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# taz.de -- WM-Vorschau Deutschland-Frankreich: Gipfeltreffen im Schuldenpalast
> Die Partie gegen Frankreich ist ein vorweggenommenes Endspiel. Das
> Viertelfinale wird im viel zu großen Stadion von Montreal ausgetragen.
Bild: Celia Sasic (r.) und die Norwegerin Emma Sofia Berglund im Achtelfinale
montreal taz | Volles Haus war hier zuletzt als Papst Johannes Paul II.,
Metallica und die Rolling Stones ihre Messen abhielten. Während der
Frauen-WM herrschte im Stade Olympique bisher gespenstische Leere. Ob
Superstar Marta mit Brasilien, die Gastgeber Kanada oder Frankreich – die
Spiele in der frankophilen Millionenmetropole wirkten wie Geisterspiele.
Im über 66.000 Plätze fassenden Olymp verloren sich die rund 15.000
Zuschauer, die zum Achtelfinale der Französinnen gegen Südkorea am Montag
gekommen waren. „Ein bisschen komisch fühlte sich das erstmal schon an“,
sagte Laura Georges, die zentrale Verteidigerin der Equipe Tricolore nach
dem Spiel.
Am Freitag findet hier das Viertelfinale Deutschland-Frankreich statt. Als
vorweggenommenes Finale wird es von vielen schon jetzt gesehen. Die
Französinnen hatten zwar eine durchwachsene Gruppenphase, im Achtelfinale
aber zeigten sie, was sie wirklich drauf haben. Für die deutsche Torhüterin
Nadine Angerer ist Frankreich „Top-Favorit“. Für die Bundestrainerin „ei…
technisch brillante Mannschaft, die auf allen Positionen hervorragend
besetzt ist. Ich erwarte ein Spiel zweier gleichwertiger Gegner, die sich
nichts schenken werden“.
Die Französinnen haben gegenüber den Deutschen einen kleinen Vorteil. Sie
kennen die Atmosphäre im 1976 für die Olympischen Sommerspiele gebauten,
komplett überdachten Stadion im Osten der Stadt. „Die Aircondition
funktioniert. Es fühlt sich ganz gut an“, sagt Mittelfeldspielerin Amandine
Henry.
## Fassungslose Topstürmerin
Die deutsche Topstürmerin Célia Sasic ist eher fassungslos. „Das hat doch
eher was von Hallenfußball. Verrückt.“ Pauline Bremer versucht sie etwas zu
beruhigen. „Während man spielt, merkt man gar nicht mehr, ob man drinnen
oder draußen ist“. Die 19-jährige Mittelfeldspielerin hat mit dem Stade
Olympique gute Erfahrung gemacht. Sie wurde hier letztes Jahr
U-20-Weltmeisterin.
Nicht nur den Spielerinnen auch den Bewohnern Montréals ist das Stadion
suspekt. „Es ist unmenschlich“, sagt Henry, einer der Freiwilligen, der für
die Fifa im Stadion die Pressebetreuung macht. „Niemand kommt hier gerne
her, weil es so groß ist und weil es so teuer war.“ 264 Millionen
kanadische Dollar hat es gekostet, Schulden, die die kanadische Regierung
30 Jahre lang abbezahlt hat. Deswegen wird das wegen seiner Form als „The
Big O“ bezeichnete Stadion auch „The Big Owe“ (Die großen Schulden)
genannt.
Hätte es nicht andere Orte gegeben, an denen die WM gespielt werden kann?
Es ist einer von diesen Fehlplanungen, über die hier alle, die nur ein
bisschen was mit Fußball zu tun haben, die Köpfe schütteln. Die WM,
aufmerksamen Zuschauern wird es nicht entgangen sein, findet nämlich nicht
in Toronto, der größten Stadt Kanadas und der einzigen, mit einer
nennenswerten Fußballtradition, statt.
## Kanada gegen England
Hier werden im Juli die Panamerikanischen Spiele ausgetragen, weswegen die
für ihre Barmherzigkeit bekannte Fifa zurückzog und lieber die bizarren
Austragungsorte Moncton im östlichen New Brunswick, Edmonton im nördlichen
Alberta und eben das megalomane Stade Olympique auswählte.
Keinen Vorwurf kann man hingegen den Gastgebern machen, dass die Auslosung
die beiden Turnierfavoriten Deutschland und Frankreich so früh
aufeinandertreffen ließ. Kanada hingegen ist das Glück beschieden,
frühestens im Halbfinale auf eines der Top-Teams, in diesem Falle Japan, zu
treffen.
Les Bleues und La Mannschaft – so nennen die Franzosen auch das deutsche
Frauenteam – tun in Montréal während der spielfreien Tage alles dafür, sich
zu entspannen. Teilweise kennen sich die Spielerinnen sehr gut. Célia Sasic
und die Stürmerin Elodie Thomis sind eng befreundet, schreiben sich hier
sogar Kurznachrichten. Das Spiel werde eine „harte Nuss“, sagt Sasic. Aber
das sind Spiele, die sie mag. „Da kann man sich zerreißen und alles aus
sich rausholen. Es gibt keine Ausrede, sich nicht vollkommen zu
verausgaben.“
## „Feuer-Trio“-Sturm
Die Französinnen sehen das genauso. In höchsten Tönen lobt der „Feuer-Trio…
genannte Sturm aus Marie Laure Delie, Eugénie Sommer und Elodi Thomis die
Deutschen. „Angst haben wir nicht“, sagt Delie. „Es wird ein echter Kampf
und ein tolles Spiel“.
Eines haben beide Teams schon mal geschafft: die Qualifikation für Olympia
nächstes Jahr in Rio. „Wir freuen uns sehr, dass dieses Etappenziel
erreicht ist. Allerdings verlieren wir deshalb nicht unseren Titeltraum und
die Konzentration aufs Viertelfinale gegen Frankreich nicht aus den Augen“,
sagt DFB-Teammanagerin Doris Fitschen. Silvia Neid kann ebenfalls zufrieden
sein.
Hätte die Qualifikation nicht geklappt, hätte sie womöglich bereits nach
der WM ihren Job an Steffi Jones abgeben müssen. Jetzt hat sie nichts mehr
zu verlieren. Selbst ein Ausscheiden gegen einen Gegner wie Frankreich
würde kein Gesichtsverlust bedeuten.
25 Jun 2015
## AUTOREN
Doris Akrap
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