# taz.de -- Kommentar Castor-Proteste: Die Chaoten sitzen in Berlin | |
> Die Castor-Gegner haben die Öffentlichkeit überzeugt, ihre Gegner | |
> hingegen haben sich blamiert. Die Glaubwürdigkeit von Umweltminister | |
> Röttgen ist in Frage gestellt. | |
Mit ihrem Protest gegen den Castor-Transport nach Gorleben haben die | |
Atomkraftgegner einen klaren Punktsieg gegen die Regierung erzielt. Die | |
massenhafte Beteiligung an der Demonstration und den Blockaden zeigt, dass | |
die schnell durchgedrückte Entscheidung über die Laufzeitverlängerung nicht | |
zu Resignation, sondern zu verstärktem Engagement geführt hat. Mit | |
beeindruckenden Szenen von entschlossenem, friedlichem Protest unter | |
widrigen Bedingungen konnten die Atomkraftgegner überdies den Kampf der | |
Bilder für sich entscheiden. Deutlich wurde, dass hier Menschen aus allen | |
Schichten unter großem persönlichem Einsatz gegen eine unverantwortliche | |
Politik auf die Straße gingen. Der Versuch, sie als gewalttätige Chaoten zu | |
denunzieren, ist gescheitert. | |
Die Castor-Gegner konnten die Öffentlichkeit aber auch deshalb überzeugen, | |
weil sich ihre Gegner so blamiert haben. Umweltminister Norbert Röttgen | |
redet zwar gerne von Transparenz und Dialog - doch bei der Erkundung von | |
Gorleben blieb die Öffentlichkeit außen vor, und im Wendland ließ sich der | |
Minister noch kein einziges Mal blicken. Auch den Widerspruch, ein | |
"ergebnisoffenes Verfahren" zu versprechen, aber nur einen einzigen | |
Standort zu untersuchen, vermag er nicht aufzulösen. | |
Besonders eklatant zeigt sich die Diskrepanz zwischen Reden und Handeln bei | |
seinem Vorstoß, hochradioaktiven Atommüll aus Deutschland nach Russland zu | |
schicken. Von "sicherer Endlagerung" und "nationaler Verantwortung" für den | |
Atommüll zu reden und gleichzeitig alte Brennelemente in einen | |
skandalträchtigen Atomkomplex am Ural schicken zu wollen, nimmt Röttgen die | |
letzte Glaubwürdigkeit. | |
Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die Regierungskoalition ihre | |
umstrittene AKW-Laufzeitverlängerung aufgrund der Proteste im Wendland | |
zurücknimmt. Aber die Chancen sind gestiegen, dass sich ihre eigene | |
Laufzeit dadurch verkürzt hat. | |
10 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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