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# taz.de -- Zwischenlagerfrage und Castor-Kosten: Niedersachsen muckt auf
> 25 Millionen wird der Rekord-Castor-Transport wohl kosten. Niedersachsens
> Politiker wollen das nicht allein bezahlen. Und sie plädieren für
> Zwischenlager auch in Süddeutschland
Bild: Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (links) und Innenminis…
BERLIN/HANNOVER dapd/afp/dpa/taz | Im Ringen um eine finanzielle
Beteiligung des Bundes an der Absicherung von Atomtransporten setzt
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) weiter auf Hilfe aus
anderen Bundesländern. Weil die Entsorgung der Nuklearabfälle eine Frage
von "nationaler Tragweite" sei, solle man bei der Innenministerkonferenz
kommende Woche in Hamburg "einen Beschluss herbeiführen, dass das für alle
eine Sonderlast ist", so Schünemann am Mittwoch im Landtag in Hannover.
Artikel 106 des Grundgesetzes sehe Ausgleichsleistungen für durch den Bund
veranlasste Sonderbelastungen einzelner Länder vor, so Schünemann,
ebenfalls am Mittwoch im Landtag. Die Atommüllentsorgung sei eine
gesamtstaatliche Aufgabe, die Niedersachsen mit dem Schutz der
Atomtransporte erfülle. Nun müsse der Bund, "seiner verfassungsrechtlich
vorgeschriebenen Verpflichtung zum Sonderlastenausgleich nachkommen",
verlangte der Innenminister. Die Auslegung des Grundgesetzartikels 106 sei
zwischen Niedersachsen und dem Bund strittig.
Bei dem jüngsten Castor-Transport, der am Dienstag nach 92 Stunden im
Zwischenlager Gorleben eintraf, waren rund 20.000 Polizisten im Einsatz.
Davon kamen 5100 aus Niedersachsen, etwa 6750 aus anderen Bundesländern.
8150 waren Beamte der Bundespolizei, die vom Bund bezahlt werden.
Niedersachsen muss aber die Kosten für Unterkunft und Verpflegung aller
auswärtigen Einsatzkräfte auf seinem Gebiet tragen. Die Rede ist von Kosten
von rund 25 Millionen Euro. Bei vergangenen Transporten habe sich die
zusätzliche Belastung zwischen 21 und 25 Millionen Euro bewegt. "In diesem
Jahr dürfte der Betrag noch höher ausfallen", sagte Schünemann. Bei
früheren Castor-Transporten habe der Bund keinen Ausgleich geleistet.
Schünemann verwies außerdem auf "erhebliche Mehreinnahmen", die die
Akw-Laufzeitverlängerung dem Bund beschere. "Es kann nicht sein, dass der
Bund dann die für die Sicherheit verantwortlichen Länder im Regen stehen
lässt". Schünemann wies darauf hin, für sein Anliegen einer Teilung der
Kosten für den Castor-Transport die Unterstützung des bayrischen
Innenministers Joachim Herrmann (CSU) und des Berliner Innensenators
Ehrhart Körting (SPD) zu haben.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sprach sich hingegen gegen eine
stärkere Belastung des Bundes aus. Der Bund leiste Amtshilfe, indem er
Personal der Bundespolizei stelle, sagte er am Mittwoch im Morgenmagazin
der ARD. Niedersachsen, auf dessen Gebiet Gorleben liegt und das deshalb
einen Großteil der Kosten tragen muss, will einen finanziellen Ausgleich
erreichen.
Am Dienstag war der jüngste Castor-Transport aus Frankreich in Gorleben
eingetroffen. Aufgrund von Sitzblockaden auf Schienen und Straßen war er
mit einer Dauer von insgesamt fast vier Tagen der bislang langwierigste.
Auch die Zahl der Demonstranten in der Region um das Lager erreichte
Höchststände. Der Castor-Transport hat auch den Streit um die Endlagerung
von Atommüll angefacht.
Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sprach sich am
Mittwoch dafür aus, eine Lagerung auch in Süddeutschland zu prüfen. Er
halte es für sinnvoll, alternative Zwischenlager für hochradioaktive
Atomabfälle anstelle von Gorleben zu prüfen, sagte Sander der Frankfurter
Rundschau. Er bezog sich dabei auf einen Vorschlag der
Umweltschutzorganisation Greenpeace. Diese hatte gefordert, den Atommüll
aus der Wiederaufarbeitung deutscher Reaktor-Brennelemente in Frankreich
und Großbritannien nicht mehr quer durchs Land ins niedersächsische
Gorleben zu schicken, sondern in Grenznähe an süddeutschen Atomkraftwerken
wie Philippsburg oder Biblis zwischenzulagern.
Das sei eine "Möglichkeit, die man durchaus prüfen sollte". Eine dauerhafte
Lösung für das Atommüll-Problem wäre dies aber nicht, schränkte er ein. Es
müsse möglichst schnell geklärt werden, ob der Gorleben-Salzstock direkt
neben dem dortigen Zwischenlager für ein Endlager geeignet sei. Bei
Nichteignung müsse eine neue Suche beginnen - und zwar in allen
Bundesländern mit geologisch geeigneten Standorten, so Sander in der FR
weiter. Dazu zählten auch Bayern und Baden-Württemberg.
10 Nov 2010
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