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# taz.de -- Grundrechtereport vorgestellt: Alles andere als sicher
> Die Vorratsdatenspeicherung bleibt gefährlich. Das betonte die
> Informatikerin Constanze Kurz bei der Präsentation des
> Grundrechtereports.
Bild: Constanze Kurz und der Grundrechtereport. Nur: wer ist wer?
KARLSRUHE taz | „Die Datensicherheit bei der Vorratsdatenspeicherung ist
wie ein Schweizer Käse“, kritisiert Constanze Kurz, die Sprecherin des
Chaos Computer Club (CCC). Sie sprach am Freitag in Karlsruhe bei der
Vorstellung des Grundrechtereports. Das Taschenbuch wird jährlich von
mehreren Bürgerrechtsorganisationen veröffentlicht und gilt als
alternativer Verfassungsschutzbericht.
Kurz erinnerte daran, das bei der geplanten Vorratsdatenspeicherung
gewaltige Datenmengen entstehen. So müssen Telefon- und Internetfirmen die
Verkehrsdaten aller Kunden anlasslos zehn Wochen speichern. Diese Daten
müssten sicher vor Missbrauch geschützt werden. Weil dies zunächst nicht
gewährleistet war, kassierte das Bundesverfassungsgericht 2010 das damalige
deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.
Der neue Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) sieht nun
mehrere Sicherungen vor. So sollen die zwangsweise aufbewahrten Daten nur
„im Inland“ gespeichert werden. Im Unternehmen dürfen jeweils nur zwei
Personen gemeinsam auf die Daten zugreifen. Außerden seien „besonders
sichere Verschlüsselungsverfahren“ einzusetzen. Wenn die Daten nicht sicher
aufbewahrt werden, droht den Unternehmen eine Geldbuße von bis zu 500.000
Euro.
Constanze Kurz geht davon aus, dass damit zwar die Karlsruher Vorgaben von
2010 erfüllt sind. Diese stammten aber noch aus der Vor-Snowden-Ära. Damals
dachte man angesichts mehrerer Skandale bei Telekom-Unternehemn vor allem
daran, dass Innentäter Daten verkaufen oder Kriminelle von außen auf die
Vorratsdaten zugreifen könnten. „Vor fünf Jahren hat niemand geahnt, wie
offensiv Geheimdienste alle informationstechnischen Systeme angreifen“,
betonte Kurz. Dem werde auch der Entwurf des Justizministers nicht gerecht.
## GCHQ genauso gefährlich
NSA und Partner griffen nicht nur flächendeckend auf alle verfügbaren
Datenpoole zu. Sie beeinträchtigten auch allgemein die Datensicherheit,
indem zum Beispiel Verschlüsselungstechniken manipuliert und dabei
geschwächt werden. Außerdem steckten die Dienste Milliarden in den Kauf von
Informationen über Sicherheitslücken von gängiger Software und heizten so
diesen Markt der Unsicherheit erst an.
„Wie schwer Datensicherheit zu gewährleisten ist, sieht man derzeit beim
Deutschen Bundestag“, gab Kurz zu bedenken. Bislang unbekanngte Hacker,
vermutlich von fremden Geheimdiensten, haben die Computersysteme des
Parlaments angegriffen, ausgeforscht und möglicherweise irreparabel
beschädigt. „Wenn schon der Bundestag nicht in der Lage ist, sein kleines
überschaubare System zu sichern, wird man dies von großen Telekomkonzernen
erst Recht nicht erwarten können.“
Kurz' Schlussfolgerung: „Auch aus Gründen der Datensicherheit kann eine
Vorratsdatenspeicherung nicht verantwortet werden.“ Ihr Wort hat Gewicht.
2010 bat das Bundesverfassungsgericht den CCC um ein technisches Gutachten,
auf das sich dann auch das negative Karlsruher Urteil stützte.
Die Berliner Informatikerin warnte auch davor, nur auf die NSA zu schauen.
Der englische Geheimdienst GCHQ sei genauso gefährlich. An der englischen
Küste überwache er zum Beispiel von Deutschland kommende Unterseekabel.
Möglicherweise habe er sogar Zugriff auf Daten, die englische Unternehmen
wie Vodafone in Deutschland speichern.
22 May 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Constanze Kurz
Grundrechtereport
NSA
GCHQ
Schwerpunkt Überwachung
Grundrechtereport
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SPD-Basis
Vorratsdatenspeicherung
Bundesverfassungsgericht
Edward Snowden
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