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# taz.de -- Kommentar Kirche und Missbrauch: Der Papst handelt endlich
> Franziskus geht mit einem „Gericht“ gegen das Vertuschen von
> Kindesmissbrauch vor. Ein wichtiger Schritt der katholischen Kirche.
Bild: Fasst sich endlich mal an den Kopf: Papst Franziskus.
So einen Fall wie den des australischen Kurienkardinals George Pell dürfte
es in Zukunft also nicht mehr geben. Dem Präfekten des vatikanischen
Wirtschaftssekretariats wird vorgeworfen, einem Missbrauchsopfer Geld
geboten zu haben, damit es über den an ihm begangenen Missbrauch schweigt.
Pell bestreitet die Vorwürfe zwar, aber die Indizien scheinen stark.
Auch Vorfälle wie jene im Berliner Canisius-Kolleg, die die
Missbrauchsdebatte in Deutschland vor über fünf Jahren zum Laufen brachten,
sowie die bitteren Wahrheiten an den Jesuiten-Kollegs in Bonn, Hamburg und
im Kloster Ettal sollte es dann nicht mehr geben. Papst Franziskus scheint
es offensichtlich ernst zu meinen mit seinem Kampf gegen eines der
dunkelsten Kapitel in der Geschichte der katholischen Kirche.
Demnächst werden 17 Geistliche aus aller Welt in einer neuen Abteilung des
Vatikan darüber wachen, wie mit Missbrauchsfällen in katholischen
Einrichtungen umgegangen wird. Dieses „Gericht“ soll sogar gegen Bischöfe
vorgehen dürfen, die sich nicht intensiv um die Aufarbeitung von Taten
kümmern. Einem Verdachtsmoment muss demzufolge jetzt in jedem Fall
nachgegangen werden – sei er noch so fragwürdig. Bischöfe, die das nicht
machen, können belangt werden.
Damit setzt Papst Franziskus endlich um, was Opfer schon lange fordern:
Handeln, nicht nur reden. Immer wieder beklagten Betroffene, dass weder der
Missbrauch an ihnen untersucht werde noch Maßnahmen ergriffen würden, um
weitere Taten zu verhindern. Das hat zu Frust, tiefer Enttäuschung und vor
allem zum Verlust am Glauben an die Menschlichkeit geführt. Damit soll nun
Schluss sein.
Endlich, möchte man meinen. Endlich passiert da was. Die katholische
Kirche, bei der das Ausmaß der Vorfälle besonders groß ist, hat sich lange
genug gewunden. Amtsträger wurden zwar nicht müde zu betonen, sexualisierte
und psychische Gewalt an Kindern sei verabscheuenswürdig und müsse geächtet
werden. Geschehen indes ist wenig. Stattdessen boykottierte die deutsche
Bischofskonferenz einen Forschungsauftrag des Kriminologischen Instituts
Hannover, das mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen
Kirche beauftragt war.
## Drastische Maßnahmen
Die Bischöfe kündigten die Zusammenarbeit mit der Begründung, das
Vertrauensverhältnis zwischen Bischofskonferenz und Institut sei gestört.
Das Institut wiederum beklagte, die Bischöfe wollten die
Untersuchungsergebnisse zensieren.
Damit verliert die katholische Kirche nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sie
verliert vor allem Mitglieder, die sich enttäuscht und entsetzt abwenden.
Selbst die UNO hat der katholischen Kirche vorgeworfen, Missbrauchsvorfälle
eher zu verschleiern, statt sie transparent aufzuarbeiten. Ihr Ruf sei der
Kirche offenbar wichtiger als das Wohl der Kinder, so die UNO.
Das alles will der Papst nicht mehr zulassen. Zumindest will er seine
Kirche nicht länger solcher Kritik ausgesetzt sehen. Doch es ist vollkommen
egal, was ihn dazu bewogen hat, jetzt solch drastische Maßnahmen zu
ergreifen – ernsthafte soziale Verantwortung oder offensive
Öffentlichkeitsarbeit – es richtig, was er tut.
Und nebenbei zeigt er sogar noch Gender-Bewusstsein: Acht der 17 Mitglieder
im neuen Ressort sind Frauen.
11 Jun 2015
## AUTOREN
Simone Schmollack
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