| # taz.de -- Buch über Baskenland und Rassismus: Eine eigentlich eigene Identit… | |
| > Der Autor Ibon Zubiaur hat einen persönlichen Bericht über die Erfindung | |
| > der baskischen Nation und ihren Rassismus geschrieben. | |
| Bild: Graffito in Azpeitia, Baskenland. | |
| Wer Ibon Zubiaur heißt, der muss aus Euskadi, dem Baskenland, kommen. Der | |
| Autor eines Essays „Über die Erfindung einer exotischen Nation“ mit dem | |
| Titel „Wie man Baske wird“ stammt aus der Gegend im Nordwesten der | |
| Iberischen Halbinsel, dort, wo die Pyrenäen den Atlantik erreichen. | |
| Eine Region, wo sich die Menschen mit „egun on“ begrüßen, mit „agur“ | |
| verabschieden und mit „eskerrik asko“ bedanken. Die Basken hacken mit einer | |
| Axt Holz um die Wette, stemmen zentnerschwere Steine, spielen Pelota, eine | |
| Art altertümlichen Squash, bei dem mit bloßer Hand ein Lederball gegen eine | |
| Wand geklatscht wird, huldigen mit dem Athletic Club Bilbao einem | |
| Erstligisten, der nur Spieler aus der Region einstellt. Sie sind für die | |
| gute Küche ebenso bekannt, wie für den Kampf um Unabhängigkeit. | |
| Zubiaur berichtet in seinem Bändlein über seine Kindheit und Jugend in | |
| Getxo. Er wuchs dort auf, wo der Nervión aus der Stadt Bilbao, die einst | |
| für ihre Hochöfen und Schiffswerften und seit der Abwicklung der | |
| Großindustrie für ihr Kunstmuseum Guggenheim bekannt wurde, kommend in den | |
| Atlantik mündet. Es ist das Baskenland, so wie das Baskenland sein sollte. | |
| Hafen, Industrie, Unternehmervillen, Arbeiterviertel, alte Landhäuser, | |
| Atlantik, grüne Wiesen … eine Mischung, die auf den ersten Blick | |
| verwundert, um dann auf den zweiten Blick seltsam harmonisch zu erscheinen. | |
| Es ist ein seltsames Fleckchen Erde, das seltsame Menschen hervorgebracht | |
| hat. Darum geht es in Zubiaurs Buch, das er auf Deutsch verfasste. Mit Witz | |
| und doch ernst und nachdenklich berichtet der Autor, der sein Baskenland | |
| längst eingetauscht hat, zuerst gegen München, wo er Direktor des | |
| spanischen Kulturinstitutes Cervantes war, und dann gegen seine derzeitige | |
| Wahlheimat Berlin, über seine Heimat, die Menschen und die Entwicklung seit | |
| dem Ende der Franco-Diktatur, als die Region ihre Autonomie erreichte. | |
| ## Geschichte wurde baskisiert | |
| Seine Schulzeit erlebte er als „kollektives Experiment“. Zubiaur gehört zur | |
| ersten Generation, die vollständig auf Baskisch unterrichtet wurde, einer | |
| alten Sprache, die nur jeder vierte Baske perfekt beherrscht. „Freilich war | |
| es eine Fremdsprache, die mir als die eigentliche eigene verkauft wurde“, | |
| erinnert er sich. Zu Hause und auf der Straße sprach er spanisch, in der | |
| Schule baskisch, das aus seinem persönlichen Umfeld niemand wirklich | |
| beherrscht. Auch Zubiaur hat die Unterrichtssprache längst dort abgelegt, | |
| wo so vieles Schulwissen endet. | |
| Doch hier endete das Experiment nicht: „Ich gehörte zu einer Generation, | |
| deren Schulbildung nicht nur vollkommen auf Baskisch, sondern auch unter | |
| Berücksichtigung des nationalistischen Gedankenguts vonstatten ging“, | |
| berichtet Zubiaur weiter. | |
| Es waren die Jahre, in denen die regierenden Nationalisten ihr Baskenland | |
| konstruierten. Die Ortsnamen änderten sich nach und nach. Alles wurde | |
| baskisiert. Die Geschichte wurde dem angepasst, was den Nationalisten als | |
| politisch korrekt in ihrem Sinne gilt. | |
| Zubiaur sinniert über die von den Nationalisten gepriesene „baskische | |
| Rasse“. Er zitiert die Schriften von Sabino Arana, jenes Mannes, der im 19. | |
| Jahrhundert den baskischen Nationalismus erfand. | |
| ## Guter Baske, schlechter Baske | |
| Er versucht zu ergründen, warum all das von der baskischen Bevölkerung | |
| bereitwillig als „selbstverständlich“ übernommen wurde, und geht auf die | |
| Suche nach dem, was für ihn persönlich das Baskesein ausmacht. Zubiaur | |
| stellt sich die Frage, ob er denn nun ein guter Baske, ein schlechter Baske | |
| sei, ja, ob er es überhaupt wert ist, als Baske zu gelten. „Ich wurde über | |
| meine ganze Jugend mit der Frage konfrontiert, ob ich mich als Baske oder | |
| als Spanier fühle oder (wenn man über die plumpe binäre Logik | |
| hinausgewachsen war) eher als Baske denn als Spanier.“ Zubiaur beantwortet | |
| diese Frage für sich, und tut es letztendlich irgendwie doch nicht. | |
| „Wie man Baske wird“ – oder denn auch nicht – ist eine lesenswerte, sehr | |
| persönliche Betrachtung von Sprache, Kultur und Geschichte jenes | |
| gebirgigen, exotischen und in seiner Andersartigkeit sympathischen | |
| Landstriches am Golf von Biskaya. | |
| Ob als Ergänzung zu anderen Büchern über das Baskenland, als kleine | |
| Nachtlektüre auf einer Reise durch Euskadi oder ganz einfach, um Lust zu | |
| machen aufs Thema: Zubiaurs Essay wird jedem Leser gerecht. | |
| 17 Jul 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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