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# taz.de -- Logistik-Professor über Versand-Handel: „Das Niveau ist nicht fa…
> Amazon, Zalando, GLS – der Versandbranche fehlt es an sozialer und
> ökologischer Nachhaltigkeit, kritisiert Logistikforscher Richard
> Vahrenkamp.
Bild: Die Preise sind fair – die Arbeitsbedingungen eher nicht: Logistikzentr…
taz: Herr Vahrenkamp, Sie kritisieren seit vielen Jahren die von Ihnen so
genannte „Internet-Ökonomie“. Warum?
Richard Vahrenkamp: Viele große Internethändler und Paketdienste arbeiten
schlicht nicht nachhaltig.
Was meinen Sie damit?
Mit nachhaltig meine ich nicht nur einen engeren ökologischen Ansatz,
sondern einen weitgefassten Begriff der sozial-ökologischen Nachhaltigkeit.
Dazu zählt auch, dass Unternehmen Steuern bezahlen und Mitarbeiter für ihre
Alterssicherung aufkommen können.
Und das ist nicht der Fall?
Nein. Viele Internethändler zahlen nur sehr geringe oder oftmals auch gar
keine Gewerbesteuern an die Gemeinden, wo sie tätig sind, weil sie ihre
Gewinne nicht in Deutschland, sondern in Luxemburg oder den Niederlanden
ausweisen. Und die Paketdienste bezahlen teilweise ihre Beschäftigten so
gering, dass sie auf die Aufstockung vom Arbeitsamt angewiesen sind.
An welche Unternehmen denken Sie denn konkret?
Zalando zum Beispiel. Das Unternehmen zahlt keine Gewerbesteuer, weil das
Geschäftsmodell nicht auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet ist,
sondern auf die Steigerung des Marktanteils. Am Paketknoten von DHL in
Leipzig werden die 3.500 Mitarbeiter so schlecht bezahlt, dass sie auf die
Aufstockung durch das Arbeitsamt angewiesen sind. Die Kosten fallen dem
Steuerzahler zur Last. Vom Paketdienst GLS ist bekannt, dass sie ihre
Fahrer in Subunternehmerstrukturen organisieren. Die Fahrer sind
prinzipiell selbstständig, verdienen aber so wenig, dass keine
Alterssicherung möglich ist. Die Liste ließe sich fortführen.
Amazon hat gerade angekündigt, in Deutschland erwirtschaftete Gewinne auch
hier versteuern zu wollen.
Das Problem ist: Erwirtschaft Amazon hier auch Gewinne? Es wäre zu
bezweifeln. Auskunft darüber gibt der Konzern nicht.
Und Sie wollen die Unternehmen zu dieser sozial-ökologischen Nachhaltigkeit
zwingen?
Da der Staat Kontrollen zur Einhaltung von Sozialstandards nur schwer
leisten kann, schlage ich eine Nachhaltigkeitsabgabe von 50 Cent pro Paket
vor, die man gesetzlich festschreibt. Die Paketdienste müssten jedes Paket
markieren und die Einnahmen an die Bundesnetzagentur abführen, die die
Aufsicht über die Paketdienste führt.
Wer soll die Abgabe bezahlen?
Der Internethändler, also der, der auch das Porto bezahlt. Der Paketpreis
würde einfach um 50 Cent steigen.
Was soll damit passieren?
Es würde in einen Fonds fließen, der von der Bundesnetzagentur verwaltet
wird. Bei in Deutschland 2 Milliarden Paketen pro Jahr läge das Volumen bei
1 Milliarde Euro. Einen Teil des Geldes würde in die Sozialkassen fließen,
um die Kosten für Aufstocker und Rentenarmut aufzufangen. Der Rest würde
den Gemeinden zukommen, um die ausbleibenden Gewerbesteuereinnahmen
auszugleichen.
Sollten wir den Unternehmen nicht dafür dankbar sein, dass sie
Arbeitsplätze schaffen?
Ja, aber dann bitte auch fair. Bei Regulierung ist es immer das gleiche
Argument: Zu teuer! Aber sozial faire Systeme müssen eben einen gewissen
Mindestpreis haben. Man muss es von dieser Seite aus betrachten: Die
Internetbranche hat die Paketpreise auf ein Niveau gedrückt, das einfach
nicht fair ist. Und wir müssen Schutzplanken einziehen gegen diese
Niedrigpreisökonomie.
2 Jun 2015
## AUTOREN
Ruben Rehage
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