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# taz.de -- Demonstration gegen Überwachung: Video zeigt Polizei-Attacke
> Zehntausende Menschen protestieren in Berlin weitgehend friedlich gegen
> Überwachungsmaßnahmen. Das Video eines Bloggers zeigt allerdings eine
> brutale Polizeiattacke.
Bild: Das Orange der Piraten war eine der dominierenden Farben in Berlin
Zehntausende Menschen haben am Sonnabend in Berlin gegen staatliche und
privatwirtschaftliche Überwachungsmaßnahmen protestiert. Die Demonstration
unter dem Motto "Freiheit statt Angst" sei "ein voller Erfolg" gewesen,
sagte ein Sprecher der Veranstalter am Abend. Der Protest habe deutlich
gemacht, dass das Thema Datenschutz in der Mitte der Gesellschaft
angekommen sei.
Die Demonstration wurde von einem Bündnis aus 167 Organisationen
unterstützt, darunter Bürgerrechtsgruppen wie dem Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung, der Liga für Menschenrechte und dem Chaos Computer
Club, Gewerkschaften, Parteien und Schülergruppen. Bekannte
Oppositionspolitiker wie die Grünenvorsitzende Claudia Roth waren ebenfalls
auf der Veranstaltung dabei. Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer
Club, freute sich, dass "massig Parteiprominez aus der Opposition da war."
Und weiter: "Es ist gut, dass wir den Parteien das Thema in diesem lahmen
Wahlkampf noch einmal in Erinnerung gerufen haben."
Die Demonstration war Teil eines internationalen Aktionstages, zu dem
Proteste unter anderem in Schweden, Tschechien und Großbritannien gehörten.
Die Demonstranten zogen vom Potsdamer Platz aus vorbei am Holocaust-Mahnmal
weiter über die Straße "Unter den Linden" und dann wieder zurück zum
Potsdamer Platz. Sie riefen unter anderem "Wir sind hier und wir sind laut,
weil Ihr uns die Freiheit klaut", "Freiheit statt Angst" oder "Einmal in
der EDV kennt Deine Daten jede Sau."
Auf den Transparenten spielten die Protestler mit gängigen Klischees ("Ihr
werdet Euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen"), machten kurz und
prägnant ihrer Forderung nach einer Begrenzung potenziell gefährlicher
Technologien Luft ("Stopp RFID") oder stellten gängige Begründungen für
Überwachungsmaßnahmen in Frage ("Freiheit stirbt mit zu viel Sicherheit").
Auf der Abschlusskundgebung am Potsdamer Platz sprach unter anderem
Franziska Heine, die im Frühjahr dieses Jahres eine Onlinepetition gegen
ein Gesetz zur Sperrung von Internetseiten initiierte. Sie sagte: "Eine
Politik die uns, die Bürger dieses Landes, in erster Linie als potenzielle
Terroristen, Kinderschänder oder Amokläufer sieht, zerstört die Grundlagen
unserer Demokratie".
Die Dienstleistungsgesellschaft ver.di hatte ihren Chef Frank Bsirske nach
Berlin geschickt. Er sagte, in Staat und Wirtschaft sei der "Kontrollwahn"
ausgebrochen. In vielen Vorstandsetagen fehle jegliches
Unrechtsbewusstsein. Bsirske nannte namentlich die Unternehmen Lidl,
Schlecker, Deutsche Telekom und Deutsche Bahn als schlechte Beispiele.
Nachhilfe in Sachen Datenschutz brauche aber offensichtlich auch der Staat,
der eigentlich die Standards vorgeben müsste, sagte der ver.di-Vorsitzende
Bsirske weiter.
Auch der Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert,
griff das Gesetz über die Internetsperren an. Dieses helfe nicht gegen
Kinderpronografie. Statt dessen müssten Ordnungsbehörden und Strafverfolger
professionell gegen Wirtschaftskriminelle, Kinderpornografen und
Gewalttätige, die das Netz für ihre asozialen Ziele missbrauchen,
eingesetzt werden, sagte Weichert. "Für die Bevölkerung benötigen wir
Informations- und Meinungsfreiheit, nicht Totalkontrolle", forderte der
Datenschützer.
Die Demonstration verlief weitgehend friedlich. "Für eine solch große
Veranstaltung war es sehr, sehr ruhig", sagte ein Sprecher der Berliner
Polizei während der Abschlusskundgebung am Potsdamer Platz. Die Zahl der
Festgenommenen bewege sich zwischen acht und zehn, man wisse nicht genau
"ob wir wirklich zweistellig geworden sind." Es habe mehrere Verstöße gegen
das Vermummungsgebot gegeben, sagte der Sprecher weiter, zudem habe jemand
ein Messer dabei gehabt.
Am Rande der Abschlusskundgebung war es zu kleineren Rangeleien zwischen
Polizisten und einigen Demonstranten gekommen, diese beruhigten sich
meistens jedoch schnell wieder. Allerdings hat der [1][Blogger Fefe ein
Video online gestellt], in dem zu sehen ist, [2][wie Polizisten anscheinend
grundlos einen Radfahrer und minidestens noch einen anderen Passanten
attackieren.] In der Nacht zum Sonntag war die Polizeipressestelle für ein
Statement allerdings nicht mehr zu erreichen.
In einer Pressemitteilung des Antifaschistischen Blocks werden ebenfalls
Gewalt-Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Während der Demonstration habe
sich die Berliner Polizei weitgehend im Hintergrund gehalten, heißt es in
dem Schreiben. Auf der Abschlusskundgebung am Potsdamer Platz seien Beamte
jedoch grundlos "massiv gegen Teilnehmer des Antikapitalistischen Blocks,
aber auch Teilnehmer anderer Blöcke" vorgegangen. Sowohl Schlagstöcke als
auch Pfefferspray seien eingesetzt worden, die Polizisten sollen dabei
mehrere Personen verletzt haben. Diese lägen nun im Krankenhaus. "Die
genaue Zahl der Verletzten ist bisher noch unklar", schreibt ein Sprecher
der Antifaschistischen Linken in der Mitteilung. "Mehrere Demonstranten
wurden bis 20 Uhr teilweise brutal festgenommen. Auch hierzu liegt noch
keine genaue Zahl vor."
Über die Zahl der Demonstranten gibt es unterschiedliche Angaben. Die
Polizei zählte am Anfang 10.000 Teilnehmer, wollte die Zahl am Ende der
Veranstaltung jedoch nicht mehr kommentieren. "Mehrere Tausend waren es
jedenfalls", sagte ein Sprecher. Die taz-Redakteure zählten gegen 17 Uhr
zwischen 13.000 und 15.000 Menschen, die Veranstalter sprachen am Schluss
von 25.000 Teilnehmern. Die Hunderttausend, die sich [3][manch ein
Bürgerrechtler gewünscht hatte], sind es allerdings nicht geworden.
Eine Woche nach der Antiatomdemonstration in Berlin abermals so viele
Menschen zu mobilisieren, sei trotzdem ein großer Erfolg, sagte Rena
Tangens vom Presseteam des Veranstalter-Bündnisses nach der Demonstration.
"Das zeigt uns, dass die Menschen keinesfalls politikverdrossen sind - sie
haben nur kein Vertrauen in die herrschende Politik."
12 Sep 2009
## LINKS
[1] http://blog.fefe.de/?ts=b452c21a
[2] http://media.ccc.de/ftp/events/freiheit_statt_angst_demo_Sep2009/20090912-p…
[3] http://netzpolitik.org/2009/wieviele-sind-wir/
## AUTOREN
Daniel Schulz
## TAGS
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