information auch beim | |
| Personal erfragen. Zumindest, wenn es ansprechbar ist. Und Zeit und selbst | |
| die Technik hat, um nachzuschauen, welche Ware lieferbar ist. Und wenn die | |
| Hürde des Ansprechens für den Kunden nicht zu hoch ist. | |
| Bei Locafox, der Plattform, die lokale Händler ins Netz bringen will, | |
| überlegen sie, ob sie irgendwie Unterstützung vor Ort leisten können, mit | |
| dem Einrichten des digitalen Warenwirtschaftssystems. | |
| Bei dm sagt Harsch: „Wir wollen mal mit einem Angebot reingehen und dann | |
| werden wir erfahren und lernen und uns weiterentwickeln.“ Und bei Saturn | |
| kommt Heinemann doch noch zu seinem Kabel. Die Mitarbeiterin senkt den | |
| Preis von 25 auf 10 Euro und damit auf das Niveau des stationären | |
| Konkurrenten. 40 Minuten hat Heinemann im Laden verbracht. Die Zukunft | |
| braucht noch etwas Zeit. | |
| 25 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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