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# taz.de -- Länderranking zur rechten Gewalt: Brandenburg ganz vorn
> In Brandenburg ist die Gefahr am größten, Opfer eines Neonazi-Übergriffs
> zu werden. Das geht aus den Zahlen des Bundesinnenministeriums hervor.
Bild: Deutschland-Verliebter bei einem NPD-Umzug in Berlin.
BERLIN taz | Tatort Cottbus: Neonazis attackieren einen türkischen
Imbissbetreiber. „Scheißausländer“, brüllen sie. „Du Scheißkanake, ko…
raus!“ Sie bedrohen den Mann, würgen ihn am Hals. Tatort Wittenberge: ein
rechter Angreifer beschimpft einen Afghanen als „Scheißkanaken“, bedroht
ihn auf einer Schultoilette, versucht auf ihn einzuprügeln. Nur zwei von
mehr als 70 rechtsextremen Übergriffen im Jahr 2014 in Brandenburg.
Schon bei der [1][Vorstellung der Landesstatistik im Frühjahr] räumte das
Potsdamer Innenministerium eine bedenkliche Zunahme rassistischer und
fremdenfeindlicher Angriffe ein – allein acht ereigneten sich in der
kleinen Universitätsstadt Cottbus. Jetzt steht fest: Brandenburg hat im
vergangenen Jahr eine alarmierende Spitzenposition übernommen: Nirgendwo in
Deutschland war das Risiko größer, Opfer einer rechtsextremen Gewalttat zu
werden. Das geht aus einer aktuellen Berechnung des Bundesinnenministeriums
hervor, die der taz vorliegt.
In Brandenburg ereigneten sich 2014 demnach 2,98 rechte Übergriffe pro
100.000 Einwohner – mehr als in allen anderen Bundesländern. Auf Platz zwei
des Negativ-Rankings liegt Berlin mit 2,81 rechtsextremen Attacken pro
100.000 Einwohner, dicht gefolgt von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern.
Erstmals landete 2014 auch Nordrhein-Westfalen in dem Ländervergleich
bedenklich weit vorne – sogar noch vor Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Angesichts der enormen Gewaltbereitschaft der neonazistischen Szene
beispielsweise in Dortmund bestätigt dieses Ergebnis eine Entwicklung, vor
der Fachleute seit längerem gewarnt haben.
## Vergleichszahlen auf Nachfrage
Der Ländervergleich ist für einige Regionen heikel – schließlich droht
ihnen ein Imageproblem. Sachsen-Anhalt beispielsweise stand bisher
regelmäßig am schlechten Ende der Statistik. Einige Landesregierungen
dürften also erleichtert gewesen sein, dass das aufschlussreiche Ranking
unter Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen aus dem jährlichen
Verfassungsschutzbericht verschwunden war.
Erst auf Nachfrage der Linksfraktion im Bundestag reichte das
Bundesinnenministerium nun die Vergleichszahlen für 2013 und 2014 nach.
Die Innenexpertin der Linksfraktion, Martina Renner, wirft dem Bundesamt
für Verfassungsschutz vor, es sei „wieder einmal seiner Aufgabe nicht
nachgekommen“, die Politik und die Öffentlichkeit über „das reale Ausmaß
der Gefahr durch gewalttätige Neonazis zu informieren“.
Das Bundesinnenministerium hingegen begründet den Wegfall des Vergleichs
aus dem Verfassungsschutzbericht lapidar mit der „Notwendigkeit, den Umfang
der Publikation zu begrenzen“. Zudem habe man 2014 das Format „verschlankt�…
und mehr auf „journalistische Bedürfnisse“ zugeschnitten. Dieses Format
habe „nur durch den Verzicht auf verschiedene Angaben“ realisiert werden
können, „die in früheren Berichten noch enthalten waren“, argumentiert das
Bundesinnenministerium. Eine kuriose Begründung, schließlich zogen gerade
Journalisten den Ländervergleich gerne als Anhaltspunkt für die regionale
Gewichtung des Problems heran.
## Grenzen der Statistik
Die Linksfraktion fordert nun, die Statistik müsse künftig wieder in den
Verfassungsschutzbericht aufgenommen werden. Auch wenn sie „nur einen
Ausschnitt der Realität“ widerspiegele, enthalte die Übersicht doch „extr…
wichtige Indikatoren“ – etwa wo sich gefährliche Neonaziszenen entwickeln
und ob die Gegenmaßnahmen funktionieren oder nicht.
Allerdings birgt die Statistik auch Schwächen. Die Mobile Beratung für
Opfer rechtsextremer Gewalt in Sachsen-Anhalt kann sich beispielsweise über
die angebliche Verbesserung der Lage in ihrer Region nicht freuen: „Die
offiziellen Zahlen geben nicht wieder, was 2014 in Sachsen-Anhalt
tatsächlich alles passiert ist“, kritisiert die Opferberaterin Antje Arndt.
Während die Opferberatungsstelle insgesamt 77 bei der Polizei angezeigte
rechtsextreme Gewalttaten registrierte, kam das Innenministerium
überraschend nur auf 47 Fälle. Statt einer geschrumpften Gefahr sieht die
Opferberatung deshalb eher ein gewachsenes „Wahrnehmungsdefizit“ bei den
Sicherheitsbehörden in Sachsen-Anhalt.
Am geringsten war die Gefahr, Opfer rechter Gewalt zu werden, der Statistik
nach im Saarland und in Baden-Württemberg. Im Saarland registrierten die
Sicherheitsbehörden demnach 2014 nur 0,2 rechtsextreme Gewalttaten pro
100.000 Einwohner, in Baden-Württemberg waren es 0,22.
22 Jul 2015
## LINKS
[1] /Rechte-Szene-in-Brandenburg/!5016449/
## AUTOREN
Astrid Geisler
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