# taz.de -- 9 Millionen Iraker auf der Flucht: UNO braucht mehr Geld für den I… | |
> Der UN-Hilfskoordinator sagt, die humanitäre Lage im Irak sei schlimmer | |
> als in Syrien. Das liege vor allem an den Binnenvertriebenen. | |
Bild: Frauen fliehen aus Ramadi vor den Angriffen der Dschihadisten vom IS. | |
BERLIN taz | Die Vereinten Nationen warnen vor einer Zuspitzung der | |
humanitären Lage im Irak. Im Laufe der nächsten Monate werde die Zahl der | |
Menschen, die in dem Land auf internationale Hilfe angewiesen sind, auf | |
fast zehn Millionen ansteigen, das wäre fast jeder dritte Einwohner des | |
Landes. Schon heute sind es etwa 8,8 Millionen. „Es gibt im Irak weit mehr | |
Binnenvertriebene als in Syrien“, sagte Dominik Bartsch, der | |
Irak-Nothilfekoordinator der UN, am Donnerstag in Berlin. | |
Im Irak sei die Situation „so wie man sie sonst nur aus anderen Kontinenten | |
kennt“, so Bartsch. Allein aus der Stadt Ramadi seien zuletzt 140.000 | |
Menschen vor dem IS geflüchtet, viele stecken auf dem Weg nach Bagdad fest, | |
Kinder seien gestorben. Ein Drittel des Landes sei unter Kontrolle des IS, | |
in diesen Gebieten schätzen die UN die Zahl der Menschen, die Hilfe | |
brauchen, auf 2,3 Millionen. Das IS-Gebiet allerdings ist für UN-Helfer | |
nicht direkt zugänglich. | |
Die Gegenoffensive der Regierung sei „ins Stocken geraten“, sagt Bartsch. | |
Die UN gehen davon aus, dass in den nächsten Monaten eine Reihe weiterer | |
Städte unter Beschuss kommen werden und noch mehr Menschen fliehen müssen. | |
An 14 sogenannten Flashpoints, potentiellen Konfliktherden, sei mit | |
Angriffen des IS zu rechnen, darunter auch große Städte wie Fallujah und | |
Tikrit. „Wir planen für dieses Szenario“, so Bartsch. | |
Nach der Offensive des IS vor einem Jahr waren auch viele Angehörige der | |
Mittelschicht geflohen. Diese so genannten „self settled refugees“ hatten | |
sich bislang mit Ersparnissen über Wasser halten können. Doch ihre | |
Ressourcen seien langsam aufgebraucht. „Immer mehr von denen rutschen jetzt | |
auch in die Lager“, sagte Bartsch. Die irakische Regierung könne sich immer | |
weniger um die Versorgung der Binnenflüchtlingen kümmern. | |
## Müttersterblichkeit von ungeahntem Ausmaß | |
Das gleiche gilt für die UN, denn die ist im Irak massiv unterfinanziert. | |
Bartsch warb in Deutschland für einen Hilfsaufruf der UN: „Die Krise im | |
Irak verdient deutlich mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung, als sie | |
bekommt“, heißt es darin. Bartsch beklagte, dass Irak oft als Teil der | |
Syrien-Krise wahrgenommen und deshalb vernachlässigt werden. | |
In nächster Zukunft brauchen die UN 500 Millionen Dollar, um die Versorgung | |
im Irak aufrecht erhalten zu können. „Das ist nicht der übliche Appell, den | |
wir sonst machen, das ist das absolute Minimalpaket“, sagte Bartsch. | |
Die Müttersterblichkeit ist im Irak heute um 50 Prozent höher als im | |
kriegverwüsteten Syrien, die Kindersterblichkeit liegt im Irak gar 2,5 mal | |
so hoch. Die Hilfeleistungen seien „kein Beiwerk, sie dienen nur dem | |
Überleben“. Was mit den erbetenen Geldern finanziert werden könne, sei | |
„weit weniger großzügig als das, was nach dem Krieg in Berlin mit den | |
Rosinenbombern angekommen ist.“ | |
11 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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