# taz.de -- Politologe über US-Wahlkampf: „Gegen Bush ist Clinton im Vorteil… | |
> Jeb Bush will als dritter Bush ins Weiße Haus. Stanford-Professor David | |
> Brady über Hillary Clinton, den Kampf bei den Republikanern und | |
> Herzensbrecher Obama. | |
Bild: Voll im Wahlkampfmodus: Hillary Clinton. | |
taz: [1][Jeb Bush] möchte als dritter Bush [2][gerne Präsident der USA | |
werden]. Neben ihm haben schon zehn weitere republikanische Politiker ihre | |
Kandidatur verkündet. Ganz schön unübersichtlich. | |
David W. Brady: Und mindestens fünf Kandidaten werden wohl noch folgen. | |
Herrje, ich überlege, ob ich kandieren soll … | |
Mehr als ein Dutzend Politiker bei den Republikanern kämpfen darum, eine | |
Chance aufs Weiße Haus zu bekommen. Ist das gut für die Demokratie? | |
Es ist ganz hervorragend, wenn ich Demokrat bin. Denn die Kandidaten der | |
Republikaner werden sich gegenseitig fertigmachen. Und viele von ihnen | |
werden extrem nach rechts rücken, um die Nominierung ihrer Partei zu | |
bekommen. | |
[3][Hillary Clinton], die aussichtsreichste Kandidatin bei den Demokraten, | |
kann sich zurücklehnen und entspannen? | |
Durchaus. Mein Lieblingsmoment in diesem Vorwahlkampf wird sein, wenn die | |
republikanischen Kandidaten in South Carolina auftreten und ein Reporter | |
fragt: „Wie viele von Ihnen glauben, dass eine Abtreibung eine zu viel | |
ist?“ Alle werden aufstehen, denn South Carolina ist ein Staat mit | |
mehrheitlich konservativen, religiösen Menschen. Niemand kann als | |
Republikaner dort öffentlich für Abtreibung sein. Wenn man Demokrat ist, | |
kann man sich das in Ruhe anschauen. Hillary wird am Ende keine großen | |
Probleme haben, auch, wenn sie im Land nicht besonders beliebt ist. | |
Warum gilt ihre Kandidatur und dann ihr Sieg im November 2016 derzeit | |
dennoch als aussichtsreich? | |
Es gibt sehr viele Menschen, [4][die eine Frau im Weißen Haus sehen wollen] | |
und außer Hillary Clinton gibt es niemand anderen. | |
Die Republikaner sind also chancenlos? | |
Das Gute an diesem großen Kandidatenfeld ist, dass man erkennen kann, wer | |
eine gute Strategie hat. [5][Scott Walker], (Anmerkung der Redaktion: | |
Gouverneur in Wisconsin), [6][Ted Cruz] (Senator in Texas) und andere | |
werden sehr früh sehr schnell versuchen, viel Aufmerksamkeit zu bekommen | |
und auch jetzt schon viel Präsenz in der Öffentlichkeit zu zeigen. Für Jeb | |
Bush zählt nur eine Vorwahl: die allererste in New Hampshire im Februar | |
2016. Wenn er dort nicht gewinnt, ist er raus aus dem Rennen. Wenn er | |
jedoch New Hampshire gewinnt, wird er viele seiner Konkurrenten innerhalb | |
der Partei hinter sich lassen und das Rennen wird sich auf einige wenige | |
beschränken. | |
Jeb Bush gegen Hillary Clinton, wäre das nicht die Rückkehr in die 80er und | |
90er Jahre mit den Präsidenten Bush, Clinton und dann wieder Bush? Braucht | |
Amerika nicht eher Erneuerung? | |
Wir brauchen einen Macher. Jemanden, der etwas schafft. Wenn es dazu kommt, | |
dass es einen Wahlkampf zwischen Bush und Clinton gibt, ist das ein | |
absoluter Vorteil für Hillary. Denn es nimmt ihr den Vorwurf, dass das Land | |
schon zu viel von „den Clintons“ gesehen hat. | |
Denn mit den Bushs ist es noch schlimmer. | |
Ganz genau. Der Vorwurf einer Dynastie, die Amerika regiert, wäre damit für | |
Clinton verschwunden. Wenn es zu Bush gegen Clinton kommt, dann wird es ein | |
Wahlkampf sein zwischen einer Familie, die unglaublich reich ist und diesen | |
Reichtum genutzt hat, um politische Macht zu erlangen – und einer Familie, | |
die ihre politische Macht genutzt hat, um unglaublich reich zu werden. | |
Wer hat aus Ihrer Sicht die besten Chancen bei den Republikanern? | |
[7][Marco Rubio], Senator für Florida mit kubanischen Wurzeln, ist sehr | |
gut. Wäre ich Demokrat, würde ich mir um ihn am meisten Sorgen machen. Wenn | |
er gegen Hillary antritt, kann er sagen: Ich bin die Zukunft, sie ist die | |
Vergangenheit. Und er spricht viele Wählergruppen an. Es ist ein großes | |
Missverständnis, dass alle Latinos in den USA automatisch Demokraten | |
wählen. Viele von ihnen haben eine große Nähe zu Republikanern, wenn es um | |
Werte und auch um Wirtschaftsfragen geht. | |
Bei den Republikanern ist alles offen. Bei den Demokraten scheint alles | |
klar: Ist Hillary Clinton als Kandidatin gesetzt? | |
Sie ist, wie schon erwähnt, nicht besonders populär und geht nicht | |
unbelastet in den Wahlkampf. Ihr Ehemann Bill ist ihr größter Joker und ihr | |
größtes Problem. Aber bei den Demokraten wird niemand mehr auftauchen, der | |
sie ernsthaft gefährden wird. | |
Clinton hat am vergangenen Wochenende [8][ihre erste große Wahlkampfrede | |
gehalten]. Die Präsidentschaftswahl ist noch weit über ein Jahr entfernt. | |
Warum werden Wahlkämpfe immer länger? | |
Es geht um Geld und die Eliten, denn viele „Durchschnittsbürger“ | |
interessieren sich nicht wirklich für Politik und die ganzen Debatten des | |
Wahlkampfs. | |
Aber sollte Politik nicht alle erreichen? | |
Wenn man regiert, ja. Aber im Wahlkampf nicht unbedingt. Politiker | |
versprechen den Leuten im Wahlkampf alles, was sie hören wollen, es ist das | |
reine Showbiz. Politiker sind Herzensbrecher, sie erfüllen nie die | |
Erwartungen, man möchte mit keinem verheiratet sein. Was hat Obama in | |
seiner Amtszeit groß erreicht? | |
Ist Obama der größte Herzensbrecher, den die USA je erlebt haben? | |
Mein Herz hat er nicht gebrochen, ich hatte es nicht anders erwartet. Er | |
war ein großartiger Wahlkämpfer, aber wenn man wirklich geglaubt hat, er | |
würde Republikaner dazu bringen, etwa für seine Gesundheitsreform zu | |
stimmen, ist man verrückt. Niemals hätten die Konservativen dem zugestimmt, | |
auch nicht, wenn der Präsident Barack Obama heißt. Aber: Er hat sie | |
durchgebracht. Das ist weder Bill Clinton gelungen noch Hillary Clinton. | |
Gleichzeitig ist die Reform das Beste, was den Republikanern passieren | |
konnte, denn sie können sie einfach ablehnen und müssen keine Alternative | |
aufzeigen. Dagegen zu sein, reicht. Es wird ihnen im jetzigen Wahlkampf | |
helfen. | |
Die Annäherung zwischen dem rechten und linken Lager, die Obama immer | |
beschworen hat, sie ist nur eine Illusion? | |
Bis auf wenige Ausnahmen war es immer so, dass die Republikaner und | |
Demokraten klar abgegrenzt von sehr unterschiedlichen Positionen aus agiert | |
haben und das weiter tun werden. Und etwa 42 Prozent der Bürger in den USA | |
bezeichnen sich als unabhängig und finden keine der beiden Parteien gut. | |
Das bedeutet viel Überzeugungsarbeit in einem Wahlkampf, der immer teurer | |
wird. Die sogenannten [9][Super PACs], die Politiker unterstützen, können | |
unbegrenzt Geld in Fernsehspots und andere Wahlkampfmittel investieren, | |
solange es nicht direkt an die Kandidaten und ihre Kampagnen fließt. | |
Bis zum Jahr 2008 sind die Wahlkämpfe in Relation zu unserem | |
Bruttoinlandsprodukt nicht teurer geworden, aber ja, die Super PACs haben | |
die Situation verändert. Der Unterschied zwischen unserer und europäischer | |
Politik ist, dass Politiker bei uns nicht Parteien durchlaufen müssen, um | |
etwas zu werden. Wenn ich nicht gut finde, was ein Politiker in meinem | |
Wahlkreis macht, kann ich gegen ihn kandidieren. Und zwar als Republikaner | |
oder als Demokrat. Deswegen brauche ich als Kandidat aber auch viel Geld, | |
um meinen Wahlkampf zu finanzieren. Und der Kontakt mit den Wählern ist | |
sehr direkt. | |
Clinton und Bush werden keine Probleme haben, genug Geld für ihren | |
Wahlkampf aufzubringen. Da das Rennen bei den Republikanern noch offen ist, | |
bei den Demokraten aber entschieden scheint: Würden Sie Clinton wählen? | |
Nicht unbedingt. Aber ich würde sie wählen wenn jemand wie Ted Cruz, der | |
der rechten Tea Party nahesteht, der Kandidat der Republikaner wäre. Ich | |
war immer Demokrat und dann habe ich 1988 George Bush gewählt – und ich | |
würde es wieder tun. Ich mag die Republikaner, wenn es um ökonomische | |
Fragen geht, ich lehne ihre Positionen in Gleichstellungsfragen hab. So | |
geht es vielen Amerikanern. Jeb Bush wiederum kenne ich persönlich, er ist | |
sehr klug. | |
Könnte Clinton dennoch eine gute Wahl für das Land sein? | |
Sie wäre besser als Obama. Allerdings haben viele Angst, dass sie uns in | |
einen neuen Krieg führt und das ist vorstellbar, schließlich hat sie 2002 | |
für den Einmarsch in den Irak gestimmt. | |
15 Jun 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.facebook.com/jebbush | |
[2] http://www.nytimes.com/2015/06/16/us/politics/jeb-bush-presidential-campaig… | |
[3] http://www.hillaryclinton.com/ | |
[4] /Kommentar-Clintons-Kandidatur/!5012949 | |
[5] http://walker.wi.gov/ | |
[6] http://www.cruz.senate.gov/ | |
[7] http://www.rubio.senate.gov/public/ | |
[8] http://www.msnbc.com/melissa-harris-perry/watch/hillary-clinton-kicks-off-c… | |
[9] http://www.opensecrets.org/pacs/superpacs.php | |
## AUTOREN | |
Rieke Havertz | |
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