# taz.de -- Polizeigewerkschafter über Castor-Transport: "Wir sind am Ende" | |
> 20, 30 oder mehr Stunden ununterbrochen im Einsatz, das darf nicht sein, | |
> meint der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Konrad Freiberg. Er warnt, | |
> die Polizei dürfe nicht kaputtgespart werden. | |
Bild: Polizisten machen sich vom Acker. "Man kann nicht 30 Stunden bei Wind und… | |
taz: Herr Freiberg, wie ist Ihre bisherige Bilanz des Castortransports? | |
Konrad Freiberg: Wir sind froh, dass insbesondere die Blockade der Gleise | |
weitgehend gewaltfrei über die Bühne gegangen ist. Alle Verantwortlichen | |
vor Ort haben gut mit der Polizei zusammengearbeitet und waren bestrebt, | |
Gewalt zu verhindern. Bedauerlicherweise gab es aber auch Gewaltanwendung | |
von jungen Demonstranten - gegen Polizisten, beim sogenannten Schottern | |
oder durch das Anzünden eines Polizeifahrzeugs. | |
Und Ihre Bilanz als Gewerkschafter? | |
Wir haben Kollegen - und das sind keine Einzelfälle, sondern ganze | |
Hundertschaften -, die 20, 30 oder mehr Stunden ununterbrochen im Einsatz | |
waren. Und das darf natürlich nicht sein. | |
Wie konnte das passieren? | |
Die deutsche Polizei, insbesondere die Bereitschaftspolizei, ist personell | |
am Ende. Das sieht man daran, dass man versucht hat, aus ganz Deutschland | |
Beamte nachzuholen, was aber erst nach dem Wochenende geklappt hat. Und | |
dann war es manchmal schwierig, die Beamten an die Einsatzorte zu bringen, | |
weil die Wege blockiert waren. Deshalb meine Mahnung: Man kann die Polizei | |
nicht derart kaputtsparen. Sonst kann man solche Einsätze künftig nicht | |
mehr durchführen. | |
Besonders schwierig für die Beamten soll die Situation in der Nacht zum | |
Montag gewesen sein. | |
Da gab es große Schwierigkeiten, vor allem mit der Verpflegung. Durch die | |
Blockaden kamen viele Caterer nicht durch. | |
Gab es keine Suppe, oder kam sie nicht durch? | |
Es gab schon welche, die kam aber gar nicht oder erst sehr spät durch. Da | |
gab es immense Klagen der Kollegen. Zu Recht. Man kann nicht 30 Stunden bei | |
Wind und Wetter am Gleis stehen, hat noch die Auseinandersetzung, aber | |
keine Verpflegung. Jetzt muss geklärt werden, wer dafür die Verantwortung | |
trägt. | |
Was war das für eine Suppe? | |
Das weiß ich nicht. | |
War dieser Einsatz vermeidbar? | |
Wenn man einen unter schwierigsten Bedingungen erzielten Konsens | |
aufkündigt, muss man wissen, was man dadurch hervorruft - nämlich | |
gesellschaftliche Konflikte und Gewalt. Darum haben wir es kritisiert, den | |
Atomkonsens aufzugeben. Als Polizei fühlen wir uns zwischen der Politik und | |
den Bürgern. Aber man kann mit der Polizei keine gesellschaftlichen | |
Konflikte lösen. Die Politik muss sich um Konsenslösungen bemühen. | |
Was müsste jetzt passieren? | |
Ich würde mich freuen, wenn die Bundesregierung die Laufzeitverlängerung | |
zurücknehmen würde. INTERVIEW: DENIZ YÜCEL | |
9 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Deniz Yücel | |
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