# taz.de -- Lockerung der Iran-Sanktionen: Der Ölpreis hoppelt | |
> Wegen des Überangebots auf dem Markt dürften die iranischen Ölexporte nur | |
> langsam steigen. Probleme gibt es auch beim Gas. | |
Bild: Die iranische Ölindustrie ist veraltet | |
Direkt nach der Ankündigung des Nuklearabkommens mit dem Iran kam der | |
Ölpreis unter Druck. Doch er erholte sich schnell wieder, nachdem die | |
Märkte gemerkt hatten, dass frühestens Anfang nächsten Jahres mit höheren | |
Ölexporten aus dem Iran zu rechen ist. Der Iran muss erst nachweisen, dass | |
er alle Elemente des Abkommens implementiert hat, bevor die Sanktionen | |
aufgehoben werden. Die internationale Atomenergieagentur IAEA geht davon | |
aus, dass dies Mitte Dezember der Fall sein wird. | |
Als Erstes kann der Iran dann seine Vorräte auf den Markt werfen. | |
Schätzungen zufolge hat das Land 20 bis 40 Millionen Barrel Öl an Lager ein | |
Barrel sind 159 Liter. Anschließend kommt es darauf an, wie schnell der | |
Iran seine Ölproduktion steigern kann und ob er Käufer dafür findet. | |
Teheran hat angekündigt die Exporte in sechs Monaten von heute gut einer | |
Million auf über zwei Millionen Barrel pro Tag zu verdoppeln. „Die eine | |
Frage ist, wie schnell können sie Öl auf den Markt bringen, und die andere | |
Frage ist, wie schnell können sie es verkaufen beim derzeitigen | |
Preiskrieg?“, sagt Bijan Khajepour, ein Berater, der die iranische | |
Ölindustrie verfolgt. Khajepour schätzt, dass der Iran seine Produktion | |
sehr schnell um 400.000 Barrel pro Tag erhöhen kann, indem er Förderanlagen | |
stärker auslastet. | |
Dann wird es aber schwieriger. Die iranische Ölindustrie ist veraltet, und | |
viele Förderanlagen wurden in Folge der Sanktionen stillgelegt. Um seine | |
Ölindustrie zu modernisieren, ist der Iran auf das Know-how der großen, | |
internationalen Ölkonzerne angewiesen. Vor den Sanktionen waren | |
insbesondere die Ölmultis Eni, Statoil und Total im Iran aktiv. | |
## Es wird schwierig für den Iran | |
Das iranische Öl wird auf einen Weltmarkt treffen, der bereits heute einen | |
Angebotsüberhang hat. Jeden Tag werden zwei Millionen Barrel mehr gefördert | |
als verbraucht. „Irans Anstrengungen, seine Ölexporte zu steigern, hätten | |
nicht zu einem schlechteren Zeitpunkt kommen können, in Anbetracht des | |
Überangebots auf dem Markt“, sagt Michael Cohen von der Barclays Bank. In | |
SaudiArabien und Russland ist die Ölproduktion nahe einem Allzeithoch, und | |
auch die amerikanische Produktion von Schieferöl ist trotz des | |
Preisverfalls nicht zurückgegangen. | |
Ed Morse von der Citigroup Bank erwartet daher, dass es schwierig wird für | |
den Iran, schnell zusätzliche Käufer zu finden: „Der Markt wird den Iranern | |
gegenüber unfreundlich sein, wenn es darum geht, Platz zu machen, um so | |
schnell so viel Öl zu verkaufen.“ Aus Sicht von Stephen Davis von Signal | |
Analytics ist letztlich aber die chinesische Ölnachfrage entscheidend: „Die | |
Leute konzentrieren sich zu sehr auf Angebot und Nachfrage, dabei ist es | |
die Weltwirtschaft, die den Ölpreis bestimmt – und China steht | |
stellvertretend für die Weltwirtschaft.“ Doch China kämpft derzeit mit | |
nachlassendem Wachstum und Turbulenzen an den Aktienmärkten. Davis: „Es ist | |
ein doppelter Schlag: Nicht nur das Angebot steigt viel mehr als es sollte, | |
sondern die Nachfrage ist auch schwächer.“ | |
Noch schwieriger wird eine deutliche Erhöhung der iranischen Gasexporte. | |
Das Land sitzt zwar auf den größten Gasvorkommen der Welt, hat aber zu | |
wenig Kapazitäten, um das Gas zu exportieren. Der iranische Anteil am | |
globalen Gasmarkt liegt bei nur 1 Prozent. | |
Das ist auch der EU nicht entgangen, die derzeit versucht, unabhängiger von | |
russischem Gas zu werden. Der EU Energiekommissar Miguel Arias Cañete sagt | |
denn auch: „Es gibt ein Potenzial für größere Zusammenarbeit zwischen der | |
EU und dem Iran.“ Aber: „Es ist zu früh, um den Zeitpunkt erster | |
Lieferungen abzuschätzen.“ | |
## Europa sollte sich sputen | |
Der Iran verfügt derzeit über keine Anlage zur Verflüssigung von Gas und | |
hat nur zwei kleinere Exportleitungen in die Türkei und nach Armenien. Aus | |
Sicht von Sijbren de Jong vom Zentrum für strategische Studien in Den Haag | |
sollte sich Europa aber sputen: „Wenn europäische Firmen, Regierungen und | |
die EU jetzt nicht auf die Überholspur einbiegen, dann werden andere Länder | |
schneller sein.“ So will China eine Leitung vom Iran nach Pakistan bauen. | |
Der Iran hat aber nicht nur Öl und Gas, sondern auch Pistazien. Im Abkommen | |
verpflichten sich die USA, „Lizenzen für den Import von iranischen | |
Teppichen und Lebensmitteln inklusive Pistazien und Kaviar“ zu erteilen, | |
auch wenn das den Pistazienproduzenten in Kalifornien kaum schmecken | |
dürfte. | |
16 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
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